In der deutschen Immobilienbranche hat ein tiefgreifender Wandel eingesetzt. Maklerhäuser müssen sich heute sehr viel breiter aufstellen, um den Bedürfnissen des Marktes gerecht zu werden. Gleichzeitig werden die Anforderungen an das Berufsbild des Immobilienmaklers zunehmend komplexer. Gastkommentar von Peter Bigelmaier, Colliers.
Früher gab es keine Asset- oder Property-Manager, keine Real-Estate-Consultants, Fonds-Manager oder Analysten. Das waren Begriffe aus der Bankenwelt und aus dem Umfeld der Wertpapiere, die kannte man in der Immobilienbranche nicht. Geschweige denn, dass es Studiengänge dafür gegeben hat. Zugespitzt gesagt: Früher gab es in der Real-Estate-Branche keine Akademiker, bestenfalls gute Bankkaufleute mit zusätzlichem Real Estate Know-how. Oder eben den „klassischen“ Immobilienkaufmann. Nicht selten waren auch Seiteneinsteiger, die auf dem zweiten Bildungsweg noch eine Zusatzqualifikation erlangt haben.
Der Wandel
Um die Jahrtausendwende hat ein Wechsel eingesetzt. Dieser lag unter anderem begründet im sich wandelnden Angebot der Hochschulen, die ihre Ausbildungswege sukzessive erweitert haben. Beispielsweise hat die European Business School in Oestrich Winkel Ende der 90er Jahre den Studiengang zum Immobilienökonom angeboten, nach und nach haben Universitäten nachgezogen, darunter die Fachhochschule Nürtingen, die Uni Regensburg und die TU München mit Masterstudiengängen. Die Einführung dieser Studiengänge war eine Reaktion auf die veränderten Strukturen des Marktes.
Die Hochschulen
Die Hochschulen haben sich Großbritannien zum Vorbild genommen. Dort hat der Maklerberuf eine sehr lange Tradition mit einer ausgezeichneten Reputation. Der Beruf war im Vereinigten Königreich schon immer ein akademischer Beruf mit einer übergeordneten Institution, der Royal Institution of Chartered Surveyors. Wer heute in Deutschland den Titel Rics tragen will, der muss als Voraussetzung dafür in der Regel ein von der Rics akkreditiertes (Hochschul-)Studium mit entsprechender Berufserfahrung nachweisen. Auf europäischer beziehungsweise internationaler Ebene hat dies also schon das Ausbildungsniveau angehoben. Parallel dazu haben in Deutschland die institutionellen Anleger (verspätet gegenüber Ländern wie UK und USA) die Asset Klasse Gewerbeimmobilien „entdeckt“. Zuvor hatten zwar Versicherer zum Beispiel durchaus Wohnimmobilien im Portfolio, aber keine Gewerbeimmobilien. Und wenn, dann haben sie diese nicht an- und gekauft, sondern lange gehalten. Selbst große, offene Immobilienfonds haben Gewerbeimmobilen nicht im Sinne eines aktiven Portfoliomanagements gehandelt. Dies ist erst mit dem Interesse von internationalen Anlegern, vor allem aus den USA und UK gewachsen. Diese suchten Anlageoptionen, die einen regelmäßigen Cashflow produzierten.
Die Assetklasse
Bis zum „Dotcom-Börsencrash“ führten Immobilien in allen möglichen Anlageklassen der Fonds bis dahin eher ein Schattendasein. Durch die Schwankungen der Börse, durch den Zinsverfall auch festverzinslicher Wertpapiere haben traditionelle Anleger Immobilien als sicherere und renditestarke Option entdeckt. Im Nachhall der New-Economy-Krise wurden dann zwischen 2005 und 2007 auf dem deutschen Gewerbeimmobilieninvestment sehr große Volumina umgesetzt. Dadurch kamen Hochschulabsolventen, die früher ins klassische Investmentbanking abgewandert sind, in die Immobilienbranche und brachten neue Impulse, innovative Geschäftsmodelle und neue Produkte mit ein.
Die Anforderungen
Gleichzeitig haben sich aber auch die Anforderungen von Seiten der Nutzer gewandelt. Auch dort waren uns UK und USA voraus und haben schon früh umfassende Beraterleistungen erbracht, dort war Corporate Management schon längst an der Tagesordnung. Die Transparenz des Webs hat dem Wandel zudem großen Vorschub geleistet, denn mit dem Internet wurde das Wissen um Objekte seiner Exklusivität „beraubt“. Unsere Kunden sind heute bestens vorbereitet, wenn sie zu uns kommen.
Das Leistungsspektrum
Heute fängt der Job der Makler nicht mit dem Wissen um ein Objekt an und hört mit der Vermittlung desselben auf. Wir Makler beraten vor und auch nach dem Ankauf noch weiter, zum Beispiel im Bereich Mietvertragsoptimierung bei anstehender Prolongation oder dem Consulting der zuständigen Asset-Manager bei Überlegungen, wie ein Portfolio aufzustocken oder umzustrukturieren ist. Für diese Beratungsleistung ist der Bereich Research enorm wichtig, um alle erforderlichen Daten zu sammeln, zu analysieren und daraus abgeleitet für unsere Kunden optimale Handlungsempfehlungen geben zu können. Daher reden wir mittlerweile auch nicht mehr vom Makler, sondern vom Berater, dem Consultant. Unsere Kunden mandatieren uns nicht mehr nur einzelfallbezogen, sondern auf einer langen Zeitebene mit einem Full-Service-Anspruch der Dienstleistung.
Die Zukunft
Durch die weiter fortschreitende Konzentration auf globale Unternehmen hat sich die regionale Ausprägung der Immobilienbranche bereits zu einer globalen entwickelt. Eine ähnliche Entwicklung haben übrigens auch Wirtschafts-und Unternehmensberater mitgemacht. Durch die weiter fortschreitende Konzentration auf globale Unternehmen hat sich die regionale Ausprägung der Immobilienbranche bereits zu einer globalen entwickelt. Eine ähnliche Entwicklung haben übrigens auch Wirtschafts-und Unternehmensberater mitgemacht. Als Makler sind wir Teil dieser hochwertigen Beraterkette, und nur der Dienstleister, der weltweite Kompetenz abbilden kann, wird sich auf dem Markt behaupten können. Die Spezialisierung und die Bandbreite der akademisch ausgebildeten Mitarbeiter werden weiter wachsen. Wir werden zunehmend Berufsbilder, wie zum Beispiel Juristen und Architekten auf der technischen Seite und Immobilienökonomen und Diplom-Geografen für den Research-Bereich benötigen. Die Schnittmenge von Unternehmens- und Wirtschaftsberatung und des Real Estate Business‘ wächst, daher werden auch rein betriebswirtschaftliche Aspekte zunehmend eine wichtige Rolle spielen.
Peter Bigelmaier ist Geschäftsführer von Colliers International, München.