Fonds Finanz: CO2 ausgleichen, aber richtig

Foto: Fonds Finanz
Irmgard Dietmair und Simon Bödecker

Die freiwillige CO2-Kompensation ist in Verruf geraten. Zur Erreichung der Pariser Klimaschutzziele ist zusätzliche Klimafinanzierung jedoch dringend nötig. Gut, dass es Alternativen gibt, mit denen Unternehmen ihrer Verantwortung weiterhin sinnvoll nachkommen können. Gastbeitrag von Irmgard Dietmair und Simon Bödecker (beide Fonds Finanz) sowie Christian Mankel (New Normal)

Im Prinzip ist CO2-Kompensation eine gute Idee: Wer seinen Ausstoß klimaschädlicher Gase nicht stark reduzieren oder ganz vermeiden kann, gleicht seine negative Bilanz aus, indem er CO2-Zertifikate kauft. Er unterstützt damit ein Klimaschutzprojekt, das die anfallenden Emissionen für ihn einspart. Immer mehr Unternehmen nutzen diese Möglichkeit – allerdings ist Klimaschutz dabei nicht die einzige Motivation. Nach dem Motto „Tu Gutes und sprich darüber“ geben sich Unternehmen über die gekauften CO2-Zertifikate ein grünes Image und werben nicht selten mit Klimaneutralität, obwohl sie selbst weiterhin viel CO2 ausstoßen, ohne am eigenen Verhalten etwas zu ändern. Dieses Vorgehen gerät zunehmend in Verruf. UN-Generalsekretär António Guterres kritisierte Ende 2022 auf der Klimakonferenz im ägyptischen Scharm asch-Schaich, dass Unternehmen zu oft auf reine Kompensation setzten. Der WWF betont in diesem Zusammenhang, dass das wichtigste To-do für Unternehmen weiterhin die größtmögliche Reduktion der eigenen Treibhausgase bleiben müsse, um die Pariser Klimaschutzziele noch erreichen zu können. Klimafinanzierung dürfe nur als zusätzliche Maßnahme angesehen werden.

Hinzukommt: In vielen Fällen lässt sich kaum belegen, dass die eingekauften CO2-Zertifikate tatsächlich die versprochenen Emissionsminderungen mit sich bringen. So fehlt es auf dem Markt für freiwillige Kompensation sowohl an einheitlichen Regeln, welche Projekte zertifiziert werden dürfen, als auch an tragfähigen Berechnungsgrundlagen, wie hoch die CO2-Einsparungen tatsächlich sind. In der vom Umweltbundesamt herausgegebenen Publikation „Wie kompensiert Deutschland?“ (Abschlussbericht Climate Change 52/22) heißt es: „Der freiwillige Markt {…} wird bis heute nicht durch ein zentrales Organ gesteuert oder überwacht. In Anlehnung an die Regeln der Verpflichtungsmärkte haben sich {…} eine wachsende Anzahl von verschiedenen Standards mit unterschiedlichen Ausprägungen am Markt etabliert. Neben Foren und Initiativen zum Austausch und vielfältigen Leitfäden zur Nutzung dieses Instruments wird eine Überprüfung der tatsächlichen Integrität von Standards und Projekten oft nur punktuell durch einige mit dem Thema vertraute NGOs, Akademiker, Forschungseinrichtungen und investigative Journalisten durchgeführt {…}. Dies erfordert von der Käuferschaft ein hohes Vertrauen in die Anbieter und Anbieterinnen der Kompensationszertifikate oder eine erhebliche eigene Sachkenntnis, um mit ausreichender Sicherheit hochwertige Zertifikate zu erwerben.“

Mit Klimaneutralität zu werben, birgt also ein hohes Risiko, das weiter steigt durch einen Gesetzesentwurf, den die EU-Kommission laut „FAZ“ vom 21. Januar 2023 im März vorlegen will. Demnach sollen „… Unternehmen Waren nur noch dann als umwelt- oder klimafreundlich vermarkten dürfen, wenn sie den grünen Charakter belegen können.“ Ebenfalls im Januar veröffentlichten die „Zeit“, „The Guardian“ und die Investigativ-Plattform „Source Material“ eine Recherche, mit der die Diskussion um CO2-Kompensation einen neuen Höhepunkt erreicht. Die Journalisten kommen zu der zentralen Aussage, dass 94 Prozent der Zertifikate aus zahlreichen Waldschutzprojekten, die der führende Zertifizierer Verra genehmigt hat, wertlos sind. Schon eine Woche später kann die „Zeit“ (05/23) über Konsequenzen berichten, die Volkswagen, SAP und Lavazza, die Drogeriemarktketten dm und Rossmann, der Pharmariese Bayer und viele weitere Unternehmen bereits gezogen haben oder ziehen wollen.

Christian Mankel (Foto: Fonds Finanz)

Sollten Unternehmen also künftig auf Ausgleichszahlungen verzichten? Nein, betont der WWF in seiner Publikation „Fit für Paris“ und beruft sich auf die Weltbank, die den Investitionsbedarf allein für grüne Infrastruktur auf 90 Billionen US-Dollar beziffert, sowie auf eine Studie des Rückversicherers Swiss Re, die zur Erreichung von Netto-Null-THG-Emissionen bis 2050 eine Investitionslücke von 270 Billionen US-Dollar sieht. Ohne zusätzliche private Finanzierung, so der WWF, lasse sich keine dieser Lücken schließen. Wichtig sei jedoch, Zielsetzung und Perspektive zu wechseln und von der klassischen Kompensation zu einer zusätzlichen Klimafinanzierung zu kommen: „Die zentrale Frage {…} ist nicht, wie viel getan werden muss, um den eigenen Fußabdruck auszugleichen, sondern was notwendig und sinnvoll erscheint, um gemeinsam den globalen Klimaschutz zu stärken und die systemische Transformation voranzutreiben.“ In diese Richtung argumentiert auch das Bundeswirtschaftsministerium, wenn es gegenüber der „Zeit“ auf die neue Leitlinie der Deutschen Emissionshandelsstelle verweist: „Diese empfehle Unternehmen {…}, nicht länger die eigene Klimaneutralität zu bewerben. Besser sei es, die freiwillige Kompensation als Beitrag zum Klimaschutzziel eines Landes zu erklären. So könnten Unternehmen auch das Risiko umgehen, am Ende für eine Kompensation ohne echten Mehrwert kritisiert zu werden.“

Bei der Fonds Finanz gleichen wir unsere CO2-Emissionen seit 2018 aus. In den ersten Jahren haben auch wir mit dem Klimaneutral-Siegel geworben. Schon bald aber erkannten wir die Unzulänglichkeiten herkömmlicher Kompensationsmodelle. Heute sprechen wir nicht mehr von Klimaneutralität, sondern von unserem Beitrag, den wir zur Finanzierung des Klimaschutzes leisten. Außerdem suchten wir nach einer sinnvolleren Ausgleichsmöglichkeit. Mit der New Normal GmbH konnten wir im letzten Jahr einen Partner finden, dessen Konzept uns überzeugt. Über das Climate Invest Programm von New Normal finanzieren wir nun Impact-Unternehmen mit positiver CO2-Wirkung. Diese Lösung bietet verschiedene Vorteile. Zum einen sind die geförderten Unternehmen verpflichtet, regelmäßig detaillierte Berichte vorzulegen, aus denen ihre wirtschaftliche Entwicklung und vor allem ihre CO₂-Ausgleichsleistung hervorgehen. Zum anderen geschieht die CO2-Bilanzierung durch externe Prüfer mit Zertifizierung auf Basis anerkannter Protokolle (AA1000, GRI, GHG). Vor allem aber erzielt die Förderung nachhaltiger Unternehmen einen direkten Effekt – im Gegensatz etwa zu Waldschutzprojekten, die darauf spekulieren, dass in der Zukunft CO2-Emissionen vermieden werden. Neben seiner Transparenz und seiner hohen ökologischen Wirkung ist das Konzept auch ökonomisch nachhaltig. So wird vor allem in zukunftsfähige deutsche und europäische Unternehmen investiert und damit die heimische Wirtschaft gestärkt. Weil es sich um ein Investment handelt, nicht um eine Spende, besteht nach fünf Jahren die Chance auf Kapitalrückfluss inklusive Zinsen. Zudem ergibt sich durch den Laufzeiteffekt – einmal investieren, fünf Jahre reduzieren – eine hohe Kosteneffizienz.

Über das Angebot von New Normal können Unternehmen ein belegbar wirkungsvolles Impact-Investing betreiben, statt auf kaum nachprüfbare Projekte in fernen Erdteilen zu setzen. Und sie können ihre Klimawirkung über ihren eigenen CO2-Ausgleich hinaus als Multiplikatoren vergrößern. Denn New Normal bietet Unternehmen die Partizipation ihrer Stakeholder an. So profitiert die Klimafinanzierung von einer größeren Reichweite und die Unternehmen erhalten neben einer Vergütung bessere Daten für ihre Nachhaltigkeitsberichte. Wir von der Fonds Finanz sind diesen Weg gegangen. Um unser Netzwerk aus über 28.000 Vertriebspartnern für die Klimafinanzierung zu aktiveren, haben wir in Kooperation mit New Normal den Climate Impact Pool ins Leben gerufen. Die Community lädt Privatpersonen und Unternehmen ein, ihren CO2-Fußabdruck auszugleichen und selbst wiederum als Multiplikator aufzutreten. Neben den vielen bereits erwähnten Vorteilen führt auch die einfache Teilnahme zu hoher Akzeptanz: online anmelden, CO2-Fußabdruck bestimmen, investieren und CO2-Gutschrift erhalten.

Irmgard Dietmair und Simon Bödecker sind CSR-Manager bei der Fonds Finanz, Christian Mankel ist Geschäftsführer der New Normal GmbH.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments