Welche Auswirkungen hat das Coronavirus auf die Aktien- und Anleihemärkte? „Der Corona-Schock ist noch bei Weitem nicht ausgestanden“, glaubt Jon Jonsson, Senior Portfolio Manager – Global Fixed Income bei Neuberger Berman. Initiale Prognosen, wonach die Ausbreitung des Virus schnell eingedämmt und lediglich minimale Auswirkungen auf die Wachstumsprognosen im ersten Quartal haben würde, hält er für viel zu optimistisch. Seine Einschätzung zur Gefahrenlage.
Anzeichen einer schnellen, globalen Ausbreitung des Coronavirus führten in den letzten Tagen zu einer dramatischen Neubewertung der Risiken auf den Aktien- und Anleihemärkten. Die zehnjährige US-Anleiherendite sackte gerade auf einen neuen Tiefststand ab, doch der Coronaschock ist noch bei Weitem nicht ausgestanden: So nimmt in Italien und Korea die Zahl der Neuansteckungen schnell zu und der Zusammenbruch des offiziellen Einkaufsmanager-Index (PMI) in China legt nahe, dass die makroökonomischen Auswirkungen weit schwerer sind als erwartet.
Auf der anderen Seite hat die Fed überraschend eine Zinssenkung um 50 Basispunkte beschlossen und die Bank of Canada tat es ihr umgehend gleich. Weitere Zinssenkungen sind, sowohl in den USA als auch anderswo, sehr wahrscheinlich. Insgesamt sind die Bewertungen von Aktien und Anleihen zuletzt stark gesunken, was eine realistischere Markteinschätzung der Risiken widerspiegelt. Hierzu ein paar Fakten:
- Während sich die Ausbreitung des Coronavirus (Covid-19) in China zu verlangsamen scheint, gewinnt sie in der übrigen Welt an Tempo
- Wir glauben, dass die damit verbundenen Produktions- und Ertragseinbußen mittel- bis langfristig wieder kompensiert werden. Aber initiale Prognosen, dass die Ausbreitung des Virus schnell eingedämmt und lediglich minimale Auswirkungen auf die Wachstumsprognosen im ersten Quartal haben würde, halten wir für zu optimistisch
- Zwar wird es nicht reichen, um die Wirtschaft vollständig zu schützen. Doch der Coronavirus könnte der Politik Rückendeckung für fiskalische Reformen geben, die die Wirtschaft benötigt, um den aktuellen Wirtschaftszyklus bis weit in das Jahr 2021 hinein zu verlängern
- Die erwarteten Zinskorrekturen der Notenbanken sind mitunter schon zu stark in die Kurse und Anleihemärkte eingepreist. Gleichzeitig ist augenscheinlich, wie wenig die Kurse auf den Hochzins- und Aktienmärkten die zu erwartenden wirtschaftlichen Störungen reflektieren. Es bleibt anzunehmen, dass die Volatilität weiter zunimmt, bevor es eine spürbare Erholung gibt
Anfang des Jahres haben wir vorausgesagt, dass die Politik die Grenzen der lockeren Geldpolitik zunehmend erkennen wird und das wiederum die Wahrscheinlichkeit für fiskal-politische Impulse in diesem Jahr erhöhen könnte – ein zentraler Faktor für die Verlängerung des derzeitigen Zyklus bis ins Jahr 2021. Diskussionen und Maßnahmen sind jedoch zwei völlig unterschiedliche Dinge. Und es wird wahrscheinlich noch einige Monate dauern, bis handfeste fiskalische Reformen seitens der Politik auch die westlichen Volkswirtschaften, einschließlich der USA, erreichen.
Es ist unwahrscheinlich, dass diese Maßnahmen den bereits durch das Virus verursachten Schaden kurzfristig wieder rückgängig machen. Mittelfristig können stimulierende Maßnahmen der Notenbanken sowie der Politik jedoch dafür sorgen, dass das globale Wachstum schneller wieder anspringt, als es sonst der Fall gewesen wäre, sobald das Virus eingedämmt ist.
Foto: Neuberger Berman