Auf der strukturellen Seite falle das deutsche Grundkapital allerdings auch seit etwa einer Dekade. Investitionsbudgets könnten ebenso erhöht werden, wie man bei Haushaltsausgaben andere Prioritäten setzen könnte.
„Jene Maßnahmen, die allerdings tatsächlich einen Unterschied machen könnten, fehlt eine breite Akzeptanz. Unter der jetzigen Koalition sind sie also schwer vorstellbar – vor allem auch, weil einige von ihnen einen klaren Bezug zum Klimaschutz haben“, glaubt Dr. Billmeier – auch, da das Klimapaket insgesamt ja deutlich moderater ausgefallen sei als erhofft.
Auswirkungen auf die Märkte
Für das letzte Quartal des Jahres erwarten die Experten von Western Asset gleich eine Fülle an Ideen für eine expansivere Steuerpolitik – vor allem, wenn das Wachstum im dritten Quartal erneut negativ ausfällt. Solche Meldungen könnten die Renditen deutscher Staatsanleihen in die Höhe treiben, sagt Dr. Billmeier, betont gleichzeitig aber auch, dass die wirtschaftliche und politische Situation im Land sich derzeit so gestaltet, dass es schwer ist, Raum für eine signifikante strukturelle steuerpolitische Dynamik zu schaffen.
„Das Ziel für das Haushaltsdefizit wird in Deutschland auch weiterhin die schwarze Null sein – von der aktuellen Konjunkturdelle einmal abgesehen – und der Verschuldungsgrad wird weiterhin sinken, womit ein deutlicher, makro-getriebener Ausverkauf deutscher Staatsanleihen unwahrscheinlich wird“, sagt Dr. Billmeier.
Warten auf die Fiskalpolitik
Es gäbe Raum für Bewegung an der steuerpolitischen Front in Deutschland – allerdings glaubt Dr. Billmeier, dass der wirtschaftliche Abschwung dafür wesentlich deutlicher werden müsste.
„Durch eine langfristige, strukturelle Brille betrachtet, gibt es durchaus wachsenden Anerkennung für die Rolle einer Bundesregierung, die sie für deutlich proaktivere Rahmenbedingungen für Infrastrukturinvestments einsetzt – die es teilweise auch zu finanzieren gilt. Kurzfristig wird das jedoch wenig gelten. Mittelfristig könnten aber gerade die Grünen als Teil der Regierung dafür sorgen, dass sich die Klimaausgaben erhöhen. Vermutlich wird das aber erst mit der kommenden Bundestagswahl 2021 etwas werden. Bis dahin zieht Godot noch seine Kreise“, schließt Dr. Billmeier ab.
Foto: Shutterstock