PKV wird zum Lotsen im Gesundheitsdschungel

AXA Karsten Dietrich
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Dr. Karsten Dietrich: „Die Angebote stoßen auf eine besonders positive Resonanz.“

In der privaten Krankenversicherung geht es längst nicht mehr nur um Leistungsübernahme oder Kostenerstattungen. Viele Services sind dank der Digitalisierung erst möglich geworden. Doch die Datennutzung und digitale Vernetzung stellt auch neue Anforderungen an den Datenschutz. Von Dr. Karsten Dietrich

Bereits seit vielen Jahren erwarten Versicherte von ihrer privaten Krankenversicherung (PKV), dass diese die Rolle eines Partners bei allen Fragen rund um die Gesundheitsversorgung einnimmt. Es geht nicht mehr „nur“ darum, dass eine PKV wie vertraglich vereinbart die Kosten für medizinische Leistungen übernimmt. Vielmehr wünschen sich viele Versicherte, dass ihre PKV ihre spezifische gesundheitliche Situation kennt und sie individuell in allen Lebensphasen aktiv begleitet.

Sie soll eine Ansprechpartnerin sein, die bei Bedarf an ihrer Seite ist, und sie wie ein zuverlässiger Lotse durch den „Gesundheitsdschungel“ navigiert. Außerdem möchten Versicherte einfach, bequem und rund um die Uhr mit ihrer Versicherung kommunizieren: egal ob persönlich, digital oder in einer Kombination aus beidem. Diesem Anspruch wird die PKV-Branche seit vielen Jahren meist gerecht.

Digitale Vernetzung fördert Kundenzufriedenheit

In einigen Situationen treffen die Ansprüche der Versicherten jedoch noch auf eine Realität, in der Krankenversicherer noch nicht das leisten (können), was die Versicherten erwarten. Ein Beispiel: Versicherte wundern sich bei der Nutzung digitaler Gesundheitsservices darüber, dass sie erneut aufgefordert werden, Informationen zu ihrem Gesundheitszustand bereitzustellen. Sie fragen sich: Warum soll ich nochmals einen Fragebogen ausfüllen? Meine Krankengeschichte sollte doch schon längst bekannt sein.

In der Tat liegen diese Informationen häufig bereits vor. Sie sind in den Systemen erfasst und gespeichert. Die Herausforderung jedoch: Viele Krankenversicherer bieten zwar digitale Services, die Daten nutzen, es handelt sich jedoch dabei häufig noch um sogenannte „Stand-Alone-Lösungen“. Das heißt, die Angebote und verwaltungstechnische Abläufe sind (noch) nicht vollständig digital miteinander verknüpft. Die Kunden müssen ihre Daten daher aufs Neue angeben.

Wir bei Axa haben diese Herausforderung frühzeitig erkannt und vernetzen unsere digitalen Services und Prozesse konsequent dort, wo dies sinnvoll sowie (datenschutz-)rechtlich und technisch möglich ist. So können wir das volle Potenzial für die Gesundheitsversorgung entfalten – und Kundenzufriedenheit gewährleisten.

Ein Beispiel: Zu Beginn einer möglichen Erkrankung nutzen viele Versicherte das Angebot des „Online-Symptom-Checks“. Je nach Ergebnis bieten wir ihnen anschließend die direkt nahtlos angebundene Möglichkeit, über Videotelefonie persönlich mit dem sogenannten Online-Arzt zu sprechen – und das rund um die Uhr. Dieser diagnostiziert zum Beispiel einen grippalen Infekt, verordnet vor allem Ruhe und stellt auch ein Rezept aus. Auf Wunsch des Versicherten sucht der Online-Arzt anschließend sogar eine passende Apotheke für das Rezept. Wenn eine Apotheke mit Lieferservice ausgewählt wird, können unsere Versicherten das Arzneimittel direkt nach Hause geliefert bekommen. So trägt die Vernetzung dieser Services dazu bei, dass sich unsere Kunden auf das konzentrieren können, was wirklich wichtig ist: Gesund werden. Diese Angebote stoßen auf eine besonders positive Resonanz, wie die steigenden Nutzungszahlen zeigen.

Daten für individuelle Versorgungsangebote nutzen

In Zukunft würden wir gerne auf diese Art noch stärker für unsere Kunden aktiv werden. Heute stoßen wir jedoch noch auf begrenzte Berechtigungen, vorhandene Daten zu nutzen. Zum einen haben wir nach aktueller deutscher Rechtslage nur einen engen Spielraum in der Datennutzung. Und zum anderen lehnen manche Versicherte eine Datennutzung auch ab. Damit ich hier nicht falsch verstanden werde: Es ist das gute Recht unserer Versicherten, sich gegen eine Einwilligung zur Datennutzung zu entscheiden. Vielen ist allerdings auch nicht klar, welche Mehrwerte freigegebene und im besten Fall vernetzte Daten für eine individuelle und gezielte Gesundheitsversorgung bieten können.
Ein vergleichsweise einfaches Beispiel hierfür, das dennoch immer wieder beeindruckt: Auf Basis der Daten zur Krankheitshistorie können wir Wahrscheinlichkeiten für bestimmte Erkrankungen errechnen und somit potentiell betroffenen Kunden Vorsorgeuntersuchungen zielgerichtet empfehlen. Das klingt erst einmal sehr technisch, kann für Betroffene jedoch ein entscheidender Anstoß für eine lebenswichtige Untersuchung sein. Regelmäßig erhalten wir dankbare Rückmeldungen von Versicherten, denen wir aufgrund unserer Analyse etwa eine Darmkrebsvorsorge empfohlen haben – und es daraufhin tatsächlich einen Befund gab, der noch rechtzeitig behandelt werden konnte. Das zeigt: Gezielt genutzt, können Gesundheitsdaten Leben retten.

Und dabei ist der Rahmen klar gesetzt: Bei Axa hat der Schutz der personenbezogenen Daten allerhöchste Priorität. Wir beachten alle anwendbaren Datenschutzgesetze – und halten uns an darüberhinausgehende Standards. Wir wollen den Kunden auch die Angst nehmen, dass sich die mit uns geteilten Informationen für sie negativ auswirken. Fakt ist: Wir nutzen die Gesundheitsdaten während der Vertragslaufzeit nicht dazu, um Versicherungsleistungen zu kürzen oder individuelle Prämien zu erhöhen. Stattdessen sehen wir, dass sich die Qualität der Gesundheitsversorgung sowie die Zufriedenheit erhöht, wenn unsere Kunden Erfahrungen mit vernetzten Services und Angeboten machen. Und genau das ist unser Selbstverständnis: Wir sind aktiver und individueller Gesundheitspartner für unsere Versicherten.

Das beweisen wir seit über 20 Jahren mit unseren Gesundheitsangeboten im sogenannten „gesundheitsservice360°“. Gemeinsam mit Partnern bieten wir hier zahlreiche Services für die Prävention, Genesung und Rehabilitation an. So können wir unseren Versicherten zu jedem Zeitpunkt auf ihrer persönlichen Health Journey eine für sie passende individuelle Begleitung anbieten. Mit Blick auf eine optimale Gesundheitsversorgung der Versicherten und steigenden Gesundheitskosten eine Win-Win-Win-Situation – für die individuell Versicherten, das Kollektiv und uns als Versicherer.
Wir erweitern kontinuierlich unsere Gesundheitsangebote, auch um sicherzustellen, dass unsere Versicherten in Zukunft weiterhin optimal versorgt sind.

Daran arbeiten wir mit zahlreichen Partnern. Gemeinsam mit Microsoft haben wir kürzlich die digitale Gesundheitsplattform Healthanea gegründet. Healthanea wird den Zugang zu medizinischer Versorgung und Gesundheitsfürsorge weiter vereinfachen. Ziel ist es, medizinische Behandlungen und das Nutzungsverhalten der Patienten langfristig zu analysieren, um ihnen noch passendere Angebote unterbreiten zu können. Die Versicherten sollen unter anderem die Möglichkeit bekommen, durch die Selbstbewertung des eigenen Lebensstils frühzeitig Anzeichen von möglichen Risiken oder Erkrankungen zu erkennen und über Service-Tools präventiv und gezielt vorzusorgen.

Aufklärung und Schaffung eines rechtlichen Rahmens

Die Datennutzung und -vernetzung hat immer ein übergeordnetes Ziel: Wir möchten die Gesundheit unserer Versicherten fördern. Während einige Menschen skeptisch sind, haben andere Versicherte großes Vertrauen und sind offen für die Nutzung ihrer Daten. Sie sehen die Vorteile. Einige erwarten von uns sogar mehr als es uns der Datenschutz erlaubt.

Wir sehen es daher als unsere Aufgabe, unsere Versicherten weiter darüber aufzuklären, welchen Mehrwert eine Datennutzung für sie bringen kann, sodass sie informiert entscheiden können. Wir sehen aber auch den Gesetzgeber in der Verantwortung, einen Rahmen zu schaffen, der uns eine wirkungsvollere Datennutzung erlaubt. Grundsätzlich hat der Gesetzgeber die Vorteile erkannt. Im Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung sind mit dem Gesundheitsdatennutzungsgesetz aktuell wichtige Ergänzungen zu bereits bestehenden Rechtsgrundlagen geplant.

Diese und weitere Regelungen des Gesetzes sollten jedoch nicht auf die gesetzliche Krankenversicherung beschränkt bleiben, sondern auch für private Krankenversicherungen gelten. So fordert es aktuell auch der Verband der privaten Krankenversicherer. Darüber hinaus ist klar: In Anbetracht des technischen Fortschritts ist eine weitere Schaffung verlässlicher Rechtsgrundlagen entscheidend, damit wir in Zukunft einen noch größeren Mehrwert für unsere Versicherten und das ganze Gesundheitssystem hervorbringen können.

Autor Dr. Karsten Dietrich ist Vorstand der Axa Konzern AG und leitet das Ressort Personenversicherungen

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