Wie ist Hepster durch die Pandemie gekommen?
Hornung: Wir sind relativ gut durch die Krise gekommen. Zwar haben auch wir in den ersten Monaten des vergangenen Jahres den Impact der Krise zu spüren bekommen. Da wir aber Versicherungsprodukte für mobile Märkte entwickeln, wurden wir dann doch regelrecht vom Erfolg überrascht. Im März und April zieht das Mobilitätsgeschäft rund um Fahrräder und E-Bikes an und lässt so im September nach.
Mit dem Boom des Online-Handels im April, Mai, und den Mobilitätstrends mit E-Bikes hatten wir einen wahnsinnigen Umsatzanstieg. Unsere Produkte wurden also sehr gut vom Markt angenommen. Was wir in diesem Jahr merken, sind die Engpässe im Bereich der Lieferketten.
Gerade im Bereich Fahrrad und E-Bikes haben die Händler Probleme, ihre Kunden zu beliefern. Die Verkäufe finden zwar statt, aber die Auslieferung verzögert sich. Insofern ist in diesem Jahr ein nicht so starker Anstieg zu sehen, wie im vergangenen Jahr, als wir von Monat zu Monat eine Verdopplung erlebt haben.
Hepster plant den Einstieg in den Markt für Tierkrankenversicherungen. Das Segment ist speziell und wird von etablierten Versicherern dominiert.
Hornung: Es gibt in der Tat einige Platzhirsche. Die Uelzener oder die Agila sind schon sehr lange im Tiergeschäft. Allerdings ist der Markt am Ende doch nicht so speziell, wenn man sich anschaut, wie viele Tiere es in deutschen Haushalten gibt: Etwa 15,7 Millionen Katzen und 10,7 Millionen Hunde. Wir sprechen hier über 26,5 Millionen versicherbare Tiere und das ist schon eher ein Massenmarkt.
Dennoch sind hierzulande mit gerade einmal zehn Prozent verhältnismäßig wenig Tiere versichert. Zum anderen ist es ein Produkt, was online-affin ist und von Kunden gerne auch online abgeschlossen wird. Insofern gibt es eine Menge Touchpoints am Markt. Der klassische Vermittlerbetrieb hingegen ist gar nicht so stark auf Tierversicherungen ausgerichtet und geschult.
Da fehlt es mitunter auch an Erfahrungen, da der Vermittler eher auf andere Produkte, zum Beispiel Hausrat- und Haftpflichtversicherungen fokussiert ist. Daher haben gerade digitale Versicherer im Bereich Heimtiere ein Menge Potenzial und Möglichkeiten. Schaut man nach Großbritannien oder Skandinavien, erkennt man enorme Wachstumsraten in diesem Segment. Ich gehe davon aus, dass es sich in Deutschland ähnlich verhalten wird.
Was erwarten denn Kunden von einer Tierversicherung?
Hornung: Es gibt auf der einen Seite eine Kundengruppe, die ein sehr leistungsstarkes Produkt erwartet. Diese Kunden wollen zum Tierarzt gehen und sich dann keine Gedanken über die Kosten machen. Diese Gruppe ist durchaus bereit, einen höheren Betrag dafür zu zahlen. So wollen diese Kunden, dass neben der klassischen Behandlung auch Zusatzleistungen wie etwa Physiotherapie für Tiere übernommen werden.
Zudem dürfen Assistanceleistungen nicht fehlen. Zunehmend von Interesse ist das Thema Telemedizin für Tiere. Da ist der Markt im Wandel. Und dann gibt eine zweite Kundengruppe. Diese wünscht eine Notfallabsicherung für einen günstigen Beitrag. Genau darauf haben wir uns ausgerichtet. Ein sehr günstiges Einsteigerprodukt mit Basisleistungen. Und ein Superior-Tarif mit umfassendem Leistungsspektrum.
Darüber hinaus verzichten wir auf eine komplizierte Abschlussstrecke und langwierige Gesundheitsfragen. Anders als bei dem ein oder anderen Wettbewerber kann jedes Tier bei uns versichert werden. Zudem bieten wir zu unserer Kranken- und OP-Versicherung einen Notfallschutz an. Damit werden beispielsweise Zusatzkosten etwa für Tierkrankenwagen oder Tiernotärzte übernommen.
Sie sprachen davon, dass es Platzhirsche gibt. Glauben Sie, dass sie den Etablierten relevante Marktanteile streitig machen können?
Hornung: Hepster ist nicht angetreten, um im unteren Level mitzumischen. Wir wollen also auch Marktanteile in einer relevanten Größenordnung erreichen. Das haben wir bei (E-)Bikes hinreichend bewiesen. Und das haben wir auch im Bereich der Katzen- und Hundeversicherungen vor.
Der Markt ist durchaus ambitioniert und es gibt immer wieder neue Marktteilnehmer, wie Petplan oder Coya, die neu hinzukommen. Etablierte Anbieter haben gute Produkte aber Schwierigkeiten, die Kunden heute an den relevanten Touchpoints zu erreichen.
Die Kundenansprache erfolgt immer weniger über klassische Vertriebe, sondern zunehmend über digitale Touchpoints. Diese digitalen Touchpoints sind unsere Stärke. Somit ist es unser Ziel, immer vor dem Vertreter oder der Vertreterin da gewesen zu sein.
Hatten Sie bei der Entwicklung des Produkt Unterstützung?
Hornung: Grundsätzlich entwickeln wir alle Produkte und AVBs selbst. Auch das Underwriting liegt bei uns. In der Regel gehen wir dann auf Risikoträger zu und passen gegebenenfalls die Tarife an. Bei unseren Tierversicherungen haben wir mit der Berlin Direkt 24 die Produkte entwickelt und kalkuliert.
Die BD24 hat selbst ein auch ein eigenes Katzenprodukt. Wir sind Assekuradeur und haben gemeinsam die hespter Tierversicherungen entwickelt. Der Erstversicherer ist in dem Fall die BD24, die eine 100-prozentige Tochter der Hanse-Merkur ist.
Das Fazit der Verbraucherzentralen zu Tierversicherungen ist, „tierisch überflüssig“ und zu teurer. Wie kontern Sie diesen Vorwurf?
Hornung: Bei dem ein oder anderen klassischen Anbieter sind die Preise schon recht hoch. Das hat aber, wenn man sich das genau anschaut, viel mit Vertriebskosten zu tun. Gleichzeitig gibt es aber auch viele Anbieter mit sehr günstigen Tarifen. Ob ein Produkt überflüssig ist oder nicht, entscheidet der Kunde.
Aus Kundenbefragungen wissen wir, dass Kunden sehr wohl bereit sind, für den tierischen Liebling auf Nummer sicher zu gehen. Nun verdient aber nicht jeder über der Beitragsbemessungsgrenze und nicht jeder ist in der Lage, eine OP mit 1.500 oder 2.000 Euro zu zahlen. Wenn ich das Geld habe, brauche ich keine Versicherung. Aber nicht jeder möchte seine Liquidität anfassen oder hat schlichtweg das Geld nicht.
Und dann ist es durchaus sinnvoll, zehn, 20 oder 30 Euro im Monat für eine Versicherung auszugeben. Eine Katze oder ein Hund ist ein Familienmitglied und für dieses soll auch ausreichend gesorgt sein.
Wieviel Geld sind die Kunden denn bereit, auszugeben?
Hornung: Da muss man zwischen Katze und Hund stark unterscheiden. Bei Hunden suchen die Kunden eher eine OP-Versicherung und sind hier bereit, etwa 30 Euro pro Monat auszugeben. Bei einer guten Krankenversicherung liegen Sie schon eher bei 50 Euro. Insofern sind dort eher die OP-Versicherungen gefragt.
Bei Katzen kostet eine OP-Versicherung im Monat zwischen fünf bis zehn Euro. Wenn ich eine Krankenversicherung mittleren Leistungsstandard wähle, zahle ich rund 20 Euro monatlich. Das sind die Kunden bereit, auszugeben.
Ich würde gerne das Thema wechseln und mit dem Digital-Experten über die digitale Transformation sprechen, die in den vergangenen zwölf Monaten enorm an Fahrt aufgenommen hat. Was glauben Sie, wie weit wird die Entwicklung gehen?
Hornung: Die Anfänge der Digitalisierung im Bereich Versicherung lagen stark im Vertrieb. Viele Insurtechs, aber auch Versicherer, haben sich stark darauf konzentriert, unter der Frage: Wie kann ich meine Produkte digital vertreiben. Dabei wurde versucht Offline-Produkte in den Online-Vertrieb zu überführen.
Das funktioniert nur bedingt, weil die Tarife und Annahmerichtlinien dem nicht gerecht werden. Was nun an Fahrt gewinnt und für Versicherer zunehmend elementar ist, ist das ganze Thema des Betriebes. Wie schaffe ich es, die Schadenregulierung zu digitalisieren. Es geht auf der einen Seite darum, effizienter zu werden, Schäden in Echtzeit bearbeiten zu können. Dafür sind aber digitale Produktanlagen notwendig.
Ich muss also die Kernsysteme darauf ausrichten. Das ist für Insurtechs einfacher, weil sie das im Gegensatz zum klassischen Versicherer neu aufbauen. Zudem sind letztere mit einer anderen Legacy unterwegs. Aber das ist es, worauf es jetzt ankommen wird: Wie schaffe ich es, meinen kompletten Betrieb zu digitalisieren.
Wie schnell sind Sie in der Schadenabwicklung?
Hornung: Unser Anspruch ist es, Schäden innerhalb von drei Tagen zur regulieren. Die Schadenbearbeitung ist sehr stark abhängig von der Digitalisierung der Produktverwaltung und Anlage. Denn ein System kann einen Schaden nur dann bearbeiten, wenn das System auch weiß, was in dem Produkt versichert ist. Das ist möglich.
Wenn ich dann einen Teil der Wertschöpfung auf den Kunden und in den Schadenmelde-Prozess verlagere, die richtigen Fragen stelle, die richtige Logik hinterlege und das ganze künftig mit KI hinterlege, dass auch Fotos erkannt werden und Rechnungen korrekt ausgelesen werden können – dann ist es möglich, 80 Prozent der Schäden im Sachbereich digital dunkel zu verarbeiten. Und zwar in Echtzeit.
Werden Sie Ihre Produkte im Rahmen eines White-Labeling auch anderen Versicherer anbieten? Gibt es Gedankenspiele in die Richtung, oder eher nicht?
Hornung: Wir bekommen diesbezüglich immer wieder Anfragen. Allerdings scheitert es häufig an politischen Themen. Grundsätzlich sind wir in der Lage, unsere Produkte als White-Labeling anzubieten. Und das machen wir auch. Aus Erfahrung können wir jedoch sagen, dass unsere B2B-Partner, also diejenigen, die Versicherung ihren Kunden anbieten oder zur Verfügung stellen, White-Labeling gar nicht unbedingt immer wünschen. Es gibt Kunden, wo es Sinn macht, und es gibt Versicherer, die sich darauf ausgerichtet haben, gerade auch digitale Versicherer. Ich kann aber auch sagen, auf B2B-Seite ist es nicht immer so relevant.
Wir sehen, dass die Wirtschaft wieder an Fahrt aufnimmt und die Menschen ihre Freiräume gewinnen. Gleichzeitig ist die Pandemie immer noch nicht vorbei. Welche Pläne verfolgt hepster weiterhin in dieser Zeit und diesem Jahr?
Hornung: Wir wollen im Segment der Mobilitätslösungen weiterwachsen, insbesondere im Bereich Leasing mit Schutzbriefen, Raten- und Restschuldversicherungen. Zudem werden wir den Vertrieb in Österreich ausbauen. Zusätzlich werden wir die Leistungen unserer Elektronikversicherungen ausbauen, etwa das Smartphones binnen 24 Stunden ausgetauscht werden.
Und wir werden natürlich im Bereich der Tierversicherung angreifen. Wir starten jetzt mit den Katzenversicherungen und werden im August die Hunden-Kranken-OP nachziehen. Insgesamt sind wir aber auf den ganzen Bereich der „Embedded Insurances“ ausgerichtet, sprich die Einbettung und Integration von Versicherungen in bestehende Prozesse.
Es geht uns weniger darum, Stand-Alone-Produkte anzubieten, sondern diese in einen Gesamtprozess einzubetten. Es geht darum, Produkte so einzubinden, dass es für den Kunden einen Sinn macht und dass die gewünschte Versicherung einfach zu beziehen und zu handhaben ist. Gerade in Puncto Verwaltung, aber auch hinsichtlich der Schadenmeldung und -Abrechnung.
Das Interview führte Cash. Redakteur und Ressortleiter Versicherungen Jörg Droste