Mit einer Notierung von mehr als 2.750 US-Dollar pro Unze erreichte das Edelmetall im Oktober ein neues Allzeithoch. Für Goldbesitzer hätte es zuletzt also kaum besser laufen können.
Historisch stiegen die Aktien der Bergbaufirmen, die das Edelmetall fördern, bei einer Gold-Rallye noch stärker als die Notierung des Basiswerts. Somit verhielten sie sich wie ein gehebeltes Investment. Dahinter steckt ein einfacher betriebswirtschaftlicher Zusammenhang: Wenn die Goldpreise anziehen, können diese Firmen ihre Profitmargen und Bewertungen ausweiten. Überraschenderweise ging die Rechnung für Anleger die letzten Jahre aber kaum noch auf und die Aktien der Edelmetallminen hinkten hinterher.
Lebenszeichen der Goldminen
Nach einem langen Winterschlaf geben die Titel nun ein Lebenszeichen von sich. Einer der wichtigsten Goldminenindizes der New Yorker Börse verzeichnet für das laufende Jahr ein Plus von 39 Prozent. Die Aktien zeigen derzeit dennoch nur rund acht Prozentpunkte Outperformance gegenüber dem physischen Metall. Eine deutliche Hebelwirkung erreichten die Unternehmen somit noch nicht. Das Aufholpotenzial der Minenwerte ist aber entsprechend gewaltig. Zumal auch sinkende Leitzinsen in den USA und ein schwächerer Dollar Rückenwind für einen anhaltend hohen Goldpreis bedeuten. Diese Faktoren wirkten schon in der Vergangenheit positiv auf die Kurse der Minenaktien und sind derzeit wieder Realität.
Edelmetallminen sind also noch eklatant unterbewertet, wie auch die Daten des Vermögensverwalters Baker Steel zeigen. Die Aktien der Minenbetreiber weisen ein rechnerisches Kurspotenzial von mehr als 80 Prozent auf und das selbst dann, wenn die Edelmetallpreise nicht weiter steigen. Es scheint daher verwunderlich, dass Anleger derzeit nicht längst stärker in die Branche investieren.
Für die Zurückhaltung gibt es selbstverständlich Gründe. So ziehen der Tech-Sektor und die bekannten Mega-Cap-Werte aus den Vereinigten Staaten Anleger weiterhin in den Bann und binden Kapital. Dass der Börsenwert aller Goldminenaktien weltweit geringer ist als der jedes „Magnificent 7“-Titels, erstaunt dennoch. Mit einer Marktkapitalisierung von knapp 700 Mrd. US-Dollar ist Tesla die kleinste Aktiengesellschaft dieser Gruppe. Und obwohl der Börsenkurs des Autobauers dieses Jahr zweistellig im Minus notiert, ist das Unternehmen nach Marktwert rund doppelt so groß wie die gesamte Edelmetallminen-Branche.
Schwächen überwunden
Sogar institutionelle Anleger halten sich zurück. Psychologische Altlasten aus den frühen 2010er Jahren prägen offenbar bis heute viele professionelle Investoren. Obwohl der Goldpreis nach einer Verdoppelung in nur zwei Jahren im Sommer 2011 ein neues Rekordhoch von 1.876 US-Dollar erreichte und 2012 bei rund 1.700 US-Dollar auf einem insgesamt höheren Durchschnittsniveau als in den Vorjahren konsolidierte, fielen die Aktienkurse wichtiger Minenbetreiber. Die Unternehmen hatten sich finanziell übernommen, indem sie vermehrt teure und zeitintensive neue Bergbauprojekte erschlossen. Laut Daten von PWC erhöhte dies vor allem die Kosten. Der Rohertrag der größten Goldminen ging daraufhin in nur drei Jahren um über ein Drittel zurück und die Gewinnmargen schrumpften, anstatt zu wachsen. Als 2013 dann auch noch der Goldpreis korrigierte, wurden viele Goldminen defizitär. Anleger zogen daraufhin Gelder aus dem Marktsegment ab und kehrten größtenteils nicht mehr zurück. Doch die Minenbetreiber haben aus ihren Fehlern gelernt.
Der wilde Expansionskurs wurde eingedämmt und die Anlegerinteressen beherzigt. Heutzutage ist die Goldminenbranche hochprofitabel und hat sich dank ihrer mittlerweile geringen Verschuldung Liquiditätspolster aufgebaut. Laut einer Branchenanalyse der Ratingagentur S&P ist die Bilanzqualität der Firmen so gut wie seit vielen Jahren nicht mehr. Sogar den jüngsten Anstieg der Produktionskosten hatten die Unternehmen bestens unter Kontrolle, sodass sich ihre Gewinnspannen in den letzten Jahren wieder deutlich ausweiteten. Zudem zahlt die Branche Dividenden von um die zwei Prozent pro Jahr und weist im Durchschnitt eine gesündere operative Marge als der US-Aktienmarkt auf. Tendenz weiter steigend.
Profitabel, profitabler, Edelmetallminen
Würde man Edelmetallminen als eigenen Sektor der US-Börsen betrachten, wären sie gemessen an der sogenannten Cash-Flow-Marge von 40 Prozent der profitabelste Sektor des gesamten Marktes. Laut Daten des US-Hedgefonds Crescat Capital wartet der ebenfalls hochprofitable Tech-Sektor derzeit hingegen mit „nur“ 27 Prozent Liquiditätsüberschuss auf. Ihre aktuellen Budgets und Prognosen berechneten zumindest die großen Minen äußerst konservativ, also mit einem weit niedrigeren Goldpreis als dieser derzeit notiert.
Dass beispielsweise die bekannte Branchengröße Newmont den Gewinn je Aktie seit Ende 2023 um den Faktor drei verbesserte, wurde seither trotzdem nur mit einem Kursanstieg von rund 40 Prozent quittiert. Daran ist zu erkennen: Obwohl der Edelmetallminensektor mittlerweile so gesund und profitabel ist wie kaum eine andere Branche, kehren die Anlegergelder nur zaghaft zurück. In kaum einem diversifizierten Fondsportfolio sind die Titel auch nur am Rande vertreten. Immerhin entdeckten Anleger die Investmentprodukte für physisches Gold wieder, wie sich dieses Jahr an den Mittelflüssen zeigt. Würde nur ein Bruchteil der Investoren auch die Branche der Goldminen wiederentdecken, würde sich dies deutlich in den Kursen niederschlagen. Eine Verdopplung wäre bei einem gleichbleibenden Goldpreis keineswegs übertrieben.
Wer Gefallen an Goldminen gefunden hat, sollte wissen, dass sich die Aktienselektion alles andere als einfach gestaltet, denn die Branche ist heterogen: Es gibt riesige globale Konzerne und kleine Player sowie Firmen, die ihre Verkaufspreise mit Derivaten absichern bis hin zu einfach durchschaubaren Geschäftsmodellen. Zielführender als ein Investment in volatile Einzelaktien dürfte für die meisten Anleger eine bis zu zehnprozentige Beimischung eines Edelmetallminen-Fonds sein. Wirklich schlechte Fonds haben das letzte Jahrzehnt nicht überlebt oder sind zumindest in Deutschland nicht mehr handelbar. Daher sollte die Auswahl hier leichtfallen. Auf eine Rallye mit Ansage, könnten sich Anleger kaum einfacher vorbereiten.
Autor Tim Bröning ist Mitglied des Beirats der Fonds Finanz Maklerservice GmbH.