Die Bafin am Rande des Rechtsstaats

Die Vorstellungen der Finanzaufsicht über ihre Befugnisse zur „Produktintervention“ sind ziemlich fragwürdig – vor allem in Bezug auf Prospekte, die von ihr selbst gebilligt wurden. Der Löwer-Kommentar

“Die Betroffenen haben praktisch keine Chance, sich zu wehren.”
„Die Betroffenen haben praktisch keine Chance, sich zu wehren.“

Einmal mehr befasst sich die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) in dem neuesten „Bafin-Journal“ mit ihrem Recht zur „Produktintervention“, das ihr mit dem Kleinanlegerschutzgesetz Mitte 2015 durch die Einfügung von Paragraf 4b in das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG) eingeräumt wurde.

Demnach kann die Behörde Produkte oder Praktiken unter anderem dann untersagen, wenn “erhebliche Bedenken für den Anlegerschutz” bestehen. Das Instrument habe sich inzwischen in der Aufsichtspraxis etabliert, schreibt die Bafin.

Zwei Fälle, in denen sie die Vorschrift angewandt hat, sind bislang bekannt geworden: Die Beschränkung des Verkaufs von finanziellen Differenzkontrakten (CFDs) und das angedrohte Vertriebsverbot für „Bonitätsanleihen“, das durch eine Selbstverpflichtung der betroffenen Branche zunächst abgewendet wurde. Doch das ist wohl nur die Spitze des Eisbergs.

Auch einzelne Emissionen im Visier

Die Befugnis zur Intenvention bezieht sich nicht nur auf Maßnahmen gegen bestimmte Produktgattungen, sondern die Behörde kann auch einzelne Emissionen untersagen.

Ein Passus im Bafin-Journal ist insofern besonders bedenklich: Die Bafin prüfe „unabhängig vom Prospektregime“ (also bei allen Arten von Prospekten) im Rahmen der Prospektprüfung weder die inhaltliche Richtigkeit noch das Produkt selbst in Hinblick auf Aspekte des Anlegerschutzes. „Daher schließt auch ein gebilligter Prospekt eine spätere Produktintervention nicht aus“, so die Bafin.

Wie bitte? Die Bafin kann einen Prospekt, den sie selbst gebilligt hat, später wieder einkassieren, weil ihr dann doch „Bedenken für den Anlegerschutz“ gekommen sind? Das untergräbt das Vertrauen in den Bestand behördlicher Genehmigungen und bewegt sich hart am Rande rechtsstaatlicher Grundsätze. Die Bafin sieht sich aber offenbar dazu befugt.

Seite zwei: Damokles-Schwert über jeder Emission

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