Die EZB kauft seit Jahren umfänglich Staatsanleihen, Kreditverbriefungen und Pfandbriefe sowie seit Juni zusätzlich Unternehmensanleihen. So will sie Unternehmen durch Reduzierung von Zinssätzen und Verniedlichung von Absatzproblemen neuer Schuldtitel Anreize für mehr Investitionen geben. Allein mit Leitzinsen von null ist heutzutage längst kein Blumentopf mehr zu gewinnen. Die Halver-Kolumne
Leider ist diese Rettungsmission der EZB bislang nicht von realwirtschaftlichem Erfolg gekrönt. Daher setzt sie ihren Anleihekaufrausch munter fort. Jedoch wird mittlerweile das Angebot an Schuldtiteln, die die Ankaufbedingungen erfüllen, immer kleiner. Spätestens im Frühjahr 2017 ist der Markt für deutsche Staatspapiere ausverkauft. Zwar könnte man das Angebot durch die Lockerung der Klauseln für kaufbare Papiere ausweiten. Aber einerseits würde sich damit die Angebotsverknappung zeitlich nur hinauszögern. Und andererseits wird die EZB immer mehr zum Endlager, zur Mülldeponie bonitätsschwacher Anleihen mit Ausfallpotenzial.
Nächster geldpolitischer Tabubruch
Vor diesem Hintergrund mehren sich die Stimmen von Finanzexperten, die EZB solle ihr Kaufprogramm auf Aktien ausdehnen. Der nächste geldpolitische Tabubruch ist eingeleitet. Als Blaupause dient die japanische Notenbank, die bei zahlreichen Aktien des japanischen Leitindex Nikkei 225 bereits zum Großeigner wurde. Laut Finanznachrichtendienst Bloomberg dürfte die Notenbank bis Ende 2017 sogar bei 55 Firmen größter Anleger sein.
In der Tat scheint dieses japanische Instrument zur wirtschaftlichen Gesundung auch bei den (geld-)politischen Entscheidungsträgern der Eurozone – hinter vorgehaltener Hand – immer hoffähiger zu werden. Kursgewinne über geldpolitische Aktienkäufe sollen die bislang investitionsschüchternen Unternehmen animieren, über Kapitalerhöhungen mehr zu investieren. Darüber erhofft man sich auch positive Vermögenseffekte, die eine freundliche Konsumstimmung fördern. Nicht zuletzt könnte die EZB bei Käufen Euro-ausländischer Aktien sogar Währungsabwertungspolitik im Sinne einer Exportförderung betreiben. Und die EZB käme in den Genuss hoher Dividendenrenditen, die die schwachen Anleiherenditen um Längen schlagen.
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