Cash. EXTRA Branchengipfel Sachwertanlagen: Neustart nach Vollbremsung

Einschließlich Preiserhöhungen (also nominal) legten die Aufträge innerhalb eines Jahres insgesamt sogar um 14,9 Prozent zu. Dabei lässt ein weiterer Punkt aufhorchen: Die geringe Differenz von 1,7 Prozentpunkten zum preisbereinigten Auftragseingang. Der sprunghafte Anstieg der Baupreise im Frühjahr und Sommer 2022 hat sich also offenbar nicht weiter fortgesetzt und lag zwischen September 2022 und 2023 sogar unter der allgemeinen Inflationsrate.

Die Schlagzeilen könnten somit auch lauten: „Preisrückgang bei Wohnimmobilien flacht ab“, „Zahl der Baugenehmigungen stabilisiert sich“, „Deutliche Belebung im Baugewerbe“ und „Entspannung bei Baupreisen“.

Hinzu kommt eine weitere Meldung, die aus Investorensicht nicht unbedingt negativ sein muss: Der Zentralverband des Deutschen Baugewerbes warnte Ende November vor einer Insolvenzwelle und dem Verlust von rund 100.000 Arbeitsplätzen im nächsten Jahr, „wenn der Einbruch im Wohnungsbau so weiter geht“. Für die Betroffenen ist das natürlich höchst unangenehm, für neue Bauvorhaben heißt das aber auch: Der vielfach beklagte eklatante Fachkräftemangel dürfte sich deutlich entspannen, der Spielraum für Preisverhandlungen erhöht sich und wegen der schwachen Auslastung der Bauunternehmen kann der Bau dann schneller beginnen und tendenziell auch termingerechter durchgeführt werden, zumal auch von chronischem Materialmangel und Lieferengpässen aktuell nicht mehr viel zu hören ist.

Keinesfalls sieht alles rosig aus, aber…

Nun soll hier keineswegs der Eindruck erweckt werden, am Immobilienmarkt sehe alles rosig aus. Das ist mit Sicherheit nicht der Fall. Vor allem werden weiterhin viel zu wenige neue Wohnungen gebaut, die Wertberichtigungen in den Beständen werden schmerzhaft und weitere Insolvenzen – siehe aktuell auch die Turbulenzen bei Signa – werden wohl zunächst die Schlagzeilen beherrschen. Und doch scheint die Lage deutlich besser zu sein als die Stimmung und die Rahmenbedingungen für neue Investitionen haben sich sowohl bei Bestandsobjekten als auch im Neubau spürbar verbessert.

Branchengipfel-Diskussionsrunde im Side Hotel in Hamburg. Links die Moderatoren Kim Brodtmann (vorne) und Stefan Löwer, beide Cash.

Für die Branche der Erneuerbaren Energien gilt das ohnehin. Nicht nur in Deutschland wird nach dem Energiepreis-Schock des Jahres 2022, den alarmierenden Klimadaten und der nicht mehr zu leugnenden Häufung von Extremwetterereignissen massiv in diesem Bereich investiert, auch mit staatlicher Unterstützung und flankierenden gesetzlichen Maßnahmen. Dabei geht es längst nicht mehr nur um die Reduktion von CO2-Emissionen, sondern auch um eine günstige und vom Ausland möglichst unabhängige Energieversorgung.

Starker Zubau bei Solaranlagen

Auch in dieser Branche sind als Reaktion auf die Zinserhöhungen die Preise für Projekte den Investoren bereits spürbar entgegengekommen, jedenfalls bei Solaranlagen, wie Ökorenta-Geschäftsführer Jörg Busboom auf dem Branchengipfel berichtet. In diesem Segment wird bereits sehr viel gebaut und das „Zubauziel“ der Bundesregierung 2023 deutlich übertroffen. Bei Windenergieprojekten löst sich der Genehmigungsstau hingegen nur zögerlich auf. Zuletzt sind aber auch in diesem Segment mehr Anlagen genehmigt worden und weitere stecken in der Pipeline, so dass dann auch dort mehr gebaut wird und entsprechend großer Kapitalbedarf besteht. Auch diese Projektentwickler werden vielfach nicht umhinkommen, ihre Preisvorstellungen den neuen Gegebenheiten noch anzupassen.

Dabei spielt in Deutschland die Mindestvergütung nach dem Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) inzwischen eine untergeordnete Rolle und dient nur noch als „Sicherungsnetz“, falls die Marktpreise für Strom wider Erwarten doch unter das EEG-Niveau zurückfallen sollten. Sie sind zwar nach der Preisexplosion im Jahr 2022 wieder moderater, aber noch immer vergleichsweise hoch.

Im Vordergrund steht bei den Solar- und Windparkbetreibern somit die Direktvermarktung des produzierten Stroms zu Marktkonditionen über langfristige Lieferverträge mit Stromversorgern und Unternehmen oder über die Strombörse. In den USA, wo der Solar-Spezialist Hep seit einiger Zeit einen Schwerpunkt hat, sind solche Power Purchase Agreements (PPA) schon lange üblich. Hier wird der Zubau zudem im Rahmen des Inflation Reduction Act von Präsident Joe Biden und durch Steuervorteile forciert.

Private Equity im Mittelstand stabil

Ebenfalls von stabilen Verhältnissen in seiner Branche – Private Equity – berichtet RWB-Geschäftsführer Nico Auel, zumindest in dem von RWB favorisierten „Lower-Mid-Market“, also kleineren oder mittelgroßen, eher mittelständischen Unternehmen. Diese Engagements und die Zielunternehmen selbst sind weniger abhängig von Finanzierungskonditionen als die großen Buy-Out-Transaktionen, die häufig hoch fremdfinanziert sind. Der Erfolg hängt vielmehr von der Entwicklung der Zielmärkte, der Positionierung des betreffenden Unternehmens dort, seiner Innovationskraft und weiteren unternehmerischen Faktoren ab. Dabei ist das allgemeine wirtschaftliche Umfeld außerhalb Deutschlands vielfach besser als hierzulande.

So ist, jedenfalls bei den auf dem Branchengipfel vertretenen Unternehmen, trotz der durchweg als herausfordernd beschriebenen Rahmenbedingungen auch Optimismus zu spüren. Die Sachwertbranche insgesamt hat indes in den vergangenen 1,5 Jahren zunächst eine Vollbremsung hingelegt.
So waren nach der jüngsten Cash.-Marktübersicht Stand Mitte September 2023 so wenige Sachwertanlagen in der Platzierung wie noch nie um diese Jahreszeit: Lediglich 25 alternative Investmentfonds (AIFs) von 19 Anbietern befanden sich im Vertrieb (siehe Cash. 11/2023).

Angebot an Sachwertanlagen zusammengeschrumpelt

Gegenüber der schon schwachen Zahl von 44 Emissionen, die um diese Zeit des Vorjahres in der Platzierung waren, ist die Anzahl nochmals um 43 Prozent, also fast um die Hälfte, zusammengeschrumpelt.

Der Rückgang kam nicht überraschend. Denn seit etwa Mitte 2022 sind kaum neue Fonds auf den Markt gekommen, und das Angebot dünnt nach und nach aus. Nur elf neue Publikums-AIFs und keine einzige prospektpflichtige Vermögensanlage mit überregionaler Bedeutung haben seit Jahresbeginn bis Mitte September 2023 das Licht der Welt erblickt.

Bei den Vermögensanlagen waren dabei weniger die allgemeinen Rahmenbedingungen und die generelle Verunsicherung Ausschlag gebend, sondern Regulierung: Das Blindpoolverbot in diesem Segment seit August 2021 beziehungsweise die zunehmend restriktive Praxis der Finanzaufsicht BaFin bei diesem Thema. So fehlt das Segment in diesem Jahr komplett, im Herbst 2022 hatten immerhin noch drei Emissionen auf Basis des Vermögensanlagengesetzes in der Cash.-Marktübersicht gestanden. Ob solche Angebote im überregionalen Vertrieb jemals wieder Bedeutung erlangen werden, steht zunehmend in Frage. Zuletzt sind jedenfalls alle Versuche, eine Billigung der BaFin dafür zu erhalten, gescheitert.

Immobilienfonds dominieren

Die Behörde ist auch für einen weiteren Teil der Schrumpfkur Ausschlag gebend, der nicht unmittelbar mit der allgemeinen Marktentwicklung zu tun hat: Mitte August 2023 entzog die BaFin der Adrealis die Erlaubnis als Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG). Das Unternehmen war in der Marktübersicht 2022 noch als Service-KVG von nicht weniger als sechs Fonds vertreten gewesen, die nun fehlen. Doch auch ohne diese regulatorisch bedingten Ausfälle ist der Marktrückgang mit fast 30 Prozent beachtlich.

Bei den Branchen dominierten in der September-Marktübersicht 16 Immobilienfonds. Zwölf davon investieren in Deutschland, vier im Ausland beziehungsweise international. Daneben waren vier Private-Equity und drei Erneuerbare-Energien-Fonds sowie zwei Multi-Asset-Konzepte in der Platzierung. Das war’s.

Seitdem sind bis Ende November vier weitere Publikums-AIFs an den Start gegangen, durchweg Immobilienfonds – eine leichte Belebung immerhin. Dennoch wird in 2023 wahrscheinlich die insgesamt geringste Anzahl an Neuemissionen seit der Regulierung des Marktes im Jahr 2013 zu verzeichnen sein.

Zusätzlicher Bremsklotz Project-Insolvenz

Wie sich das Platzierungsvolumen der Branche in diesem Jahr entwickelt hat, wird sich Anfang 2024 bei der jährlichen Cash.-Markterhebung herausstellen. Besonders rosig sieht es diesbezüglich aber ebenfalls nicht aus. So ist auf dem Branchengipfel zwar von einem durchaus lebhaften Vertrieb im ersten Halbjahr zu hören, der jedoch nach der Sommerpause spürbar abgeknickt ist.

Neben den vielen internationalen Krisen, der generell schwächelnden Wirtschaftslage und der allgemein schlechten Stimmung in Deutschland gibt es dafür wahrscheinlich eine weitere Ursache: Die Insolvenz von Project Immobilien im August. Davon ist zwar keiner der Branchengipfel-Teilnehmer unmittelbar tangiert, aber nicht wenige Vertriebspartner wird die Pleite ins Mark getroffen haben und lähmen beziehungsweise Vorbehalte der Kunden auch gegen andere AIFs auslösen.

Nun waren die auf dem Branchengipfel vertretenen Unternehmen auch im ablaufenden Jahr durchweg mit Produkten und Projekten am Markt aktiv und erfolgreich. Doch insgesamt steht die Branche 2024 sicherlich auch vor einem Neustart, auch wenn es vielleicht noch etwas dauern kann, bis sie wieder richtig Fahrt aufnimmt.

Unerwartet breiter Raum für Thema ELTIFs

Dazu haben wiederum die Branchengipfel-Teilnehmer einiges beizutragen, wie ihre Ausführungen zu den Produktplanungen zeigen. Ein Thema nahm dabei unerwartet breiten Raum ein: ELTIFs, also European Long Term Investment Funds. Dieses europäische Vehikel wurde mit Wirkung ab Januar 2024 reformiert, so dass es als „Verpackung“ für eine breitere Palette von Sachwertanlagen dienen sowie einem größeren Kreis von Kunden und wohl auch Vertriebspartnern zur Verfügung stehen kann. Die meisten Unternehmen haben dazu – mehr oder weniger fortgeschrittene – Planungen.

Erstmals hat Cash. dabei auf dem diesjährigen Branchengipfel die Diskussion zum Themenkreis „Märkte und Produkte“ in zwei Gruppen geteilt, um sie stärker auf die einzelnen Branchen fokussieren zu können. Die alle Anbieter betreffenden Themen rund um den Vertrieb von Sachwertanlagen diskutierten sie hingegen gemeinsam in der großen Runde. Ausführliche Zusammenfassungen der somit drei Panels mit den wichtigsten Antworten und Statements der Teilnehmer lesen Sie in den weiteren Artikeln des Cash. EXTRA Branchengipfel Sachwertanlagen in Heft 1/2024, die in den nächsten Tagen auch online erscheinen. Sehen Sie sich zudem die Videos mit Interviews der einzelnen Teilnehmer an, die ebenfalls sukzessive hier veröffentlicht werden.


Das vollständige Cash. EXTRA zum 13. Branchengipfel Sachwertanlagen lesen Sie in der aktuellen Cash.-Ausgabe 1/2024.

Online finden Sie HIER alle Artikel des Cash. EXTRAs und Video-Interviews mit allen Teilnehmern.

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