Klaus G. Leyh, Vorstand Personenversicherung, Konzern Versicherungskammer: „Deutschland hat gewählt. Eine neue Bundesregierung muss in den kommenden Monaten die Weichen für Reformen unseres Alterssicherungs-, Gesundheits- und Pflegesystems stellen. Die Politik ist gefordert, unsere sozialen Sicherungssysteme, die insbesondere durch die demografische Entwicklung vor großen Herausforderungen stehen, durch zukunftsfähige Rahmenbedingungen resilient und demografiefest aufzustellen.
Altersvorsorge
Die gesetzliche, betriebliche und private Altersvorsorge müssen gleichwertig gefördert werden, um eine nachhaltige finanzielle Absicherung im Alter zu gewährleisten. Insbesondere bedarf es zusätzlicher innovativer Lösungen, um die Wirksamkeit und Attraktivität der einzelnen Säulen zu erhöhen:
Die staatlich geförderte private Altersvorsorge muss dringend reformiert werden. Bestehende Modelle sind oft zu komplex und bürokratisch. Vereinfachte Fördermodelle und attraktive steuerliche Anreize können die private Vorsorge deutlich stärken.
Die betriebliche Altersvorsorge muss flexibler gestaltet und besonders für kleine und mittelständische Unternehmen ohne Tarifbindung zugänglich gemacht werden. Eine verpflichtende Tarifbindung greift zu kurz, da sie die Realität vieler Unternehmen verkennt. Statt starrer Regelungen braucht es flexible, bedarfsgerechte Lösungen, die die Interessen von Unternehmen und Beschäftigten gleichermaßen würdigen.
Wir begrüßen eine Versicherungspflicht für Selbstständige mit einer Opt-Out-Möglichkeit für diejenigen, die eine gleichwertige Altersvorsorge nachweisen können. Dies stärkt die Eigenverantwortung und schützt Selbstständige vor Altersarmut, ohne sie übermäßig zu belasten.
Gesundheit und Pflege
Das deutsche Gesundheitswesen basiert auf den zwei Säulen aus privater (PKV) und gesetzlicher Krankenversicherung (GKV). Dieses duale System ermöglicht eine flächendeckende medizinische Versorgung und fördert Innovationen, die allen Versicherten zugutekommen. Eine starke PKV ist unverzichtbar, denn sie sichert bereits jetzt mit einem überproportionalen Beitrag – zehn Prozent Privatversicherte bringen 20 Prozent des Umsatzes in Arztpraxen – die Finanzierung der Gesundheitsinfrastruktur, die von allen genutzt wird.
Wir als Versicherer setzen auf ein stabiles, finanziell sicher aufgestelltes Gesundheits- und Pflegeversicherungssystem in Deutschland durch unser klares Bekenntnis zu einem effizienten, dualen System und zu mehr Eigenvorsorge. Dabei gilt: Nur in einem funktionierenden Systemwettbewerb bleiben die Vorteile des dualen Systems erhalten. Dieser Wettbewerb muss gestärkt werden, indem die PKV Gestaltungsrechte analog zur GKV erhält, etwa hinsichtlich Digitalisierung und Datennutzung (verpflichtende Befüllung der elektronischen Patientenakte in Arztpraxen und Apotheken, datengestützte Erkennung individueller Gesundheitsrisiken) sowie mit Blick auf die Förderung von Prävention und gesundheitsbewusstem Verhalten durch Bonusprogramme.
Zur Sicherung des dualen Gesundheitssystems bedarf es der garantierten Wahlfreiheit der Versicherten: Dafür muss die Versicherungspflichtgrenze wieder auf das Niveau der Beitragsbemessungsgrenze abgesenkt werden. Zudem sollten Privatversicherte das Recht bekommen, nach fünfjähriger Versicherung in der PKV verbleiben zu dürfen, auch wenn ihr Einkommen unter die Versicherungspflichtgrenze sinkt.
Durch Altersrückstellungen – aktuell mehr als 340 Millarden Euro – betreibt die PKV die notwendige generationengerechte Vorsorge. In unserer alternden Gesellschaft ist es wichtig, die Pflegeversicherung kapitalgedeckt weiterzuentwickeln. Mit einer Zusatzversicherung ist es möglich, die drohende Finanzierungslücke der gesetzlichen Pflegeversicherung individuell zu schließen. So nehmen wir Druck von der umlagefinanzierten sozialen Pflegeversicherung und vermeiden, dass die jüngeren Generationen immer weiter belastet werden. Die betriebliche Pflegeversicherung muss eine wichtige Säule in der Absicherung des Pflegerisikos werden. Durch gezielte staatliche Förderung der privaten und betrieblichen Pflegevorsorge, etwa durch Befreiung der Beiträge von Steuern und Sozialversicherungsabgaben, kann der Gesetzgeber die Eigenverantwortung stärken und Vorsorgelösungen für Unternehmen attraktiver machen.
Ein kluges Zusammenspiel aus privater Eigenvorsorge, betrieblicher Vorsorge und solidarischer Finanzierung ist Voraussetzung, um unsere sozialen Sicherungssysteme fit für die Zukunft zu machen und eine verlässliche Gesundheits- und Pflegeversorgung für alle Versicherten sicherzustellen. Durch nachhaltige Reformen hat die neue Bundesregierung die Chance, das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Altersvorsorge zu stärken.“
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