Deutsche Sparer stellen sich auf Negativzinsen ein

Die EZB-Geldpolitik hat die Erträge der deutschen Anleger extrem stark schrumpfen lassen. Negativzinsen mussten sie aber bislang nur in Ausnahmefällen zahlen. Der Rademacher-Kommentar

Tim Rademacher sieht bei Goldminenfonds noch zahlreiche Chancen.
Tim Rademacher fordert zum Umdenken bei den Sparern auf.

 

Für viele Bürger galt es bislang als unvorstellbar, dass sie Gebühren dafür entrichten müssen, um Geld bei einer Bank oder Sparkasse zu parken. In der gesamten Nachkriegsgeschichte der Bundesrepublik schienen solche Zustände lange weit entfernt. Allerdings droht nun diese oberflächlich letzte Bastion der deutschen Sparkultur zu fallen. Schuld an der Misere ist die EZB, die mit gigantischen Programmen versucht, der europäischen Wirtschaft wieder Schwung zu verleihen. Negative Einlagezinsen und gigantische Rückkaufprogramme haben dabei auch den Markt für Spareinlagen verzerrt.

EZB kann nicht alle Probleme lösen

Trotz dieser Maßnahmen dürften die positiven Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft begrenzt sein. Ursache für die strukturelle Konjunkturschwäche ist nicht die EZB, sondern vielmehr die europäische Politik, welche dringend notwendige Reformen verweigert. Gerade in Südeuropa haben viele Regierungen nicht erkannt, dass eine aktive und wirtschaftsfreundliche Politik notwendig ist, um die riesige Arbeitslosigkeit abzubauen. Nicht umsonst meiden viele internationale Investoren diese Region. Stattdessen versuchen nicht wenige Akteure, ein schuldenbasiertes Wachstum mit Hilfe staatlicher Nachfrage zu erzeugen. Die vergangenen Jahrzehnte habe aber in vielen Staaten gezeigt, dass diese Politik nicht nachhaltig ist.

Einer am Mittwoch von Union Investment veröffentlichten Studie zufolge, halten auch 63 Prozent der deutschen Sparer Negativzinsen für möglich. Allerdings sind noch immer nicht viele Anleger bereit, ihr Verhalten aufgrund dieser außergewöhnlichen Situation zu verändern. So stehen Fest-, Termin- und Spareinlagen immer noch erstaunlich hoch im Kurs. Gerade für die Altersvorsorge stellt die Situation am Rentenmarkt aber Sprengstoff dar. Konnten in den siebziger und achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Investoren ihr Vermögen mit Festgeldanlagen dank des Zinseszinseffektes binnen einer Dekade nahezu spielend verdoppeln, so ist dies heute beinahe unmöglich. Dies trifft insbesondere Berufsanfänger, die früher ihre Einlagen bis zur Rente mehrmals vervielfachen konnten.

Aktien sind lukrativ

Anleger, die langfristige Ziele erreichen wollen, müssen also umdenken. Ansonsten droht aufgrund einer leicht positiven Inflation sogar ein realer Kaufkraftverlust auf das Ersparte. Investmentfonds auf Aktien oder Immobilien liefern im traditionellen Vergleich relativ zuverlässig, langfristig jährliche Renditen im hohen einstelligen Prozentbereich. Auch der Dax stieg seit Ende 1987, als er auf 1.000 Punkte festgelegt wurde, um mehr als das zehnfache. Immobilien in vielen Ballungsräumen gewannen in diesem Zeitraum auch massiv an Wert.

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Auch Fonds sind zum langfristigen Vermögensaufbau sehr gut geeignet. Die jüngsten Erhebungen des Fondsverbandes BVI machen dies eindrucksvoll deutlich. Wer 35 Jahre lang monatlich 100 Euro in einen deutschen Aktienfonds eingezahlt hätte, könnte sich nun im Schnitt über rund 175.000 Euro freuen. Und selbst bei einem global anlegenden Aktienfonds wären es immerhin noch ein Betrag von gut 149.000 Euro – bei einer Einzahlungssumme von insgesamt 42.000 Euro!

Das Nutzen von alternativen Renditequellen ist also dringend notwendig. Zwar macht dies das Eingehen von kurzfristigen Risiken erforderlich, der Arbeitsaufwand ist zudem auch etwas höher. Allerdings werden Sparer durch ein solch anpassungsfähiges Verhalten reichlich belohnt.

Tim Rademacher ist leitender Redakteur im Bereich Investmentfonds bei Cash. und analysiert die Geschehnisse am Kapitalmarkt direkt vom Finanzplatz Frankfurt aus.

Foto: Dirk Beichert

 

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