Seit fast drei Jahren sind die Anlagemärkte durch Verunsicherung und eine hohe Volatilität geprägt. Wie hat Carestone als Marktführer im Bereich Senioren- und Pflegeimmobilien diese Zeit erlebt?
Pawils: Von Verunsicherung oder Volatilität spüren wir in unserem Geschäftsfeld wenig. In einer Branchenumfrage der Messe München anlässlich der diesjährigen Expo Real sehen mehr als zwei Drittel der Befragten die Klasse der Pflegeimmobilien als diejenige mit dem größten Bedeutungszuwachs in den kommenden Jahren. Das deckt sich mit unserem rasanten Wachstum. Carestone hat mittlerweile ein Projektvolumen von mehr als 2,6 Milliarden Euro platziert. Wir haben insgesamt knapp 18.000 Apartments verkauft und mehr als 19.000 Pflegeplätze geschaffen. Aktuell arbeiten wir an Projekten im Wert von rund 1,6 Milliarden Euro.
Wie hat sich der Markt für Pflegeimmobilien zuletzt entwickelt?
Pawils: Der Markt für Pflegeimmobilien wird nach wie vor durch den demografischen Wandel und den riesigen Investitionsbedarf getrieben. Die Nachfrage übersteigt das Angebot, weshalb sich die Entwicklung auch äußerst robust darstellt. In Deutschland wurde allein in der ersten Jahreshälfte etwa eine Milliarde Euro in Seniorenresidenzen und Pflegeheime investiert.
Lange galt für den Immobilienmarkt hierzulande nur eine Richtung – nach oben. Anfang des Jahres gab es jedoch bei Preisen erste Bremsspuren. Und auch die Bauzinsen haben ihren Tiefflug zunächst beendet – mit welchen Folgen für das Segment Senioren- und Pflegeimmobilien?
Pawils: Die anhaltend hohe Inflation bleibt das beste Argument für Immobilien-Investments. Innerhalb unseres Teileigentumvertriebs steigt daher die Nachfrage jener Käufer spürbar, die ihr Erspartes in der momentanen Marktsituation schützen möchten. Zudem wirkt der demografische Wandel als Markttreiber. Das bedeutet, unabhängig vom konjunkturellen Umfeld steigt der Bedarf an seniorengerechtem Wohnraum stetig. Und noch immer werden viel weniger Pflegeimmobilien gebaut als benötigt werden. Nicht zuletzt hat sich spätestens seit der Corona-bedingten Krise ein gesellschaftliches Verständnis darüber entwickelt, dass gerade im Pflegemarkt nicht weiter gespart werden kann und stattdessen Geld und Reformen nötig sind. Auch das gibt dem Pflegeimmobilienmarkt weiteren Rückenwind.
Trifft Sie die Krise denn auf der anderen Seite Ihrer Wertschöpfungskette, also in Projektplanung und Bau?
Pawils: Natürlich spüren wir die ökonomische Entwicklung. Die Herausforderungen, die wir als Entwickler und vielfacher Bauherr mit Projekten in ganz Deutschland haben, sind dabei eher die bestehende Materialknappheit, Lieferengpässe und gestiegene Preise. Das fangen wir allerdings dadurch auf, dass Carestone-Objekte den immer gleichen Planungsprinzipien folgen. So profitieren wir davon, dass unsere Immobilien bei Übergabe an die Generalunternehmer bereits komplett durchgeplant sind. Diese können dadurch sehr frühzeitig bei ihren Zulieferern Materialpreise sichern. Und davon profitieren natürlich wiederum unsere Kunden.
Die zuletzt nahezu zweistelligen Inflationsraten sind ein Stresstest für viele Vermögen. Inwieweit können Anleger durch ein Investment in Senioren- und Pflegeimmobilien gegensteuern?
Pawils: Die Anlage in Pflegeimmobilien ist die richtige Antwort auf sich verändernde Märkte und die Inflation. Unsere Produkte sind krisenrobust. Und die Metapher vom „Betongold“ ist jedem Anleger bekannt. Konkret treten wir der Inflation zum Beispiel durch indexierte Mietverträge mit den Betreibern entgegen. Dank dieser Wertsicherungsklausel werden die Auswirkungen der Teuerung für unsere Kunden deutlich abgepuffert.
Schauen wir auf die künftige Entwicklung des Segments, die aufgrund des Demografie-Trends alles andere als schlecht aussehen dürfte. Welche Wachstumsraten erwarten Sie bei Senioren- und Pflegeimmobilien?
Pawils: Der Markt ist riesig. In Deutschland sprechen wir von einem aktuellen Anlageuniversum in Gesundheitsimmobilien von 201 Milliarden Euro. Allein die Bauprojekte, die bis Ende 2024 fertig werden sollen, sind mindestens neun Milliarden Euro wert. Dazu kommt der Blick auf die Zahl der Pflegebedürftigen. Einer Prognose des Wissenschaftlichen Instituts der AOK zufolge steigt sie von rund 3,5 Millionen heute auf rund 4,4 Millionen in 2040. Zur Deckung der Nachfrage nach Pflegeimmobilien sind nach vorsichtigen Schätzungen schon bis 2030 voraussichtlich 30 Milliarden Euro an Neuinvestitionen erforderlich. Für die Sanierung bestehender Einrichtungen dürften weitere 40 Milliarden Euro benötigt werden. Es braucht dringend privates Kapital, um den Auswirkungen des demografischen Wandels zu begegnen.
Gibt es weitere Trends?
Pawils: Wie in anderen Branchen wird das Thema Nachhaltigkeit immer wichtiger. Nicht nur Investoren achten darauf. Wir haben schon länger die strategischen Weichen entsprechend gestellt. Im hessischen Kalbach setzen wir beispielsweise in einem Pilotprojekt erstmalig auf eine hybride Holzmodulbauweise und erfüllen damit den Energiestandard KfW 40 NH. Zudem sind wir der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) beigetreten. In diesem Frühjahr haben wir darüber hinaus unseren ersten Nachhaltigkeitsbericht vorgelegt. Und schon jetzt haben wir laut der ESG-Ratingagentur Sustainalytics eines der weltweit besten Nachhaltigkeits-Ratings unter den dort bewerteten Immobilien-Entwicklern.
Kann man aus Nachhaltigkeits-Sicht denn einfach so verschiedene Immobilien wie Hotelgebäude oder Pflegeheime miteinander vergleichen?
Pawils: Eindeutig nein. Deshalb setzen wir uns als DGNB-Mitglied sehr für die Entwicklung einer neuen, angepassten Nachhaltigkeitsbewertung ein. Zumal es bislang für die umfangreichen Zertifizierungen keine eigene Klasse speziell für Pflegeimmobilien gibt. Das wäre aber notwendig. Denn es gibt nun einmal besondere Anforderungen für die Pflege. Dazu zählen die Ausstattung sämtlicher Apartements mit eigenen Bädern und konsequente Barrierefreiheit, weshalb der ökologische Fußabdruck dieser Immobilienklasse nicht so einfach mit jenem größerer Wohn- oder Hotelgebäude vergleichbar ist.
Abgesehen von Nachhaltigkeitskriterien, worauf sollten die Kapitalanleger beim Objekterwerb achten?
Pawils: Sie sollten zunächst ihre Anlagestrategie und ihren Anlagehorizont zugrunde legen. Daraus ergibt sich dann zum Beispiel, ob es für sie besser ist, in Bestandsimmobilien zu investieren oder in Neubauten. Damit verknüpft ist auch die Frage, ob Anleger vor allem Eigenkapital oder Fremdkapital beim Objekterwerb einbringen wollen. Darüber hinaus sollten Anleger in Krisenzeiten, wie wir sie aktuell erleben, auf starke Partner setzen – also solche, die seit Jahren erwiesenermaßen für stabile Mehrwerte stehen. Partner, deren Know-how durch eine Vielzahl umgesetzter Projekte belegt ist. Bestenfalls sollte auch die Wertschöpfung von der Projektierung, über den Bau bis hin zum Vertrieb in einer Hand liegen. Bei den Immobilien selbst geben bewährte Standorte und bewährte Betreiber mit über viele Jahre laufenden Verträgen Sicherheit. Nicht zuletzt lässt sich Carestone als Marktführer die eigene Bauqualität auch immer wieder zertifizieren, zum Beispiel von der Dekra als unabhängige Prüfinstanz.
Welche Projekte setzt Carestone aktuell um, was planen Sie für die kommenden Monate?
Pawils: Die Liste ist lang. Unser Team arbeitet derzeit an mehr als 90 Projekten – von der Entwicklung, über den Bau bis hin zum Vertrieb. Es drehen sich Kräne über mehr als 40 Carestone-Baustellen. Über 30 Objekte mit rund 850 Apartments sind im Vertrieb. Damit sind wir der Anbieter mit dem deutschlandweit größten Portfolio an verfügbaren Pflegeimmobilien.
Welche Projekte stechen heraus?
Pawils: Die Liste ist ebenso lang. Um nur einige zu nennen: Am erstklassigen Standort Essen-Kettwig haben wir jüngst die Sanierung eines Bestandshauses mit 76 stationären Pflegeapartments und 41 barrierefreien Wohnungen abgeschlossen. Das besonders nachhaltige Projekt in Kalbach mit seinen attraktiven KfW-Fördermöglichkeiten haben wir schon erwähnt. Zwei kleinere Immobilien für barrierefreies Wohnen, Tagespflege und einem großartigen Pflegekonzept warten im ostwestfälischen Landkreis Herford. Und im rheinhessischen Mommenheim entsteht derzeit ein Seniorenzentrum mit Wohngemeinschaftsplätzen, Betreuten Wohnungen und Tagespflege in einem modernen Neubau, der in enger Zusammenarbeit mit der Gemeinde konzeptioniert wurde.