Felix Brych: Entscheidungen treffen
Felix Brych, einer der renommiertesten Schiedsrichter im deutschen und internationalen Fußball, gab in seinem Vortrag Einblicke in die Herausforderungen und Erfahrungen seiner Karriere. Brych betonte, dass die Arbeit eines Schiedsrichters weit über das reine Treffen von Entscheidungen hinausgeht. Es sei ein Balanceakt zwischen Druck, Vorbereitung und mentaler Stärke.
Sehr anschaulich Brych beschrieb den ständigen Konflikt, dem ein Schiedsrichter ausgesetzt ist und den er bewältigen muss: „Pro Spiel fallen bis zu 220 Entscheidungen, jede mit dem Potenzial, das Spiel maßgeblich zu beeinflussen“, sagte Brych. Besonders auf internationaler Bühne steige der Druck enorm – mit Millionen von Zuschauern und der Verantwortung, die Hoffnungen ganzer Nationen nicht zu enttäuschen. „Ein Fehlpfiff kann nicht nur den Spielverlauf, sondern auch die Karriere eines Schiedsrichters nachhaltig beeinflussen“, sagte Brych. Mehr Druck dürfte es kaum geben.
Mut und Fokussierung als Schlüssel
Brych betont, dass Mut essenziell für Entscheidungen ist. „Wer entscheidet, braucht Mut“, erklärte er und fügte hinzu, dass Zögern schnell die Glaubwürdigkeit untergräbt. Ebenso wichtig sei der Fokus. Nur mit maximaler Konzentration – unabhängig von Störungen wie Presse, Publikum oder privatem Stress – könne ein Schiedsrichter sein volles Potenzial abrufen.
Für Brych ist daher gründliche Vorbereitung unerlässlich, und zwar vor jedem Spiel. Neben Regelkenntnissen und Spieltaktiken beschäftigt er sich intensiv mit den Charakteren der Spieler. „Messi spielt nur Fußball und will keine Diskussionen“, schilderte er. Andere, wie Ronaldo, suchen hingegen häufiger den Dialog. Dieses Wissen helfe, Konflikte zu entschärfen und präventiv zu handeln, erklärte Brych.
Lernen aus Fehlern
Brych sparte aber auch auch nicht an Selbstkritik: Da war etwa das berüchtigte „Phantomtor“ von 2013; Im Spiel Leverkusen gegen Hoffeheim rutschte der Ball nach einem Torschuss von Kießling von außen durch ein Loch im Tornetz ins Tor. Die heutige Torlinientechnik gab es seinerzeit noch gar nicht. Das Tor zählte; weil Brych es nicht gesehen hatte. „Natürlich hätten wir vorher das Netz kontrollieren müssen, sagt er. „Fehler passieren, aber wichtig ist, sie anzuerkennen und daraus zu lernen“, so Brych weiter. Dieser Vorfall lehre ihn, sich besser vorzubereiten und mentale Stärke aufzubauen. Unterstützt wurde er dabei durch eine langjährige Zusammenarbeit mit einem Psychologen.
Brychs Fazit: Ein Schiedsrichter muss bereit sein, Risiken einzugehen, Verantwortung zu übernehmen und sich stets weiterzuentwickeln. Mut, mentale Stärke und die Fähigkeit, mit Druck umzugehen, sind die entscheidenden Faktoren, um auf höchstem Niveau zu bestehen. „Wer nicht entscheidet, hat keine Chance, richtig zu entscheiden“, resümierte der ehemalige Fifa-Schiedrichter.
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