Celine Nadolny: „Ein Spiegel-Bestseller-Sticker sagt nichts über die Qualität eines Buches“

Celine Nadolny
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EXKLUSIV Es ist lediglich ein Indiz über die Anzahl der verkauften Exemplare. Auch ein renommierter Verlag, ein namhafter Autor oder ein noch schwammiger formuliertes Attribut wie „Bestseller“ sind kein verlässliches Maß, wenn es um die Werthaltigkeit eines Buches geht. Gastbeitrag von Finanzbloggerin Celine Nadolny

Selbst das Urteil verschiedener Testimonials kann man in aller Regel außer Acht lassen. Viel zu häufig geben sich ganze Gruppen von Persönlichkeiten aus Gefälligkeit gegenseitig wohlwollende, gar euphorische Empfehlungen. Genauso unbrauchbar sind auch „Rezensionen“ von Personen, die ohnehin erst eine Handvoll Bücher gelesen oder in das entsprechende Buch nur kurz einen Blick geworfen haben.

So war ich immer überrascht, wenn ich eine besonders positive „Rezension“ eines Buches gelesen habe, dass ich vor allem inhaltlich – anhand von Fakten, nicht von Meinungen – einfach nur schlecht fand. Auf diese inhaltlichen Diskrepanzen angesprochen kam dann überraschenderweise allzu häufig raus, dass das Buch maximal bis zur Hälfte gelesen wurde, mitunter aber sogar nur die Einleitung und der Klappentext. Trotzdem wurde aber von diesen Personen dazu eine „Rezension“ veröffentlicht.

Auch zuletzt wurde ich wieder von etlichen Werken enttäuscht, die ich deutlich besser eingeschätzt hätte, von denen ich viel Gutes gelesen hatte und die einen guten ersten Eindruck erweckt haben.


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„Mega Threats“ von Nouriel Roubini

Ein typisches Crash-Propheten Buch mit viel Angst, wenig Substanz und leider immer noch einer viel zu großen Absatzmenge. Ich kann es einfach nicht nachvollziehen, weshalb solche Bücher immer noch zu den meistverkauften Finanzbüchern überhaupt zählen.

Wenn ich Ausdrücke wie „Letzte Chance für Wohlstand und Freiheit“ oder eben „10 Bedrohungen unserer Zukunft und wie wir sie überleben“ lese, dann denke ich mir bereits meinen Teil. Diese Form der Artikulation ist nicht meine. Das Leben ist ein stetiger Wandel und Herausforderungen gab es immer und wird es immer geben. Ob man diese nun Bedrohungen nennen, sie als letzte Chance titulieren und herleiten muss, wie wir sie überleben, empfinde ich als höchst fragwürdig.

Der Autor selbst schreibt, dass wir in Sachen Wirtschaftskrisen ein ausgesprochen kurzes Gedächtnis hätten. Er gibt aber selbst kein besonders gutes Beispiel ab, indem er sich in Bezug auf unsere Geschichte ebenso verhält. Das ist definitiv nicht mein Geschmack und auch nicht meine Art. Dennoch finde ich es spannend, solche Sichtweisen zu lesen, auch wenn ich sie weder für besonders gelungen noch für zielführend erachte.

Selbst im Buch wird nicht einmal davon geschrieben, dass es so kommen könnte, sondern es heißt direkt: „Roubini definiert zehn Bedrohungen, die in ihrer Wechselwirkung verheerende Folgen für die globale Wirtschaft haben werden.“ Es steht also außer Frage, dass diese verheerenden, beinahe apokalyptischen Folgen auf uns zukommen werden. So verkauft man heute Bücher, wird in Talkshows und ins Fernsehen eingeladen und führt ein erfolgreiches Analysten-Unternehmen.

„Börsenstars“ von Ulrich W. Hanke

Für mich das perfekte Abbild des Finanzjournalismus in Deutschland: Ein Buch, das weder kritisch hinterfragt noch empirisch belegt, aber stattdessen Guru-Gehabe unterstützt und sogar aktiv fördert. Dabei wäre eine wissenschaftlich fundierte und kritische Betrachtung der vorgestellten Ansätze mehr als angebracht. Zumal sich dieses Buch vor allem an Einsteiger richtet. Nur unter Umständen habe ich da mal wieder zu hohe Ansprüche an ein gelungenes Finanzbuch.

Dieses Buch ist unterm Strich nicht viel mehr als eine Kurzvorstellung der Investment-Ansätze namhafter Größen der Finanzbranche. Benjamin Graham, Warren Buffett, Michael O’Higgins und etc. Der Autor schildert jeweils auf wenigen Seiten grob, welche Überlegungen diese Persönlichkeiten am Kapitalmarkt treffen. Nach Abschluss jedes Kapitels gibt es auf einer Seite ein Factsheet. Die Leser sollen anschließend selbst entscheiden, welchem Guru sie folgen wollen, wessen Ansatz sie kopieren.

„Den Giganten über die Schulter schauen und dabei Anregungen für die eigene Strategie gewinnen – wer möchte das nicht?“ Genau in diesem Tenor ist das Buch verfasst und damit leider sehr leichte Lektüre. Die ausführlichen Bücher der oben genannten Akteure zu lesen ist vielleicht noch interessant. Dann kann man ihre Gedankengänge nachvollziehen und kritischer prüfen, ob es Sinn macht, sie zu kopieren. Mit diesem Werk ist das aber vorne und hinten nicht möglich.

Selbst bereits dutzendfach widerlegte Ansätze werden noch gebetsmühlenartig niedergeschrieben, als hätte sich die Welt nicht weitergedreht.

„Rich Dad’s Investment Guide“ von Robert T. Kiyosaki

Eine Fortsetzung seines weltbekannten Bestsellers „Rich Dad Poor Dad“. Sie baut auf den Konzepten auf, die er in seinem ersten Buch eingeführt hat. Man könnte es als typisches Money-Mindset-Buch bezeichnen, dem der literarisch-erzählerische Teil aus „Rich Dad Poor Dad“ vollständig fehlt. Das machte es für mich etwas schwieriger, hier eine gute Bewertung abzugeben. Denn wie so viele empfand auch ich „Rich Dad Poor Dad“ ab der Mitte des Buches als immer zäher.

Die Kapitel sind kurz und knapp gehandelt und werden in einer Art Dialogform vorgetragen. Es wirkt ab und an fast schon wie ein Q&A. Kiyosaki nimmt sich eine häufig gestellt Frage vor und erläutert diese kurz in Passagen von einer halben Seite bis zu drei Seiten. Literarisch ähnelt das Buch einem Gespräch mit einer vertrauten Person und viel weniger einem sorgfältig ausgearbeiteten Ratgeber mit klarem rotem Faden.

Ich würde nicht behaupten, dass die Themen willkürlich aufeinander folgen. Aber sonderlich stringent ist der Aufbau dennoch nicht. Auch das etwas breitere Layout mit gleichzeitig voll ausgenutzter Textfläche wirkt auf den ersten Blick anstrengend. Zusätzlich muss ich negativ hervorheben, dass es in diesem Buch keine (!) neuen Inhalte über die vorherigen Bücher hinaus gibt. Das Wissen wird eben aber auch nicht angenehmer, besser oder gar aus einem anderen Blickwinkel aufgearbeitet. Es wirkt vielmehr wie aufgewärmt.

„Das Monopol im 21. Jahrhundert“ von Hans-Jürgen Jakobs

Der Monopolismus droht mit einer Herrschaft über Rohstoffe, Kapital, Energie, Nahrungsmitteln und Daten, den Wettbewerb am Markt abzuschaffen. Der Autor spricht sogar davon, dass private Unternehmen und staatliche Konzerne damit unseren Wohlstand zerstören würden. In diesem Zusammenhang fallen selbstverständlich wieder die üblichen Namen.

Die Folgen typischer Monopole sollten allen wirtschaftlich interessierten Menschen in der Theorie bewusst sein: weniger Innovation, höhere Preise, aber vor allem wirtschaftliche und politische Abhängigkeit von Wenigen.

Der Autor ist allerdings Wirtschaftsjournalist und muss dementsprechend sprachlich noch eine Schippe drauflegen. Er sieht „unseren Wohlstand, ja sogar unsere Freiheit […] in Gefahr“. Nicht nur damit, sondern auch mit unzähligen weiteren nicht belegten Thesen im Buch übertreibt er es meiner Meinung nach. Er zeichnet ein Bild, das im Kern ein wichtiges Problem adressiert, aber typisch medial aufgebläht – dazu gehört für mich auch, dass er den eigentlich klar definierten Begriff des Monopols auf 40 Prozent Marktanteil eines Unternehmens oder 60 Prozent von drei Unternehmen aufweicht.

Mir persönlich ist das sprachlich zu viel. Der Autor hat in vielen Fällen sicherlich recht und beleuchtet ein Thema, dessen wir uns zweifelsohne annehmen sollten. Staaten werden teilweise von großen Konzernen korrumpiert, aber da stellt sich mir vielmehr die Frage, weshalb. Wirkliche Marktmacht ist es in einigen Fällen sicherlich nicht. Denn viele der „Monopole“, die der Autor aufzählt, bewegen sich nicht in lebensnotwendigen Bereichen, wie zum Beispiel Social-Media-Plattformen.

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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