Versicherungsaktuare fordern Reform aller drei Säulen der Rentenversicherung

Susanna Adelhardt, stellvertretende Vorsitzende der DAV und Vorstandsmitglied des IVS.
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Susanna Adelhardt, stellvertretende Vorsitzende der DAV und Vorstandsmitglied des IVS.

Anfang November hatte der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Lage – kurz auch „die Wirtschaftsweisen“ genannt – ein Positionspapier zu notwendigen Veränderungen bei der gesetzlichen Rentenversicherung vorgelegt. Die Deutsche Aktuarvereinigung (DAV) plädiert vor dem Hintergrund abermals für grundlegende Reformen aller drei Säulen der Alterssicherung.

„Der aktuelle Vorstoß des Sachverständigenrates sollte Anlass sein, noch einmal in eine grundlegende Diskussion über die Ausrichtung der Alterssicherungssysteme einzusteigen“, sagt Susanna Adelhardt, stellvertretende Vorsitzende der DAV und Vorstandsmitglied des IVS. Die beiden Aktuar-Organisationen sprechen sich seit Jahren dafür aus, grundlegende Erkenntnisse des demografischen Wandels auch in die Gestaltung der gesetzlichen Rentenversicherung einfließen zu lassen.

„Das Verhältnis von Einnahmen und Ausgaben wird sich ohne grundlegende Reform deutlich verschlechtern“, so Adelhardt weiter. „Nach den anerkannten Grundsätzen der Versicherungsmathematik bleiben nur wenige Stellschrauben: nochmals massiv steigende Steuerzuschüsse aus dem allgemeinen Staatshaushalt, höhere Beiträge, ein geringeres Rentenniveau oder ein späterer Renteneintritt.“

Höhere Beiträge, geringeren Rentenniveau, späterer Renteneintritt

Ein späterer Renteneintritt sei auch Bestandteil des umfangreichen Maßnahmenkatalogs des Sachverständigenrates. Konkret solle der Renteneintritt an die steigende Lebenserwartung gekoppelt werden, so Adelhardt. „Ein Großteil der jetzt in das Berufsleben einsteigenden Bürgerinnen und Bürger wird voraussichtlich deutlich älter als 85 Jahre. Wir können diese an sich erfreuliche Entwicklung bei der Ausgestaltung der gesetzlichen Rentenversicherung nicht ignorieren, wenn wir die Finanzierungslasten zwischen den Generationen einigermaßen gerecht verteilen wollen.“

Die Ungewissheit bei der Entwicklung der Lebenserwartung spreche dafür, dass das Risiko, gegen Ende des Lebens ohne Geld dazustehen, im Zusammenspiel der Altersvorsorgesysteme unbedingt abgesichert werden müsse. Gerade Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen, insbesondere aber auch Frauen, die im Durchschnitt weniger Rentenpunkte während ihres Erwerbslebens sammeln als Männer, seien darauf existenziell angewiesen.

„Daher spielt die lebenslange Rentenzahlung in der gesetzlichen Rentenversicherung, aber genauso in der betrieblichen Altersversorgung und der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge, eine so wichtige Rolle bei der Lebensstandardsicherung“, so Adelhardt weiter. 

Reformen: „Es muss definitiv etwas passieren“

Zum umlagefinanzierten System der reformbedürftigen GRV sind die beiden anderen Säulen mit ihren kapitalgedeckten Finanzierungsformen aus Sicht der Versicherungsmathematikerin eine ideale Ergänzung, um die in der staatlichen Alterssicherung auftretenden Versorgungslücken zu reduzieren.

Hier gehe es vornehmlich um Leistungen der betrieblichen Altersversorgung und der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge. Sie könnten wesentlich dazu beitragen, den Lebensstandard in Rentenalter zu sichern. Laut der Aktuarin brauche es eine deutliche Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung auch bei kleineren und mittelgroßen Unternehmen und ihren Mitarbeitenden. „Statt bei angepeilten 80 Prozent liegt der Verbreitungsgrad seit Jahren bei lediglich knapp über 50 Prozent“, so Adelhardt

Zudem fordern die beiden Aktuar-Verbände Reformen bei der Riester-Rente in der privaten Altersvorsorge und der Beitragszusage mit Mindestleistung in der betrieblichen Altersversorgung, die beide eine Garantie der eingezahlten Beiträge vorsehen. „Durch Garantieabsenkungen unter den Beitragserhalt sind aus unserer Perspektive deutlich bessere Erträge zu erwarten, und die Attraktivität der Angebote steigt. Weniger ist mehr; der Gesetzgeber muss es nur zulassen. Es muss aber definitiv etwas passieren“, so Adelhardt.

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