Die Folgen der Einhornplage

In den vergangenen Monaten haben sich sogenannte Value-Aktien im Vergleich zu Growth-Titeln dramatisch schwach entwickelt. Die Gründe und wie es weitergeht.

„Einer der Hauptgründe für die im Vergleich schlechte Performance von Value-Aktien sind die sogenannten Einhörner, also junge Start-ups, die zwar noch nicht an der Börse gelistet sind, aber von Investoren bereits mit mehr als einer Milliarde US-Dollar bewertet werden“, sagt Christian Schmitt, Senior Portfolio Manager bei Ethenea. „Vor zehn Jahren gab es nur eine Handvoll solcher Unternehmen, mittlerweile liegt ihre Zahl bei rund 500 – und damit ist eine wahre Einhornplage entstanden.“

Umsatzwachstum hat oberste Priorität für Einhörner

Das Problem sei die von den Jungunternehmen verfolgte Wachstumsstrategie. „Das Umsatzwachstum hat oberste Priorität für Einhörner und Start-ups, die Einhörner werden wollen“ erklärt Schmitt. Dieses Wachstum werde in der Regel über aggressive Marktanteilsgewinne erzielt. „Die Profitabilität spielt einstweilen keine Rolle und wird teilweise über Jahrzehnte hinweg der Eroberung globaler Märkte untergeordnet.“ Der Versandhändler Amazon – heute das drittteuerste börsennotierte Unternehmen der Welt – gelte hierbei vielen als Vorbild. „Wenn ein Einhorn in den Markt drängt, sind die Folgen für alteingesessene Unternehmen erheblich“, sagt Schmitt. Ein Beispiel sei der Fahrdienstleister Uber, der weltweit dem Taxigewerbe zusetze und beim Börsengang im Mai dieses Jahres mit 75 Milliarden US-Dollar bewertet wurde. „Diese Bewertung scheint bemerkenswert angesichts der Tatsache, dass das Unternehmen selbst in Frage stellt, jemals rentabel zu werden.“

Strukturelle Marktverzerrung immens

Dieses Geschäftsgebaren habe Einfluss auf eigentlich vorherrschende Marktmechanismen. „Wie sollen andere Unternehmen im Wettbewerb mit den Einhörnern bestehen, wenn die neuen Wettbewerber selbst keine Gewinnabsichten haben? Genau in dieser unterschiedlichen Vorgehensweise sehen wir einen der Hauptgründe für die dramatisch schwache Entwicklung von sogenannten Value-Aktien im Vergleich zu Growth-Aktien“, sagt der Experte. Die strukturelle Marktverzerrung, die mit den Einhörnern einhergehe, sei immens und treffe vor allem die Geschäftsmodelle heutiger Value-Aktien. Wann die schlechte Entwicklung ein Ende finde, sei angesichts der Natur der Einhörner weniger eine Frage der Bewertung. Wichtiger sei die Frage, so Schmitt, wie lange Investoren noch bereit wären, unprofitables Wachstum so massiv in der Breite zu finanzieren. „Bislang ist ein Ende dieses Trends allerdings nicht absehbar – es fließen immer noch dreistellige Milliardenbeträge in dieses Segment.“

Foto: Shutterstock

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