Celine Nadolny: „Ein Spiegel-Bestseller-Sticker sagt nichts über die Qualität eines Buches“

„Wichtiger als Geld“ von Robert Kiyosaki

Inhaltlich ist das Buch zweifelsfrei stellenweise sehr lesenswert. Dennoch gibt es gleich mehrere Kritikpunkte, die ich platzieren muss: Zum einen stoße ich mich ein wenig an der übersteigerten Verehrung von Donald Trump in diesem Buch. Er und seine „Erfolg“ werden gleich an mehreren Stellen vom Autor hervorgehoben.

Trump wird als eine Art Erfolgsgarant der Immobilienbranche dargestellt, genauso wie eben als Lieblings-CEO von Robert Kiyosaki. Beides betrachte ich allerdings als zumindest schmeichelhaft.

Darüber hinaus muss ich auch an diesem Werk des Autors mal wieder die US-Lastigkeit seiner Inhalte „kritisieren“. Natürlich hat er das Buch nicht primär für den deutschen Markt geschrieben. Da ich an dieser Stelle allerdings die deutschsprachige Ausgabe rezensiere, muss ich mich selbstverständlich auf die Interessen deutschsprachiger Leser beziehen.

Die allermeisten Inhalte dieses Buches können aber maximal teilweise auf deutsche bzw. europäische Gegebenheiten übertragen werden. Das gilt insbesondere für die Kapitel über Steuern, insbesondere Unternehmenssteuern, aber auch die Passagen über die Immobilienbranche oder die Unternehmensgründung.

Viele der rechtlichen Aspekte, aber auch die markttechnischen Gegebenheiten sind so nicht auf Deutschland, Österreich oder die Schweiz anzuwenden. Sie werden aber vom Verlag nirgendwo in den Fußnoten entsprechend eingeordnet. Das wäre bei der Masse an Abweichungen zu den hiesigen Gefilden zwar eine Menge Arbeit gewesen. Aber meiner Meinung nach kann man das entweder vom Verlag erwarten oder muss es zumindest kritisch hervorheben. Denn die Leser bezahlen bekanntlich auch den vollen Preis.

Ähnliches gilt auch für den Abschnitt über Wertpapiere. Hier ist der US-amerikanische Markt bekanntlich mit einigen Besonderheiten versehen, deren Pendant bei uns fehlt. Leider muss ich darüber hinaus auch festhalten, dass die Schilderungen von Andy Tanner unterm Strich dem typischen Finanzhokuspokus entsprechen. Diesen kennt man aus vielen anderen Büchern vermeintlicher Experten und Gurus zur Genüge: Da gibt es wenig wissenschaftliches Fundament, viel übersteigerte Selbstüberschätzung und keine wirklich kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen Ansatz.

Wenige Erfolgsfälle werden hier zu Mustern zusammengefasst, auch wenn bei genauerer Betrachtung keinerlei Muster mehr zu erkennen sind. Aber die Menschen sind bekanntlich großartig darin, aus allen möglichen zufälligen Reihen im Kopf Muster zu bilden.

So ist es meiner Meinung nach am Ende ein gutes Buch. Allerdings kann man als deutschsprachiger Leser leider etwas mehr als ein Drittel nicht wirklich umsetzen.

„Die besten ETF-Strategien der Welt“ von Sinan Krieger

Ein kurzweiliges Finanzbuch für Einsteiger. Der Autor hat es sich zum Ziel gesetzt, einen Überblick über verschiedene bekannte ETF-Strategien zu bieten. Diesem Anspruch kommt er auf knapp 200 Seiten nach, bleibt für meinen Geschmack dabei aber deutlich zu unparteiisch und oberflächlich.

Mir persönlich war es am Ende doch zu wenig für eine sehr gute Bewertung. Dennoch ist es aus meiner Perspektive ein gutes und durchaus lesenswertes Finanzbuch. Insbesondere dann, wenn man bereits über etwas Hintergrundwissen verfügt und die kritischen Einordnungen beim Lesen selbst übernehmen kann.

Sinan Krieger nimmt die Leser in seinem Buch mit auf eine Reise quer durch die Welt der ETFs. Dabei zeigt er recht schnell, dass der Spieltrieb mancher Investoren auch vor ETFs kein Halt macht. Daraus können dann durchaus wissenschaftlich fundierte, aber auch emotional behaftete, gar obskure Ideen entstehen.

Der wissenschaftlich fundierte Ansatz des Passiven Investierens mit einem Fokus auf dem sinnvollen Portfolioaufbau ist dabei aber mitunter verloren gegangen. Er verwässert zusehends in allseits beliebten Core-Satellite-Strategien. Dabei kann der Satellit als Synonym für so ziemlich jede Stufe des aktiven Investierens stehen. Aber auch emotional getriebene Priorisierungen von verschiedenen Branchen, Nischen oder Ausschüttungen werden in den vorgestellten Strategien abgebildet.

Für mich ist es weniger sinnvoll, emotionalen Wesen emotionale Strategien an die Hand zu geben, um sie zufriedenzustellen. Denn inzwischen ist es einfach wissenschaftlich belegt, dass dies nicht unbedingt die beste Idee ist. Dazu muss man nur „Gierig. Verliebt. Panisch“ von Jessica Schwarzer oder „Die Kunst des klugen Denkens“ von Rolf Dobelli lesen.

Meiner Meinung nach wäre es deutlich sinnvoller, unablässig zu vermitteln, dass Emotionen an den Kapitalmärkten nichts zu suchen haben. Insbesondere, wenn es sich bei den Lesern um Einsteiger handelt. Weder Gier noch Angst oder Sympathie mit Unternehmen oder Marken erweisen sich in diesem Zusammenhang als zielführend. Erfahrene Investoren haben Wege gefunden, ihre Emotionen zumindest zu kanalisieren. Aber definitiv überlassen sie ihnen nicht die Oberhand, wenn es um Investitions-Entscheidungen geht.

Gerade im Hinblick auf Dividenden-Strategien tappt Sinan Krieger meiner Meinung nach in Henne-Ei-Problematiken. Er macht es sich mit seinen Backtest-Kauselketten schlichtweg zu einfach. Darüber hinaus lässt er in den weiteren Ausführungen steuerliches Hintergrundwissen vermissen.

„Ohne Aktien wird schwer“ von Noah Leidinger und Florian Adomeit

Den Stempel „wissenschaftlich fundiert“ kann man diesem Werk keinesfalls geben. Dabei wollen die Autoren offenkundig die weitverbreitete und empirisch gestützte Annahme, dass ETFs die beste Methode der Vermögensbildung sind, kritisch hinterfragen.

Dieses kritische Hinterfragen kommt allerdings nicht über die altbekannten, leicht zu entkräftenden Kritikpunkte hinaus. Überraschend unkonkret versucht das Autoren-Duo, über Emotionen, persönliche Erfahrungen und individuelle Beobachtungen ein Pseudo-Konstrukt der Empirie aufzubauen.

„Ob wir damit den Markt langfristig outperformen werden, wissen wir natürlich selbst nicht. Viele Studien sprechen gegen uns, viele Beispiele aus der Praxis eher für uns. Selbst wenn nicht, hat man mit dem langfristigen Investment in solide Firmen aber zumindest historisch gesehen sehr viel richtig gemacht. Und auf dem Weg enorm viel über Wirtschaft, Geschäftsmodelle und das Investieren gelernt. Das kann man dann zum Beispiel auch auf Investments in Start-ups übertragen – in die kann man Stand jetzt nämlich noch nicht per ETF investieren.“ Noah Leidinger & Florian Adomeit

Bei diesem Schluss fehlten mir offen gestanden kurz die Worte. Zunächst einmal erschreckt mich der zweite Satz – zumal einer der beiden Autoren an seiner Promotion arbeitet. Es wirkt fast so, als wolle man Studien als theoretisches Konstrukt diffamieren, das mit der Realität nichts zu tun hat. Dabei beruhen diese Studien auf Beispielen aus der Praxis und ebendiese Beispiele aus der Praxis sind Teil der Studien. Und dennoch gelangen sie zu diesem deutlichen Ergebnis, das der Herangehensweise der Autoren widerspricht. Wie kann man sich als Akademiker derart mit Cherry-Picking-Einzelbeispielen gegen fundierte empirische Untersuchungen stellen? Das grenzt für mich an Absurdität.

Der Zusatz mit den Start-ups ist abermals absolut unpassend. Dabei handelt es sich ganz einfach um eine völlig andere Form der Risikobewertung. Insgesamt wirkt das wie der verzweifelte Versuch, nach dem eventuellen Eingeständnis der eigenen Unfähigkeit doch mit etwas aufwarten zu können.

Investments in Start-ups sollten Privatanleger wohl doch lieber Business Angels und Venture-Capital-Investoren überlassen. Denn die haben in aller Regel bereits ausgesorgt, bevor sie mit solchen Investments starten. Und sie haben ein komplettes Team um sich herum, um die Risiken einer solchen Investition annähernd valide beurteilen zu können.

„Tradingpsychologie“ von Mark Douglas

Der Autor möchte den Lesern helfen, eine professionelle Einstellung zum Handel zu entwickeln. Dabei ist es aber leider wie die meisten Bücher in diesem Bereich weit entfernt von jeglichem wissenschaftlichen Fundament. Auch Quellangaben sind nicht vorhanden bei dieser deutschen Ausgabe des erschreckenderweise weltweiten Bestsellers „Trading in the Zone“.

Zweifelsfrei bietet das Werk einige interessante Perspektiven auf die mentalen Herausforderungen, denen aktive Trader im täglichen Handel gegenüberstehen. Mir erschließt sich nur nicht, weshalb man sich dabei, wenn überhaupt, nur höchst oberflächlich auf wissenschaftliche Erkenntnisse stützt. Die psychologische Perspektive hinter der menschlichen Entscheidungsfindung ist nicht erst seit Daniel Kahneman, Richard Thaler und Co. weltweit bekannt. Ob nun mit oder ohne direkten Bezug zum Kapitalmarkt. Diese sogenannte Behavioral Finance entwickelte sich sogar zu einem eigenen Wissenschaftszweig, der bereits mit Nobelpreisen prämiert wurde.

Doch Mark Douglas orientiert sich keineswegs an diesen Erkenntnissen. Noch zollt er jenen Menschen einen gewissen Tribut, die Annahmen und Thesen kritisch und methodisch korrekt über Jahrzehnte überprüft haben. Stattdessen verirrt sich wieder in persönlichen Erfahrungen, Hörensagen und der typischen Front zwischen Wissenschaft und Praxis.

Eine unglaublich naive und limitierende Annahme. Sie verschließt meiner Meinung nach die Augen vor der wissenschaftlichen Faktenlage. Diese haben Kahneman und Co. auf breiter Flur in den letzten Jahrzehnten geschaffen und selbst immer wieder kritisch geprüft. Und sie haben bewiesen: Sie beruht auf realen Beobachtungen und Experimenten. Das heißt, sie ist eben kein „akademisches Lehrbuchwissen“, wie es von Autoren wie Mark Douglas gerne dargestellt wird.

Mark Douglas ist für mich mal wieder die Perfektion des typischen Trading-Coaches. Welche absolut absurden und nicht einmal ansatzweise belegbaren Aussagen er dabei zum Besten gibt, schlägt dem Fass den Boden aus. So argumentiert er, dass die technische Analyse in der heutigen Zeit überlegen sei. Übrigens ohne jegliche Quellangaben, wie im Übrigen auch bei allen anderen wertenden Aussagen im Buch:

„Die technischen Analysten wussten etwas, wofür die breite Masse der Marktteilnehmer Generationen brauchte, um es zu begreifen. Als Methode zur Vorhersage künftiger Kursbewegungen hat sich die technische Analyse gegenüber einem rein fundamentalen Ansatz als weit überlegen erwiesen.“ Mark Douglas

Diese beiden Behauptungen sind wissenschaftlich in keiner Weise haltbar. Man schlage nur eines der Bücher von John Bogle, Burton Malkiel, Pirmin Hotz, Gerd Kommer oder Nate Silver auf. Doch daran lässt sich meiner Meinung nach wieder in Perfektion die Geisteshaltung der Branche erkennen: Die vermeintlichen Experten wissen etwas, das andere so einfach nicht verstehen können. Vielleicht, weil sie intellektuell – trotz Nobelpreisen etc. – dazu einfach nicht in der Lage sind. Oder weil sie noch nicht den Weg in die Gruppe der Erleuchteten gefunden haben. Eben weil sie es nicht verstehen können, (er)finden sie Dutzende wissenschaftliche Belege dagegen. Dabei fehlt ihnen einfach nur der Glaube, die Überzeugung, gar die Weitsicht. Und deswegen sind sie verdammt, auf Ewigkeit den erfolgreichen Tradern bei ihrem Erfolg zuschauen zu müssen.

„Wenn Sie 1.024 Gorillas in eine Sporthalle verfrachten und ihnen beibringen, Münzen zu werfen, wird einer darunter sein, der zehnmal hintereinander Kopf wirft. Die meisten würden das Glück nennen; im Investmentgeschäft heißt es dagegen: So ein Genie!“ John C. Bogle aus Tony R

Celine Nadolny ist seit 2022 Kolumnistin des Cash.-Magazins sowie von Cash.Online. 2019 gründete sie Book of Finance und wurde zu Deutschlands einflussreichster Sachbuchkritikerin. Mit mehr als 400 rezensierten Sachbüchern erhielt sie mittlerweile zwölf Branchenpreise, ist somit die mistausgezeichnete Finanzbloggerin der DACH-Region und wurde von Forbes auf die 30-Under-30 Liste aufgenommen. Celine möchte so viele Menschen wie möglich dazu inspirieren, mehr zu lesen, ihre Finanzen in die Hand zu nehmen und ein erfülltes Leben zu führen.

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