Die Fed lockert die Zügel

Zum Jahresausklang 2018 waren sich die Finanzmarktanalytiker einig: Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) werde im Verlauf des Jahres 2019 an ihrer Politik der stetigen Leitzinsanhebung festhalten. Die US-Leitzinsen, die zum Ende des Jahres 2018 schon auf den Korridor von 2,25 bis 2,5 Prozent angestiegen waren, würden im kommenden Jahr um weitere 75 oder gar 100 Basispunkte angehoben werden. Heute, nur wenige Wochen später, sieht das Bild ganz anders aus und mancher Beobachter reibt sich verwundert die Augen. Ein Kommentar von Christian Kopf, Union Investment

Christian Kopf, Union Investment, sieht höherverzinsliche Alternativen ins Blickfeld der Anleger rücken.

Die Analytiker sehen mittlerweile kaum noch Zinsanhebungen im Jahr 2019 und auch der Markt preist überhaupt keine Zinsschritte mehr ein. Was ist geschehen, dass sich die Einschätzungen so schnell und umfassend gedreht haben? Und was bedeutet der Umschwung für die Kapitalmärkte?

Den Grund für diesen plötzlichen Sinneswandel liefert der Markt selbst. Eigentlich hat die US-Notenbank ja nach wie vor gute Gründe, die Leitzinsen weiter anzuheben: Die Arbeitslosigkeit in den Vereinigten Staaten ist auf dem niedrigsten Niveau seit Ende der 1960er, die Löhne steigen in letzter Zeit kräftig an, zuletzt um 3,3 Prozent im Jahr, und damit gibt es perspektivisch auch einen gewissen Aufwärtsdruck bei der Inflation. Kurzum: Im zweitlängsten Aufschwung der vergangenen siebzig Jahre droht eine Überhitzung der Volkswirtschaft, und da wären höhere Leitzinsen grundsätzlich angezeigt.

Indirekte Wirkung einer Leitzinsanhebung auf Konjunktur und Kapitalmarkt

Leitzinsanpassungen wirken dabei vor allem indirekt auf Konjunktur und Kapitalmärkte, und zwar durch vier Übertragungsmechanismen, die häufig miteinander in einer Wechselwirkung stehen:

(1)  Höhere kurzfristige Zinsen – und nur hier hat die Fed mit den Leitzinsen einen unmittelbaren Hebel – führen in der Regel mittelbar auch zu höheren Renditen auf langlaufende Staatsanleihen. Dies wiederum erhöht die Hypothekenzinsen, die Haushalte für den Erwerb von Wohnimmobilien zahlen müssen. Im Ergebnis wird die Konjunktur im Baugewerbe gedämpft.

(2)  Höhere Leitzinsen führen außerdem meist auch zu höheren Risikoaufschlägen auf Unternehmenskredite und -anleihen. Für die Konzerne werden Investitionen dadurch teurer, und so mancher Firmenlenker wird den ein oder anderen Expansionsplan damit in der Schublade lassen. Dies führt wiederum zu einer Drosselung des Neukreditgeschäfts und weniger Neuemissionen am Kapitalmarkt.

(3)  Daneben führen höhere Leitzinsen oftmals zu schwächeren Aktienkursen. Da die US-Amerikaner für die Rente vor allem auf private Altersvorsorge über den Aktienmarkt setzen, schrumpft damit auch ihr Vermögen. Darauf reagieren die Haushalte typischerweise mit einer Einschränkung des privaten Verbrauchs, was die gesamtwirtschaftliche Nachfrage belastet.

(4)  Schließlich führen höhere Leitzinsen in der Regel zu einer Aufwertung der Landeswährung. Dies senkt die Wettbewerbsfähigkeit der Exporteure und erhöht die Importe, was über einen niedrigeren Außenbeitrag zu einem schwächeren Wirtschaftswachstum beiträgt.

Seite zwei: Kaum negative Effekte seit 2015

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