Jacob Vijverberg, Head of Asset Allocation bei Aegon Asset Management: „Das Ausbleiben eines unerwarteten Sieges der AfD ist eine kleine Erleichterung für die Finanzmärkte. Bei den letzten Wahlen haben einige rechtsextreme Parteien besser abgeschnitten, als die Umfragen zunächst vermuten ließen. Angesichts der Tatsache, dass die AfD in den Umfragen als zweitstärkste Partei abschneidet und an Dynamik gewinnt, bestand eine geringe Chance auf einen Überraschungssieg der AfD, was ein Schock für die deutsche und europäische Politik und auch die Finanzmärkte gewesen wäre. Bei einer zu erwartenden Koalition unter Führung der CDU/CSU ist mit einer relativ konservativen Wirtschaftspolitik zu rechnen. Die Partei befürwortet eine ‚Agenda 2030‘ zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands, die Steuersenkungen für Unternehmen und Privatpersonen sowie Anstrengungen zum Abbau von Regulierungen vorsieht. Allerdings könnte es dem Programm angesichts des Ausmaßes der wirtschaftlichen und geopolitischen Herausforderungen an Ehrgeiz fehlen. Besonderes Augenmerk wird auf der Reform der Schuldenbremse liegen. Seit 2009 ist sie in der Verfassung verankert, um die Haushaltsdisziplin durchzusetzen. Eine Uneinigkeit über eine Lockerung der Bremse war die Ursache für die Regierungskrise. Die AfD hat nicht mehr als 33 Prozent der Sitze erhalten – BSW und FDP haben gar keinen Sitz. Dies erlaubt es diesen Parteien nicht, Verfassungsänderungen zu blockieren, einschließlich einer Reform der Schuldenbremse, die eine 2/3-Mehrheit erfordert. Die Wahlergebnisse zeigen jedoch, dass eine Reform der Schuldenbremse schwieriger wird, da AfD und Die Linke zusammen über genügend Sitze für eine Sperrminorität verfügen. Mit diesem Ergebnis könnte eine flexiblere Haltung gegenüber der Schuldenbremse erwartet werden, die zusätzliche staatliche Investitionen ermöglicht. Ob die viel diskutierte Schuldenbremse tatsächlich abgeschafft wird, ist jedoch noch lange nicht klar.“

Jacob Vijverberg (Foto: Aegon Asset Management)