China senkt Leitzins um ein Viertel Prozent

Drei Tage in Folge rutschen die Börsen in China dramatisch in den Keller. Als Reaktion dreht die Zentralbank den Geldhahn auf. Können die Märkte abgefangen und das Wirtschaftswachstum gestützt werden?

China will Kapitalmärkte mit billigem Geld beruhigen.

Nach dem Einbruch der chinesischen Börsen hat die Zentralbank in Peking ihre Geldpolitik überraschend gelockert. Um die Konjunktur zu beleben und die Aktienmärkte zu stabilisieren, senkte die Notenbank am Dienstag den Leitzins und die Anforderungen für die Mindestreserven der Banken. Die fünfte Zinssenkung in neun Monaten demonstrierte, wie ernst die Zentralbank die Lage einschätzt.

Leitzins bei 4,6 Prozent

Zuvor hatten Chinas Börsen ihre Talfahrt den dritten Tag in Folge ungebremst fortgesetzt und waren erneut um sieben Prozent gefallen. Der deutsche Leitindex Dax kletterte nach der Ankündigung, die nach Börsenschluss in China kam, wieder über die Marke von 10.000 Punkten. Wie die Zentralbank berichtete, werden die Zinsen für einjährige Kredite um 0,25 Prozentpunkte niedriger auf 4,6 Prozent festgesetzt. Auch wurden die Zinsen für einjährige Spareinlagen um 0,25 Prozentpunkte auf 1,75 Prozent gesenkt. Die Mindestanforderungen für die Kapitalreserven der Banken wurden mit Wirkung vom 6. September um 0,5 Prozentpunkte herabgesetzt.

Skepsis zur Wirksamkeit der Leitzinssenkung

Allein damit könnten nach Schätzungen des „Wall Street Journal“ 678 Milliarden Yuan (93 Milliarden Euro) für Kredite freigesetzt werden. Experten zeigten sich allerdings skeptisch, ob die Maßnahmen die Talfahrt der Börsen aufhalten kann. „Theoretisch sollte eine Zinssenkung den Aktienmarkt ankurbeln, aber die einfachen Anleger sind jetzt schwer in Panik, deswegen ist ungewiss, ob dieser Schritt die deprimierte Stimmung an den Märkten ändern kann“, sagte die unabhängige Finanzexpertin Ye Tan der Deutschen Presse-Agentur. Die chinesische Regierung habe vor den Feiern am 3. September und der geplanten Militärparade 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges in Asien aber keine andere Wahl, um die Stimmung im Volk anzuheben.

Verluste beim Composite Index in Shanghai als Auslöser für Zinsschritt

Nach den schweren Verlusten am Freitag und Montag sackte der Composite Index in Shanghai am Dienstag erneut um 7,63 Prozent auf 2965 Punkte ab – und schloss damit unter der psychologisch wichtigen Marke von 3000 Punkten. Auch der Component Index in Shenzhen gab erneut deutlich nach und beendete den Handel mit einem Minus von 7,04 Prozent bei 10 198 Punkten. Am Vortag waren die Kurse bei ihrem größten Einbruch seit acht Jahren um über acht Prozent gefallen.

Stützungskäufe ausgesetzt

Analysten begründeten die erneut heftigen Kurseinbrüche vor allem damit, dass die Regierung ihre Stützungskäufe auf Eis gelegt habe. Seit Beginn des Börsenkrachs Mitte Juni hatten die Behörden zunächst versucht, die Märkte mit milliardenschweren Interventionen zu stabilisieren. Wie am Montag seien auch am Dienstag neue Hilfen zunächst ausgeblieben, bis nach Börsenschluss schließlich die Zinsen und die Mindestreserven gesenkt wurden. Die „Financial Times“ berichtete am Dienstag, Peking habe vor den Kräften des Marktes kapituliert und deswegen nicht mehr direkt an der Börse eingegriffen. Zuvor hätte die Notenbank in den vergangenen sieben Wochen noch Aktien im Wert von etwa 200 Milliarden Dollar gekauft, um die Kurse zu stützen. Das Geld stamme aus den Devisenreserven des Landes, schrieb das Blatt.

Lage bleibt angespannt

Außerdem habe die Notenbank seit der kräftigen Abwertung des Yuan (Renminbi) am 11. August noch einmal etwa 200 Milliarden Dollar aus den Devisenreserven eingesetzt, um einen stärker als gewünschten Wertverfall der Währung zu verhindern. Die „Financial Times“ bezog sich hierbei auf Kreise, die mit der Notenbank und den Marktinterventionen vertraut seien. Das Problem für Chinas Führung sei, dass zuletzt insgesamt etwa 400 Milliarden Dollar zur Stützung der heimischen Währung und des Aktienmarktes investiert worden seien. Allerdings zeige sich die Lage an den Märkten mittlerweile noch schlimmer als zu Beginn der Interventionen, berichtet das Blatt weiter und berief sich bei dieser Einschätzung auf eine Person mit engen Beziehungen zur Notenbank.

Quelle: dpa-AFX

Foto: Shutterstock

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