Customer Journey: Wie und wo Haustierbesitzer ihre Tierkrankenversicherung abschließen

Foto: Heute und Morgen
Dr. Michael Brocke, Geschäftsführerin bei Heute und Morgen: "Mit den größeren Marktchancen steigen auch die Anforderungen an Marketing, Vertrieb und Produktentwicklung der Anbieter."

Wo und wie informieren sich die Haustierhalter zu Tierkrankenversicherungen? Was sind zentrale Kriterien, Treiber und Hürden für Neuabschlüsse und Wechsel? Und auf welchen Kanälen erfolgt der Abschluss? Eine neue Studie des Kölner Analysehauses Heute und Morgen hat die Customer Journey zur Tierkrankenversicherung für Hunde und Katzen unter die Lupe genommen.

Das Interesse der Bundesbürger an Krankenversicherungen für Katzen und Hunde steigt. Ebenso wächst die Zahl der Anbieter. Längst sind Tierkrankenversicherungen nicht mehr nur das Terrain von Spezialversicherern. Doch wo und wie informieren sich die Haustierhalter zu Tierkrankenversicherungen? Was sind zentrale Kriterien, Treiber und Hürden für Neuabschlüsse und Wechsel? Auf welchen Kanälen erfolgt der Abschluss? Und welche Leistungen, Services, Anbieter oder Marken sind für die Kunden relevant und erste Wahl?

Tendenz zum Online-Produkt

Antworten darauf liefert die aktuelle Studie „Customer Journey zur Tierkrankenversicherung“
des Marktforschungsinstituts Heute und Morgen aus Köln. Erste übergreifende Erkenntnis für den Vertrieb: Online-Kanäle spielen für die Information und den Abschluss von Tierkrankenversicherungen, zu denen auch die Tier-OP-Versicherungen zählen, eine zentrale Rolle.

Ähnlich wie die Kfz-Versicherung – und noch weit stärker als private Krankenversicherungen im Humanbereich – entwickeln sich Tierkrankenversicherungen überwiegend zu einem Online-Produkt. Laut Heute und Morgen informieren sich 93 Prozent der Abschluss- und Wechselinteressierten zu den Produkten im Internet. Immerhin 60 Prozent der Neuabschlüsse und Wechsel erfolgen dann online.

Abschlussrelevant auf der Customer Journey der Kunden bleiben aber auch die persönliche Beratung, das Empfehlungsmarketing, Cross-Selling und mögliche werbliche Kooperationen mit anderen Teilnehmern im Haustiermarkt.

„Tierkrankenversicherungen entwickeln sich schrittweise vom Nischenmarkt zu einem lukrativen, zugleich wettbewerbsintensiven Massenmarkt“, sagt Dr. Michaela Brocke, Geschäftsführerin beim Marktforschungsinstitut Heute und Morgen. „Mit den größeren Marktchancen steigen auch die Anforderungen an Marketing, Vertrieb und Produktentwicklung der Anbieter.“

Hohe Tierarztkosten und GOT-Neuordnung triggern

Häufigster Auslöser, sich erstmals mit dem möglichen Abschluss einer Tierkrankenversicherung oder einer Tier-OP-Versicherung auseinanderzusetzen, ist aktuell die Angst der Kunden vor hohen Tierarztkosten. So gaben 48 Prozent der Befragten an, dass die Neuordnung der Gebührenordnung für Tierärzte der Grund für das Interesse und den möglichen Abschluss sei.

Bereits versicherte und wechselwillige Haustierbesitzer treibt hingegen überwiegend die Suche nach besseren und kostengünstigeren Angeboten an (42 %). In jedem vierten Fall spielen Weiterempfehlungen eine Rolle.

Werbemaßnahmen der Versicherer initiieren bei 36 Prozent die Auseinandersetzung mit einem Neuabschluss oder dem Wechsel von Tierkrankenversicherungen.

Internet dominiert als Informationsquelle für Tierkrankenversicherungen

In der Informationsphase der Customer Journey zur Tierkrankenversicherung dominiert als Medium sehr deutlich das Internet: 93 Prozent der Abschlussinteressenten (Neuabschluss oder Wechsel) nutzen dies zur Recherche. 46 Prozent greifen hier auf Vergleichsportale zurück, 39 Prozent auf Suchmaschinen. Danach folgen die Homepages von Versicherern, bei denen man bisher noch nicht Kunde ist, mit 32 Prozent. Jeder fünfte informiert sich bei seinem Versicherer, bei dem bereits Produkte abgeschlossen wurden.

Zum Vergleich: lediglich 18 Prozent der potenziellen Neuabschließer und 14 % der Wechsel-Interessierten informieren sich initial (auch) persönlich bei Versicherungsvertretern oder bei Maklern – telefonisch oder vor Ort. Vergleichsweise selten erfolgt bisher auch die Information zu Tierkrankenversicherungen über soziale Medien (14 %).

Persönliche Beratung erhöht Abschlusswahrscheinlichkeit

Die Studie zeigte aber auch, dass eine qualifizierte Beratung die Abschlussneigung in der Entscheidungsphase erhöht: Neukunden wie Wechsler von Tierkrankenversicherungen haben signifikant häufiger persönlichen Kontakt mit Versicherungsvertretern, Maklern und Versicherungsgesellschaften als Haustierbesitzer, die sich lediglich aktiv informieren, am Ende aber gegen einen Abschluss entscheiden.

Umgekehrt gilt: Findet die Information zu Tierkrankenversicherungen ausschließlich unpersönlich im Internet statt, steigt vor allem bei den potenziellen Interessenten die Wahrscheinlichkeit, dass es am Ende nicht zum Abschluss kommt.

Preis, Leistung und Qualität entscheiden

Ausschlaggebend bei der Entscheidung für einen Neuabschluss oder Wechsel sind in der Regel das
wahrgenommene Preis-Leistungs-Verhältnis (65 %) und die Produktqualität (46 %). Auch Testurteile,
Weiterempfehlungen und das Anbieterimage spielen eine Rolle.

In puncto Abschlusswege zeigt sich: 60 Prozent der Abschlüsse von Tierkrankenversicherungen erfolgen aktuell online. Dabei dominieren die Homepages der Anbieter mit 37 Prozent deutlich vor den Vergleichsportalen. Hierüber schließen nur 23 Prozent ab.

29 Prozent der Abschlüsse in der Tierkrankenversicherung erfolgen hingegen über Versicherungsvertreter oder Makler (telefonisch oder vor Ort). Im Spartenvergleich liegt nach Angaben des Analysehauses die Zahl der Online-Abschlüsse damit ähnlich hoch wie in der KFZ-Versicherung (2022: 57%) bzw. sogar noch leicht darüber. Interessant: Neu abgeschlossen oder gewechselt werden Tierversicherungen aktuell insgesamt stärker von Katzenhaltern als von Hundehaltern. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass im Rahmen der GOZ für Tierärzte die Behandlungen für Katzen deutlich teuer geworden sind. Und das mehr Verträge für jüngere Tiere unter vier Jahren als für ältere Tiere abgeschlossen werden, erklärt sich durch den höheren Preis einer Versicherung für ältere Tiere.

Allianz vor Agila und Hanse Merkur

Das „First Choice“ Ranking der Anbieter von Tierkrankenversicherungen (Top10) führt aktuell die Allianz bei den untersuchten Neukunden, Wechslern und Abschlussinteressierten mit 24 Prozent an. Mit größerem Abstand folgen hier Agila, HanseMerkur, Uelzener, Barmenia, PetProtect und weitere Anbieter.

Auch in puncto genereller „Bekanntheit“ als Tierversicherer sowie insbesondere im „Relevant Set“ der Kunden – das heißt, der Anbieter kommt für Abschluss grundsätzlich in Betracht – hat die Allianz die Nase im wachsenden Anbieterfeld klar vorn. Stärker punkten können hier aber auch Agila und Ergo.

Präferierte Leistungen und Services Leistungsmäßig für die Kunden besonders wichtig bei Tierkrankenversicherungen und Tier-OP-Versicherungen sind vor allem die unbegrenzte Deckung von OP-Kosten inklusive Voruntersuchungen und Nachbehandlungen, die Übernahme auch hoher GOT-Sätze (vierfacher Satz) sowie stabile Beiträge im Tieralter sowie die freie Wahl von Tierärzten oder Tierkliniken.

Generell empfiehlt sich für die Produktgestaltung aus Kundensicht eine wertige Basisabsicherung mit frei wählbaren Leistungsbausteinen wie ein offenes Baukastenprinzip. Sinnvoll erscheint zudem die Option, die Höhe des Selbstbehalts individuell wählen zu können. Gewünscht werden zudem spezielle Tarifangebote für bereits ältere Tiere.

Kein „Must-have“, sind hingegen etwa der Versicherungsschutz auch im Ausland oder eine Kostenübernahme beim erforderlichen Einschläfern der Tiere.

Gründe für den Nicht-Abschluss oder Nicht-Wechsel

Häufigste Gründe für den Nichtabschluss oder -wechsel einer Tierkrankenversicherung nach erfolgter aktiver Informationsphase sind ein unpassendes Preis-Leistungs-Verhältnis oder zu hoher Preis (41 %), ein zu hoher Selbstbehalt (39 %) sowie zu viele ausgeschlossene Leistungen (34 %).

„Eine stärkere Flexibilisierung der Produkte und Tarife – durch Leistungsbausteine, Zusatzoptionen oder unterschiedliche Selbstbehalte – kann zukünftig dazu beitragen, solche Hürden zu überwinden und die vorhandenen Marktpotenziale noch besser auszuschöpfen“, resümiert Sonja Kränz, Studienleiterin bei Heute und Morgen.

Für die Studie wurden 300 Haustierbesitzer, differenziert nach zwei Gruppen befragt: Hunde- und Katzenhalter, die in den letzten zwölf Monaten eine Tier-KV neu abgeschlossen oder ihren Anbieter gewechselt haben und Hunde- und Katzenbesitzer, die sich in den letzten zwölf Monaten aktiv zu Tier-KVen informiert haben, am Ende aber nicht abgeschlossen bzw. gewechselt haben

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