„Blickt man auf die Zahlen, die das Statistische Bundesamt gerade veröffentlicht hat, ist die Teuerungsrate in Deutschland im vergangenen Jahr durchschnittlich auf 7,9 Prozent angestiegen“, so der DAV-Vorsitzende Dr. Herbert Schneidemann. Das bedeute höhere Kosten für Verbraucher, aber genauso für die Wirtschaft. Die Versicherungsbranche sei hiervon nicht ausgenommen: „Die anhaltende Inflation hat einen gravierenden Einfluss auf das Versicherungsgeschäft.“
Höhere Beiträge bei Schaden- und Unfallversicherungen
Konkret bedeutet das zum Beispiel, dass spürbare Kostensteigerungen in der Schadenregulierung von Versicherern zu beobachten sind, die wiederum zu höheren Beiträgen führen werden oder bereits geführt haben. „So haben viele zum Jahreswechsel die ersten Auswirkungen in Form von ge-stiegenen Beiträgen zur Kfz-Versicherung bemerkt“, erklärt Herbert Schneidemann. Mit weiteren kurzfristigen Preisanpassungen wird vermutlich aufgrund der schnell gestiegenen und weiter steigenden Schadenkosten, die wesentlich von der extremen Erzeugerpreisinflation gespeist wer-den, zu rechnen sein. Das wiederum kann auch Auswirkungen auf das Verbraucherverhalten haben. Wer weniger Geld zur Verfügung hat, versucht Ausgaben zu kürzen. Herbert Schneidemann: „Wir gehen davon aus, dass mancher Versicherungsnehmer aus Kostengründen auch auf sinnvolle Ab-sicherungen verzichten wird.“
Lebensversicherungen: Mittelfristiger Einfluss auf die Überschuss-beteiligungen
Gleichwohl hat die Entwicklung des vergangenen Jahres auch positive Effekte mit sich gebracht. Zweifelsohne haben sich durch die mit der Inflation einhergehenden gestiegenen Zinsen die Ertragsaussichten in der Kapitalanlage, insbesondere der Lebensversicherer, verbessert. Allerdings ist ein Großteil der Assets in festverzinslichen und länger laufenden Anleihen angelegt. Das sichert vor Verlusten und gegen sinkende Zinsen ab, bringt aber auch geringere Renditechancen als bei risikoreicheren Anlagen beziehungsweise eine verzögerte Partizipation an steigenden Zinsen mit sich. In den vergangenen Wochen sorgten gestiegene Überschussbeteiligungen bei einigen Anbietern im Markt für Schlagzeilen. „Im Marktdurchschnitt deutlich steigende Überschussbeteiligungen sind für den Großteil der Branche dennoch erst mittelfristig zu erwarten“, so Herbert Schneidemann. „Denn nur die Neuanlage kann von dem attraktiveren Zinsumfeld profitieren.“ Da viele Versicherer noch einen großen Teil an lange laufenden und im Nied-rigzinsumfeld erworbenen Anleihen halten, können sie erst sukzessive daran teilhaben.
PKV von Inflation aktuell weniger betroffen
Maßgeblich für die Beitragserhöhungen in der PKV ist die medizinische Inflation, die die Leis-tungssteigerungen in den Tarifen der PKV beschreibt. Die aktuell zu beobachtenden Folgen der allgemeinen Teuerungsrate und die damit einhergehenden Zinserhöhungen haben sich im Jahr 2022 noch nicht in deutlich steigenden Kosten bei den privaten Krankenversicherungen manifestiert. In der Folge steigen die Beiträge im Jahr 2023 im Rahmen der Erhöhungen der Vorjahre. Zusätzliche beitragserhöhende Effekte aufgrund der Auswirkung der gestiegenen Inflation auf die Preise sind erst für die Jahre 2024 und folgende zu erwarten, wobei das gestiegene Zinsniveau mittelfristig auch zu einem gegenläufigen, entlastenden Effekt führen kann. Herbert Schneidemann: „ Das heißt, dass sich die Folgen der Inflation bei den privaten Krankenversicherungen erst noch zeigen werden.“
Hintergrund zur allgemeinen und medizinischen Inflation
Die allgemeine Inflation bezeichnet die Kostensteigerung für Verbraucher, die durch das Statistische Bundesamt mittels eines fiktiven Warenkorbs von 650 Güterarten mit unterschiedlicher Gewichtung berechnet wird. Dort fließt auch die Inflation des Warenkorbs Gesundheit ein. Die medizinische Inflation hingegen ist ein unspezifischer Begriff, der die Leistungsausgabensteigerung im Gesundheitswesen insgesamt und damit auch in den Tarifen der PKV beschreibt. Treiber der medizinischen Inflation sind steigende Behandlungskosten im ambulanten und stationären Bereich sowie bei Medikamenten. Über steigende Löhne und Gehälter und Produktionskosten wirkt die allgemeine Inflation auch auf die Gesundheitsausgaben und die medizinische Inflation. Darüber hinaus ist vor allem der medizinisch-technische Fortschritt ein Treiber der medizinischen Inflation. Die Entwicklung neuerer und teurerer Medikamente, Hilfsmittel, Behandlungsmethoden oder weiterentwickelter Diagnostik führt zu einer medizinischen Inflation, die in der Vergangenheit regelmäßig über dem Durchschnitt der allgemeinen Inflation lag.