Der Chor der Kritiker an der extrem lockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) wird in der deutschen Bankenbranche lauter. Deutsche Bank-Chef John Cryan warnte in einem Gastbeitrag für die „Handelsblatt“-Tagung „Banken im Umbruch“ vor „fatalen Folgen“ der EZB-Geldpolitik für die Sparer und die Altersvorsorge.
Cryan steht als Kritiker nicht alleine. Zuletzt hatten sich zahlreiche Vertreter aus der deutschen Finanzwirtschaft, unter anderem Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon, kritisch zur Geldpolitik unter EZB-Chef Mario Draghi geäußert.
„Unternehmen halten sich aufgrund der anhaltenden Unsicherheit mit Investitionen zurück und fragen kaum mehr Kredite nach“, schrieb Cryan weiter in seinem Gastbeitrag. Dabei gilt die Ankurbelung der schwachen Kreditvergabe im Euroraum als eines der wichtigen Ziele der Geldflut durch die EZB. Notenbankchef Draghi hatte zuletzt mehrfach auf erste Fortschritte bei der Entwicklung der Kreditvergabe hingewiesen.
Cryan: Geldflut der EZB hat auch positive Seiten
EZB-Kritiker wie Cryan räumen ein, dass die beispiellose Geldflut der EZB auch ihre positiven Seiten habe. So wäre die Entwicklung ohne das entschiedene Eingreifen der EZB in den vergangenen Jahren negativer verlaufen und die Deflationsgefahren wären größer. „Die EZB hat viel dafür getan, Europa zu stabilisieren“, schrieb der Deutsche Bank-Chef. Allerdings sei die EZB noch weit davon entfernt, ihr anvisiertes Inflationsziel von knapp zwei Prozent zu erreichen.
Allerdings steckt die Deutsche Bank derzeit mitten in einem teuren Umbau und leidet stark unter milliardenschweren Strafzahlungen. In einem solchen Umfeld schmerzen die Nebenwirkungen der Niedrigzinspolitik der EZB besonders stark. (dpa-AFX)
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