„Der deutsche Cybermarkt ist die mit Abstand am schnellsten wachsende Sparte“

Foto: CyberDirekt
Hanno Pingsmann (li.) und Ole Sieverding, CyberDirekt

Die Folgen von Cyberattacken werden für große und kleine Unternehmen immer gravierender. Die steigende Zahl der Angriffe und die hohen Schadensummen führen aber auch zu einem rapide wachsenden Angebot bei Cyberversicherungen im Versicherungsmarkt. Zum fünfjährigen Bestehen hat die Plattform Cyber Direkt eine neue Studie zum Cybersicherheitsmarkt in Deutschland vorgestellt.

„Als Cyber Direkt am 1. März 2018 den ersten Marktvergleich von Cyber-Policen auf dem deutschen Markt startet, war die Nachfrage im KMU-Segment noch gering war“, sagt Geschäftsführer Hanno Pingsmann. Mit explosionsartig steigenden Cyberschäden und einer stetig wachsenden Präsenz von Hackerangriffen in den Medien habe sich dies grundlegend geändert. Die Nachfrage nach Cyberschutz ist rasant gestiegen, so Pingsmann.

Stetige Anpassung an Marktentwicklungen

Laut Pingsmann hat sich auch das Angebot an Cyber-Versicherungen im deutschen Markt deutlich ausgeweitet, die Heterogenität von Tarifen und Prämien habe in den letzten Jahren immens zugenommen. Neue Versicherer und Assekuradeure seien zudem in den Markt eingetreten und einige andere haben sich ganz oder teilweise schon wieder verabschiedet. Insgesamt hat sich auch die Anzahl der auf der CyberDirekt Plattform abgebildeten Produkte auf 14 Anbieter mit 35 Tarifen erweitert. „Wir rechnen dieses Jahr damit, drei weitere Versicherer in den Marktvergleich zu bringen. Unser Ziel ist maximale Transparenz und Einfachheit in der Beratung und für die Kunden“, sagt Pingsmann. Aufgrund der dynamischen Risikolage würden die Versicherer in immer kürzeren Zyklen die Underwritingrozesse und Versicherungsbedingungen anpassen.

Prävention hat signifikant an Bedeutung gewonnen

Aufgrund der Kundenwünsche und um der gestiegenen Risikolage zu begegnen, hat Cyber Direkt das Präventionsangebot für über die Plattform abgeschlossene Versicherungen in den letzten Jahren kontinuierlich erweitert und enthält mittlerweile auch einen Security-Check für Webseiten sowie einen Phishing-Simulationstest. Auch die Mitarbeiterschulungen würden fortlaufend aktualisiert und erweitert und seien inzwischen auch in englischer Sprache verfügbar, sagt der Geschäftsführer.

“Wir merken, dass sich gerade kleine und mittlere Unternehmen schwer tun, ihre aktuelle Gefahrenlage und das eigene Schutzniveau durch IT-Sicherheit einzuschätzen“, ergänzt Ole Sieverding, Co-Geschäftsführer bei Cyber Direkt. „Diese Lücke wollen wir mit unserer aggregierten Erfahrung als Spezialist und vor allem auch aus Schadenerfahrungen schließen und uns als Gesellschaft so besser vor Cyber-Gefahren zu schützen”, sagt Sieverding.

Das Angebot von Präventionsleistungen hat laut Sieverding über die letzten fünf Jahre einen immer höheren Stellenwert gewonnen. Das zeigte sich nicht zuletzt darin, dass Versicherer besondere Bemühungen der Unternehmen stärker honorieren wollen. Eine Reduzierung des Selbstbehalts durch absolvierte Mitarbeitersensibilisierung oder der Verzicht auf Obliegenheiten nach positivem Risiko-Check sind nur einige Beispiele, so Sieverding.

Mit Präventionsangeboten, welche bei den Unternehmen täglich im Einsatz sind, habe die Versicherungsbranche die Chance, die Interaktion mit dem Kunden außerhalb der Abschluss- und Renewalprozesse signifikant zu steigern und gleichzeitig die Eintrittswahrscheinlichkeit eines Schadensfalls zu reduzieren, sekundiert Pingsmann.

So wurden auf der Technologieplattform bisher mehr als 25.000 Mitarbeiter für ein Cyber-Training angemeldet. Mit dem seit Mitte 2019 verfügbaren Phishing-Simulationstest wurden über 120.000 E-Mails zu Trainingszwecken an Mitarbeiter der Versicherungsnehmer verschickt. Ergebnis: „Ungefähr 20 Prozent der E-Mails werden geöffnet und im Mittelwert fünf Prozent der darin enthaltenen Links angeklickt“, sagt Pingsmann.

Höhere Aktivität der Makler

Nach Aussage der beiden Geschäftsführer ist das Interesse an Cyber-Versicherungen und die organische Nachfrage nach Cyberschutz nach anfänglichem Zögern in den letzten Jahren buchstäblich durch die Decke gegangen. „Immer mehr Unternehmen sehen eine Cyberversicherung als Teil ihrer IT-Sicherheitsstrategie und gehen proaktiv auf die Vermittler zu. Sobald die erste Hemmschwelle überwunden ist, starten immer mehr Makler vertrieblich mit Cyber durch. Folglich ist die durchschnittliche Aktivität der Versicherungsmaklerauf der CyberDirekt Plattform im Zeitverlauf signifikant angestiegen“, sagt Sieverding.

Insgesamt verzeichnete CyberDirekt im Jahr 2022 über 18.000 Logins in das Maklerportal. Nach Aussge Sieverdings wurden insgesamt rund 4.000 Angebote über die Plattform erstellt sowie an Kunden versendet. „Aufgrund der Heterogenität der Bedingungswerke und der Geschwindigkeit von Produktanpassungen ist es für den Einzelnen kaum mehr möglich, jederzeit den Marktüberblick zu behalten, um den Kunden das individuell beste Angebot vermitteln zu können”, sagt Sieverding.

Verdopplung des Prämienvolumens

“Die gebuchten Beitragseinnahmen der Cyberversicherer in Deutschland haben sich in den vergangenen fünf Jahren von 124 Millionen Euro im Jahr 2018 auf schätzungsweise 500 Millionen Euro Ende 2022 vervierfacht. Mit einer Wachstumsrate von aktuell etwa 50 Prozent ist der deutsche Cyber-Markt mit Abstand die am schnellsten wachsende Sparte. Zum Vergleich wächst die Sachversicherung in Deutschland insgesamt nur mit fünf Prozent und der Cyber-Markt weltweit mit etwa 20 Prozent“, sagt Pingsmann.

Diese Dynamik spiegel sich nach Angaben des Geschäftsführers auch in den Geschäftszahlen von Cyber Direkt wider. Die Vertriebsplattform für Cyber-Versicherungen konnte im Geschäftsjahr 2022 einen Anstieg des Prämienvolumens von 104 Prozent ausweisen. Das Wachstum ist fast ausschließlich durch Neuabschlüsse getrieben. Die vielerorts im Cyber-Versicherungsmarkt beobachteten Preissteigerungen zum Renewal machten weniger als zehn Prozent des Zuwachses aus.

„Der Preisauftrieb im Cybermarkt wird erst 2023 das KMU-Segment erreichen“ lässt Pingsmann durchblicken. Einzelne Versicherer nähmen flächendeckend Bestandssanierungen vor, was dazu führe, dass die Makler im Vergleich zu den früheren Phasen des Cyber-Markts stärker gefordert seien, die am Markt verfügbaren Angebote zu sondieren und das aktuell am besten passende Angebot zu finden.

Wie sinnvoll ist eine Cyberversicherung?

Cyber-Versicherungen werden gebraucht, was den Leistungskern der Deckungskonzepte eindrucksvoll unter Beweis stellt, die Risikoträger aber dadurch gleichermaßen unter Druck setzt. „Die Frage, für wen eine Cyberversicherung sinnvoll ist, stellt sich nicht mehr. Sie wird selbstverständlicher Teil eines ganzheitlichen IT-Sicherheitskonzepts. Immer mehr Kunden, Lieferanten und auch Investoren setzen den Versicherungsschutz gegen Cyber-Risiken bei ihren Geschäftspartnern voraus und dieser wird zunehmend auch als Qualitätsmerkmal wahrgenommen. Denn um diesen Schutz einkaufen zu können, werden von den Versicherern immer höhere IT-Anforderungen gestellt“, resümiert Sieverding. „Bis 2025 wird die Cyberversicherung in Deutschland ein Milliardenmarkt sein und bald die D&O-Versicherung sowie die Vertrauensschadenversicherung in Ihrer Größe und Relevanz überholen“, prognostiziert der Experte.

Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments