Damoklesschwert Gas-Stopp: Schwerster Konjunktureinbruch seit 1945?

Foto: Shutterstock

Der Ukraine-Krieg und seine Auswirkungen belasten das Marktsentiment in Europa – und vor allem in Deutschland. Hier sei die Abhängigkeit von russischem Öl und Gas relativ hoch und die Konsequenzen könnten drastisch sein, meint Andrea Greisel, Fürst Fugger Privatbank.

„Ein Gas-Stopp könnte zum schärfsten Konjunktureinbruch in Deutschland seit 1945 führen. Ein Rückgang des Bruttosozialprodukts um 10 Prozent wäre dabei nicht unrealistisch.“ Und es ginge um weit mehr als Gas. Russland zähle zu den weltweit wichtigsten Exporteuren von Diesel, Nickel, Stahl, Kohle und Palladium. Bereits jetzt hätten sich die Rohstoffpreise teilweise verdoppelt. Eine weitere Herausforderung stellten die unterbrochenen Lieferketten dar. „Ein schnelles Ende des Russland-Ukraine Konflikts ist nicht in Sicht“, befürchtet Greisel. „Die Gefahr einer Rezession nimmt weiter zu.“  

Andrea Greisel, Fürst Fugger Privatbank: „Ein Gas-Stopp könnte zum schärfsten Konjunktureinbruch in Deutschland seit 1945 führen. Ein Rückgang des Bruttosozialprodukts um 10 Prozent wäre dabei nicht unrealistisch.“

Dabei zeige sich Europa deutlich anfälliger als die Vereinigten Staaten. So seien die Gewinnschätzungen europäischer Aktien für das laufende Jahr bereits um 6 Prozent reduziert, die für US-Aktien gleichzeitig jedoch um 8 % angehoben worden. Auch hier spiele die Energieversorgung eine entscheidende Rolle, erklärt Andrea Greisel: „Die USA gelten als Netto-Energie-Exporteur und sind eine relativ autonome Volkswirtschaft. Sie leiden damit deutlich weniger unter den Auswirkungen des Kriegs.“ Die Notierungen US-amerikanischer Aktien könnten daher im Hinblick auf dann noch teurere Energiepreise sowie bessere Aussichten für Energie- Rüstungs- und Agraraktien selektiv weiter steigen. Mit Spannung sei daher die bald beginnende Berichtssaison mit dem Ausblick der US-Unternehmen auf ihre weitere Geschäftsentwicklung zu erwarten. Diese Gemengelage gelte es bei der Geldanlage zu berücksichtigen. „Mehr denn je ist ein weltweiter Assetklassen- und Branchenmix langfristig die beste Anlageentscheidung“, empfiehlt Greisel. „Als Basisinvestment bleiben Digitalisierung, künstliche Intelligenz und Cybersecurity gesetzt, da sie weniger konflikt- und konjunkturanfällig sind. Außerdem Gesundheit und typisch defensive Valuewerte.“ Hinzu kämen vereinzelt Infrastrukturwerte. Angesichts des gestiegenen Zinsniveaus rücken zudem auch US-Staatsanleihen wieder verstärkt in den Anlagefokus. Auch Gold bleibe zur Diversifizierung und zum Schutz vor hohen Volatilitäten ein fester Bestandteil des Portfolios.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments