Im vergangenen Jahr hieß es aus Ihrem Haus „Infrastruktur steht vor einem Superzyklus“. Inwieweit hat sich dieser bereits realisiert?
Maier: Der Superzyklus hat gerade erst damit begonnen, sich zu entfalten. Die aktuelle Krise hat bereits bestehende Entwicklungen sogar weiter befeuert. Speziell die Energieinfrastruktur befindet sich in einer Zeitenwende. So führt die Abhängigkeit von russischer Energie zu einem Umdenken in Europas Energiepolitik, wie der RePower-EU-Plan zeigt. Die bereits zuvor avisierte Transformation der Energieinfrastruktur soll damit beschleunigt werden. Dafür stehen bis 2030 zusätzlich 300 Milliarden Euro für Investitionen bereit. Auch in den USA sind Veränderungen sichtbar: Knapp drei Viertel des im August verabschiedeten 360 Milliarden US-Dollar schweren Inflation Reduction Act zielen darauf ab, die Energiekosten mithilfe erneuerbarer Energiequellen langfristig zu reduzieren.
In welcher Form profitiert der Bantleon Select Infrastructure davon?
Maier: Der nachhaltige Infrastrukturfonds investiert seit Auflegung in die Energiewende und profitiert damit unmittelbar von den genannten Fiskalpaketen, dem durch die geopolitischen Spannungen ausgelösten Energiekrieg sowie insgesamt vom gesellschaftlichen Umdenken hin zu einem nachhaltigen globalen Wirtschaftsmodell. Gerade Erzeuger von erneuerbaren Energien erleben durch die beschleunigte Energiewende einen regelrechten Boom, der das Wachstumsprofil der Unternehmen sowie die Gewinnentwicklung auf viele Jahre hin sehr attraktiv macht. Auch kurzfristig zählen diese Unternehmen zu den Krisengewinnern, denn trotz Obergrenze bei den Energiepreisen in einigen Ländern hat sich der Strompreis fast verfünffacht, was die die Gewinne der Energieerzeuger sprudeln lässt. Mit dem wachsenden Bedarf an Energiespeicherung rückt auch das Recycling von kritischen Metallen wie Lithium und Kobalt ins Rampenlicht.
Nicht nur in Europa, sondern auch in den USA droht nun offenbar eine Rezession. Welche Auswirkungen erwarten Sie dadurch für das Segment Infrastruktur?
Maier: Infrastrukturunternehmen können in jeder Konjunkturphase auf eine konstante Nachfrage zählen, da sie die Grundbedürfnisse einer Gesellschaft adressieren. Angesichts der dunklen Wolken am Konjunkturhimmel bietet diese Eigenschaft eine gewisse Sicherheit. Aufgrund des defensiven Charakters der Geschäftsmodelle zeigen die Titel besonders in Abschwungphasen an der Börse eine klare Outperformance – das war in den Jahren 2002, 2008 sowie 2020 der Fall und zeigt sich auch 2022. Doch das gilt nicht für alle Segmente gleichermaßen. In vergangenen Krisen war beispielsweise der traditionelle Energiesektor – also Öl und Gasfirmen – sogar noch anfälliger als der breite Aktienmarkt. Die Fallhöhe ist aufgrund der hohen Energiepreise und den daraus resultierenden Zufallsgewinnen heute sogar noch größer.
Wie machen Sie den Fonds krisenresistent?
Maier: Wir haben uns noch mehr auf die Inflations- und Konjunkturrisiken eingestellt. Den traditionellen Energiesektor meiden wir – auch aus Nachhaltigkeitsaspekten –komplett und setzen stattdessen auf Segmente, die sich auch während einer Rezession auf eine konstante Nachfrage verlassen können. Zu den defensivsten Infrastruktursegmenten zählen die Bereiche Wasserversorgung und Netzbetriebe. Manche Infrastruktursegmente profitieren sogar von hoher Inflation und der daraus resultierenden Kostenexplosion. Dazu zählen Betreiber von Funkmasten und Mautstraßen, deren Umsätze teilweise zu 100 Prozent an die Inflation gekoppelt sind. Außerdem haben wir bereits vor Ausbruch des Ukraine-Kriegs stark in die Profiteure der Energiewende investiert und sehen uns durch die jüngsten Entwicklungen in diesem Fokus bestärkt.
Losgelöst von diesen aktuellen Ereignissen, auf welche Themen fokussiert der Bantleon Select Infrastructure grundsätzlich?
Maier: Wir wollen langfristig einen Mehrertrag gegenüber dem europäischen Aktienmarkt erzielen, bei deutlich reduzierter Volatilität. Bisher haben wir dieses Ziel erreicht. Dafür konzentrieren wir uns hauptsächlich auf die Basis-Infrastruktur, weil nur dort die Kombination aus Stabilität und Wachstum zu finden ist. Außerdem sind für uns Bereiche interessant, in denen die heutige Infrastruktur für die künftigen Bedürfnisse unserer Gesellschaft nicht ausreicht. Dabei fokussieren wir uns auf drei Segmente: erstens Unternehmen aus der Versorgerwirtschaft, zu denen Erzeuger von erneuerbaren Energien, Netzbetreiber, Unternehmen aus der Wasser- und Abfallwirtschaft sowie multinationale grüne Versorgerkonzerne zählen. Zweitens die Transportinfrastruktur, welche vor allem von Betreibern von Mautstraßen und Schienennetzen umgesetzt wird. Der dritte Block besteht aus Unternehmen der digitalen Infrastruktur, darunter Betreiber von Rechenzentren und Funkmasten sowie Telekommunikationsanbieter mit eigener Netzinfrastruktur.
Welche Bedeutung hat ESG für die Strategie des Fonds und wie setzen Sie das Thema um?
Maier: ESG-spezifische Kriterien sind integraler Bestandteil unserer Anlagestrategie und dem Risikomanagement. Wir sind davon überzeugt, dass durch unsere ESG-Strategie die Kombination aus Stabilität und Wachstum im Bereich Infrastruktur noch stärker zur Geltung kommt. Unsere Nachhaltigkeitsstrategie baut auf drei Säulen auf: Erstens wollen wir durch gezielte Ausschlüsse das Nachhaltigkeitsprofil verbessern und vermeiden, dass wir durch unsere Investitionen einen wesentlichen Schaden verursachen. Unternehmen, deren Energieerzeugung vermehrt aus Kohle und Öl besteht, schließen wir daher beispielsweise kategorisch aus. Zweitens ist unser thematischer Fokus auf grüne Infrastruktur von besonders großer Relevanz, da in diesem Bereich ein großer Beitrag für eine CO2-neutrale Zukunft geleistet werden kann. Drittens quantifizieren wir die positiven Auswirkungen unserer Investitionen in Bezug auf die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Insgesamt streben wir eine Nachhaltigkeitsquote von mindestens 75 Prozent an. Abgerundet wird unser Ansatz durch einen konstruktiven Dialog mit unseren Portfoliounternehmen sowie unsere aktive Stimmrechtsabgabe.
Interview: Frank O. Milewski, Cash.