Zu den wesentlichen Grundprinzipien des Investmentrechts zählen der Typenzwang und die Produktregulierung. Investmentvermögen können grundsätzlich nur in den vom Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) erlaubten Rechtsformen aufgelegt werden und müssen bei ihrer Investitionsstrategie die Vorgaben des KAGB beachten. So dürfen geschlossene Investmentvermögen, die von einer genehmigten Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) verwaltet werden, gemäß Paragraf 139 KAGB nur in der Rechtsform der Investmentaktiengesellschaft oder geschlossenen Investmentkommanditgesellschaft gestaltet werden.
Ein geschlossenes Publikums-Investmentvermögen darf nur in die in Paragraf 261 Absatz 1 KAGB aufgeführten Vermögensgegenstände investieren. Geschlossene Publikumsfonds, die moderne Kunst, Oldtimer oder Weine erwerben, sind somit nicht zulässig. Das rechtlich mögliche Anlageuniversum war seit dem Inkrafttreten des KAGB im Jahr 2013 weitgehend unverändert geblieben. Erst im letzten Jahr hat der Gesetzgeber begonnen, neue Anlageformen zu etablieren. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die bereits möglichen und geplanten neuen Rechtsformen und neuen Produktmöglichkeiten und analysiert, ob durch die neuen Regelungen tatsächlich die Anlagevielfalt zunehmen wird.
Bereits im Jahr 2020 wurde durch die Einführung von Paragraf 140 Absatz 3 KAGB bzw. Paragraf 149 Absatz 2 KAGB die Möglichkeit geschaffen, dass geschlossene Investmentaktiengesellschaften und geschlossene Investmentkommanditgesellschaften sogenannte geschlossene Teilgesellschaftsvermögen begründen können. Wesentliches Merkmal der geschlossenen Teilgesellschaftsvermögen ist, dass es sich um haftungs- und vermögensrechtlich getrennte Gesellschaftsvermögen einer einzigen Gesellschaft handelt. Eine Investmentkommanditgesellschaft kann somit mehrere Teilgesellschaftsvermögen bilden, für die jeweils unterschiedliche Anlagebedingungen maßgeblich sind und für die jeweils eigene Verkaufsprospekte oder Informationsdokumente erstellt werden müssen. Anleger beteiligen sich an einem Teilgesellschaftsvermögen und werden durch die wirtschaftliche Entwicklung der anderen Teilgesellschaftsvermögen nicht tangiert. Dadurch sollen auch in Deutschland Strukturen möglich werden, die mit den bekannten Luxemburger Compartment-Strukturen einer SICAV oder eines RAIF vergleichbar sind.
Der Gesetzgeber ging davon aus, dass ein großer praktischer Bedarf nach Teilgesellschaftsvermögen besteht, da diese zu einer wesentlichen Kostenersparnis beitragen sollen. Allerdings beschränken sich die Einsparungen darauf, dass nunmehr nur noch einmal eine Gesellschaft gegründet werden muss. Da für jedes Teilinvestmentvermögen die Vorschriften eines „normalen“ Investmentvermögens gelten, ergeben sich in Bezug auf die Vertriebsdokumentation, Rechnungslegung und laufende Verwaltung keine wesentlichen Einsparungen. Derzeit lässt sich noch nicht abschätzen, ob Teilgesellschaftsvermögen zukünftig tatsächlich in großem Umfang genutzt werden.
Beschränkung wird stark kritisiert
Im Dezember 2020 wurde der Referentenentwurf eines „Fondsstandortgesetzes“ veröffentlicht, das weitere neue Rechtsformen und neue Produktgestaltungen ermöglichen soll. So sollen zukünftig auch geschlossene Investmentvermögen als Sondervermögen aufgelegt werden können. Diese Idee wurde bereits seit einiger Zeit in der Branche diskutiert. Es wurde angenommen, dass geschlossene Investmentvermögen leichter vertrieben werden können, wenn die Vertriebsprozesse den offenen Sondervermögen entsprechen. Da bei einem geschlossenen Sondervermögen die Anleger nicht Gesellschafter werden, entfällt ein umfangreicher Zeichnungsschein. Gesellschafterversammlungen müssen nicht mehr durchgeführt werden. Ein wesentlicher Vorteil wird darin gesehen, dass Anteile an geschlossenen Sondervermögen im Depot der Anleger verwahrt werden können, so dass die Anleger stets beim Blick in den Depotauszug auch über das geschlossene Sondervermögen informiert werden.
All die genannten Vorteile wären insbesondere für geschlossene Publikums-Investmentvermögen relevant. Was schlägt jedoch der Gesetzgeber vor? Er schlägt vor, dass geschlossene Sondervermögen nur als Spezial-Investmentvermögen aufgelegt werden dürfen, so dass die Vorteile eines geschlossenen Sondervermögens im Retail-Vertrieb nicht genutzt werden könnten. Erwartungsgemäß wird die Beschränkung der geschlossenen Sondervermögen auf Spezial-Investmentvermögen von den Verbänden daher stark kritisiert. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber erkennt, dass eine echte Erweiterung des Anlageuniversums nur bei einer Zulässigkeit der geschlossenen Sondervermögen für Publikums-Investmentvermögen gewährleistet ist.
Eine weitere geplante Änderung betrifft Feederfonds-Strukturen. Ein Feederfonds ist ein Fonds, der ausschließlich in einen einzigen Masterfonds investiert. Eine derartige Struktur ist dann sinnvoll, wenn für die Anleger des Feederfonds eine unmittelbare Investition in den Masterfonds nicht möglich ist. So wäre es beispielsweise denkbar, dass ein Publikums-Feederfonds in ein Spezial-Investmentvermögen investiert, so dass sich Privatanleger auch an einzelnen institutionellen Investitionsstrategien beteiligen können, die ihnen auf Grund von hohen Mindestanlagebeträgen oder den bereits genannten Beschränkungen der Investitionsmöglichkeiten von Publikums-Investmentvermögen sonst nicht zugänglich wären. Bislang war es nicht erlaubt, ein Publikums-Investmentvermögen als Feederfonds zu gestalten. Dies soll sich nach dem Gesetzentwurf ändern.
Allerdings sollen zukünftig nur solche Master-Feeder-Strukturen zulässig sein, bei denen sowohl der Feederfonds als auch der Masterfonds ein Publikums-Investmentvermögen ist. Es sind nur wenige Konstellationen denkbar, in denen es sinnvoll sein kann, dass ein Feederfonds in einen Masterfonds investiert, der den gleichen Investitionsbeschränkungen wie der Feederfonds unterliegt. So könnten unterschiedliche Gebührenmodelle für unterschiedliche Kreise von Privatanlegern durch Feederfonds realisiert werden. Durch den Einsatz eines gewerblich geprägten Feederfonds könnten „6b-Fonds“ im Zusammenhang mit originär vermögensverwaltenden Publikumsfonds strukturiert werden. Der wesentliche Vorteil einer Master-Feeder-Struktur, nämlich der Zugang zu neuen Investitionsstrategien, wird durch die vorgeschlagene Änderung jedoch nicht realisiert. Derzeit besteht noch die Chance, dass der Gesetzgeber die Argumente der Verbände berücksichtigt und Master-Feeder-Strukturen in größerem Umfang für zulässig erklärt.
Guter Wille und Kreativität
Auch im Bereich der offenen Investmentvermögen soll es ein neues Produkt geben: das offene Infrastruktur-Sondervermögen. Diese Fonds sollen sich überwiegend an Infrastruktur-Projektgesellschaften beteiligen, worunter Gesellschaften definiert sind, „die gegründet wurden, um dem Funktionieren des Gemeinwesens dienende Einrichtungen, Anlagen oder Bauwerke oder jeweils Teile davon zu errichten, zu sanieren, zu betreiben oder zu bewirtschaften.“ Die Definition ist sehr weitgefasst, so dass unterschiedlichste wirtschaftliche Betätigungen durch Infrastrukturgesellschaften möglich sind. Da jedoch nicht mehr als zehn Prozent des Wertes eines Infrastruktur-Sondervermögens in einer einzigen Infrastruktur-Projektgesellschaft angelegt werden dürfen und Investitionen in andere Infrastrukturfonds nicht zulässig sind, muss die Kapitalverwaltungsgesellschaft über einen ausreichenden Marktzugang zu Infrastrukturprojekten verfügen, um ein Infrastruktur-Sondervermögen auflegen zu können. Es ist daher davon auszugehen, dass zunächst diejenigen Kapitalverwaltungsgesellschaften, die bereits Erfahrungen im Bereich der geschlossenen Infrastruktur-Spezial-Investmentvermögen haben, offene Infrastruktur-Sondervermögen anbieten werden.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Gesetzgeber guten Willen und Kreativität zeigt, um das Anlageuniversum zu erweitern. Wenn der Gesetzgeber nun die Einwände und Vorschläge der Verbände berücksichtigen würde, bestünde die echte Chance, dass der Gesetzgeber mit den neuen Rechtsformen und Anlageprodukten nicht nur fernliegende, exotische Galaxien erschafft, sondern Planeten, die von Anlegern auch besiedelt werden könnten.
Autoren sind Gunter Reiff, WRG Finvestra Treuhand, und Oliver Zander, Weitnauer Rechtsanwälte.