Nuveen nennt für den jüngsten Renditeanstieg bzw. im Umkehrschluss die Kursrückgänge zwei Hauptursachen: den Anstieg der Zinsen in den USA und die politischen Entwicklungen in Deutschland. Beides rechtfertige die aktuelle Bewertung deutscher Staatsanleihen aber nicht.
„Der Anstieg der US-Zinsen seit September hat die Renditen der wichtigsten Staatsanleihen der Industrieländer in die Höhe getrieben“, sagt Laura Cooper, globale Anlagestrategin bei Nuveen. „In Europa scheinen diese Aufwärtsbewegungen jedoch weniger gerechtfertigt zu sein.“
Ähnlich skeptisch ist die Expertin mit Blick auf die hiesigen politischen Entwicklungen als Kurstreiber. Trotz des über den Prognosen liegenden, wenn auch bescheidenen BIP-Wachstums von +0,2 Prozent im dritten Quartal in Deutschland sehe sich das Land mit zyklischen und strukturellen Herausforderungen konfrontiert. „Die Stimmung bleibt aufgrund der hohen Energiekosten und geopolitischen Spannungen gedrückt“, sagt Cooper. „Das Risiko von US-Zöllen könnte das Vertrauen weiter beeinträchtigen und den Bedarf an fiskalischer Unterstützung erhöhen, um das Wachstum in Europas größter Volkswirtschaft anzukurbeln.“
Anleiheinvestoren hätten nach dem Zusammenbruch der Regierungskoalition in Deutschland Anfang November begonnen, den Spielraum für fiskalische Anreize einzupreisen. Doch Cooper gibt zu bedenken: „Eine neue Regierung könnte zwar zu einer stabileren Koalition führen und den Weg für fiskalische Flexibilität ebnen. Doch sind wesentliche Änderungen angesichts der Wahrscheinlichkeit langwieriger Verhandlungen frühestens Mitte 2025 zu erwarten, wobei eine Lockerung der Finanzpolitik vor 2026 unwahrscheinlich ist.“ Zudem könne es politischen Widerstand gegen eine Reform der deutschen Schuldenbremse geben, welche das jährliche Haushaltsdefizit auf 0,35 Prozent des BIP begrenzt.
„Unserer Ansicht nach erscheint die zusätzliche Rendite, die deutsche Staatsanleihen aufgrund der politischen Entwicklungen bieten, überzogen“, schlussfolgert die Expertin. „Eine weitere Ausweitung der Risikoprämie zehnjähriger US-Staatsanleihen gegenüber deutschen Bundesanleihen ist wahrscheinlich. Denn die US-Papiere könnten vor dem Hintergrund der Wachstumsprobleme in Deutschland, des starken Potenzials für weitere Zinssenkungen durch die Europäische Zentralbank und des zunehmenden Gegenwinds im globalen Handel zulegen.“