Durch entsprechende Wortbeiträge ihrer Top-Geldlenker hat die Fed genau das erkennen lassen: Eine stärkere Beachtung der realwirtschaftlichen Folgen ihres Handelns, bis hin zu einem Aussetzen weiterer, ursprünglich geplanter Zinsschritte. So hat Richard Clarida, der stellvertretende Vorsitzende des Offenmarktausschusses, Anfang Januar klargestellt, dass „das Wachstum und die Wachstumsaussichten in anderen Volkswirtschaften der Welt sich in den vergangenen Monaten etwas abgeschwächt haben und die Finanzierungsbedingungen der US-Wirtschaft zudem erheblich restriktiver geworden sind.“
Fed signalisiert größte Vorsicht
Claridas Schlussfolgerung: „Wenn diese Widrigkeiten anhalten, dann sollte die Geldpolitik darauf reagieren.“ Die Fed signalisiert also bereits größere Vorsicht bei den Zinsschritten und damit liegt sie unseres Erachtens richtig. Der Kapitalmarkt hat diese Signale gehört und preist nun keine weiteren Zinserhöhungen mehr ein. Der Zinssatz auf Terminkontrakte für Ende 2019 liegt bei 2,4 Prozent, was quasi identisch mit dem gegenwärtigen Niveau ist.
Aber haben wir tatsächlich das Ende des Zinserhöhungszyklus in den USA bereits erreicht, wie das der Markt derzeit einschätzt? Union Investment ist da skeptisch. Grund dafür ist vor allem die weiterhin sehr positive Entwicklung der Beschäftigung in den USA – allein im Dezember wurden in den USA 312.000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Ein weiterer Grund ist, dass sich der Rückgang der langfristigen Renditen seit Oktober vergangenen Jahres bereits positiv auf die zinssensitiven Sektoren der US-Wirtschaft auswirkt: Die Hypothekenzinsen in den USA sind um 0,2 Prozentpunkte gesunken, wodurch auch die Nachfrage nach Wohnimmobilien und die Bauwirtschaft wieder in Schwung kommen.
Ein oder zwei weitere Zinsschritte in den USA
Daher rechnen wir in den USA mit einer oder möglicherweise auch zwei weiteren Zinserhöhungen im Jahr 2019 – so lange es nicht zu einer weiteren Verschlechterung der Konjunktur- oder Finanzmarktbedingungen kommt, und solange die Politik der Wirtschaft keinen Strich durch die Rechnung macht. Beispielsweise durch einen ungeordneten Brexit oder einer weiteren Eskalation des Handelskriegs zwischen den USA und China.
Für den Kapitalmarkt ist jedenfalls entscheidend, dass die Fed nun nicht mehr per Autopilot die Zinsen jedes Quartal um ein weiteres Viertelprozent anheben wird, sondern ihre Geldpolitik stärker von den Entwicklungen am Finanzmarkt und in der Realwirtschaft abhängig machen wird. Dies sollte zur Entspannung an den Kapitalmärkten beitragen, besonders an den Märkten für Unternehmensanleihen und für Anleihen aus Schwellenländer.
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