Die Aussichten auf einen harten Brexit haben sich damit wohl erhöht, darüber sei sich der Markt bewusst. „Unter diesen Umständen würde die Wahrscheinlichkeit eines Sieges für die Labour Partei steigen – und die wird allgemeinhin als unternehmens-, schulden- und damit marktfreundlich wahrgenommen“, ergänzt Frost.
Unter solchen Umständen ist es eigentlich nur logisch, dass sich das britische Pfund abschwächt und die verschiedenen Anlageklassen das Risiko einpreisen. Doch weit gefehlt, sagt Frost: „Wir befinden uns in einer politisch chaotischen Phase mit viel Ungewissheit. Das Abwärtsrisiko ist deutlich. Doch eingepreist wird es erst, wenn die Konservativen ihren neuen Parteivorsitz benennen.“
Neukonfiguration in Europa
Währenddessen wirken die Ergebnisse der Europawahl dramatischer als sie eigentlich sind. Alle hatten mit einem Siegeszug der Nationalisten gerechnet, der jedoch – bis auf Italien – ausgeblieben ist. „Die Mitte-Rechts-Parteien wurden bei der Europawahl geschwächt. Dafür stehen ihnen nun starke Grüne und Liberale zur Seite, die sogar noch deutlicher für eine europäische Integration sind“, glaubt Browne.
„Es wird vermutlich einen Kampf um die Spitzenpositionen geben, wahrscheinlich ist jedoch, dass die an eindeutig pro-europäische Politiker gehen, denen ein umsetzbarer Konsens gelingen dürfte.“
Interessant sei indessen die Besetzung des EZB-Chefs. Würde der bisherige Bundesbankpräsident Jens Weidmann berufen, könnte das zu Unsicherheit bis hin zur Besorgnis führen, glauben die beiden Europa-Experten der Legg Mason-Tochterfirma. Zittern dürften dann vor allem italienische Schuldner sowie die Bankenbranche.
Wenn sich der Staub legt
Forst und Browne warten nun also ab, bis sich der politische Staub über Europa gelegt hat. Sie glauben, insbesondere nach der Europawahl würde man sich schnell wieder auf die eigentlich dringlichen Aufgaben konzentrieren. Schließlich gäbe es einen deutlichen Abschwung in der Industrie, allen voran in der Fertigung, von dem viele glauben, er hänge mit dem Handelskrieg zwischen den USA und China zusammen.
Die beiden Europafondsmanager zeigen jedoch auch, dass dieser Abschwung bereits in der zweiten Hälfte 2018 und damit vor dem Konflikt begonnen hat. „Sollte sich das Schwächeln der Industrie bis auf den Service-Sektor ausdehnen, könnte der wirtschaftliche Abschwung deutlich stärker als bisher ausfallen. Das wiederum würde den politischen Druck in den hochverschuldeten europäischen Ländern erhöhen, mit entsprechender Fiskalpolitik zu antworten, was die EU ihrerseits ablehnen würde“, führt Browne aus.
Milde Rezession setzt bereits ein
Frost ergänzt: „In einem solchen Szenario steht die EZB unter Druck, ihre quantitative Lockerung zu erneuern, wovon Deutschland nicht begeistert wäre.“ Das Risiko einer deutlichen Rezession wie wir sie 2008/2009 erlebt haben, sei aktuell jedoch nicht groß. Vermutlich befinden wir uns bereits in einer milden Variante. Das Risiko diese milde Rezession mit politischen Fehlern – egal ob monetär, steuerpolitisch oder auf Bankenebene – zu vertiefen, sei hingegen real. „Erst wenn die Märkte sich substanziell zurückziehen, gibt es wieder Einstiegsgelegenheiten“, schließt Browne ab.
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