Die Inflation in Deutschland ist wieder gesunken, dennoch bewegen wir uns noch immer auf einem Niveau, das die letzten zehn bis 15 Jahre undenkbar schien. Zusätzlich dazu beschäftigen Leitzinsanhebungen der Notenbanken die Finanzmärkte. Für Lebensversicherer macht sich dies mitunter im schmerzlichen Abschmelzen der Bewertungsreserven bemerkbar. Nur noch eine Handvoll Unternehmen können auf einen positiven Saldo in den Bewertungsreserven blicken – zwei davon sind die Lebensversicherer aus dem Haus der Bayerischen, die beide weit über dem Branchendurchschnitt liegen.
Wir haben seit Jahren die höchsten Nettorenditen auf unsere Kapitalanlagen. Die sind essenziell für das Sicherungsvermögen unserer Vorsorgeprodukte, wie zum Beispiel bei der betrieblichen Altersvorsorge (bAV). Bei der Bayerischen fließen etwa 50 Prozent der bAV-Beiträge in das Sicherungsvermögen. 2022 haben wir hier eine Netto-Verzinsung von 5,1 Prozent erzielt, die Branche nur 2,1 Prozent. Aber klar, auch unsere Kundinnen und Kunden profitieren von einer positiven Verzinsung im Rahmen der Überschussdeklaration und diese beträgt auch in 2023 inklusive Schlussüberschussanteil und Mindestbeteiligung an den Bewertungsreserven bei über drei Prozent. Und damit liegen wir im Spitzenfeld des Marktes.
Vor diesem Hintergrund erscheint es zumindest verwunderlich, dass nahezu alle Wettbewerber im Markt in der Hochrechnung zu hybriden Vorsorgeprodukten mit einheitlichen Werten, wie etwa sechs Prozent rechnen. Gehen diese Anbieter tatsächlich davon aus, dass sie langfristig und im Durchschnitt einer Laufzeit diesen Wert auch in Zukunft erreichen werden? Es gibt sogar Anbieter, die trotz der realitätsfernen einheitlichen Hochrechnung aller Töpfe, inkonsequenterweise die dargestellten Leistungen nochmals mit der Schlussüberschussbeteiligung und der Beteiligung an den Bewertungsreserven schönrechnen.
Große Heterogenität bei den Hochrechnungsmethoden
Es herrscht offenbar eine große Heterogenität bei den Hochrechnungsmethoden. Das erschwert sowohl die Beratung zu diesen Produkten als auch am Ende die Vergleichbarkeit. Der Aufbau von Fondspolicen mit Garantien verstärkt dieses Problem zusätzlich. In der Regel vereinen solche Produkte über mehrere Anlagetöpfe Verzinsungselemente über die Einbindung des Sicherungsvermögens sowie Renditeelemente über ein Investmentvehikel. Da die Performance des Investments im Vorhinein unsicher ist, arbeiten die Lebensversicherer zwangsläufig mit unverbindlichen Hochrechnungsannahmen. Und bei der Hochrechnung dieser Anlagen liegt eben die Krux darin, dass die konkrete Hochrechnungsmethode der einzelnen Anlagetöpfe keiner rechtlichen Vorgabe unterliegt.
Hierdurch kann es in den berechneten möglichen Ablaufleistungen zu Rentenbeginn zu großen Unterschieden kommen. Viele dieser Hochrechnungsmethoden führen nicht zwangsweise zu einem realitätsnahen Ergebnis. So werden in der Bruttomethode nach der Produktinformationsstelle Altersvorsorge (PIA) und der GDV-Empfehlung das gesamte Kapital mit einer universellen Annahme zur Gesamtperformance hochgerechnet.
Im vergangenen Jahr haben wir sehr mit diesem Thema gerungen. Wir weisen die Renditeerwartung von Sicherungsvermögen und Fondstopf in unseren Produkten getrennt aus und scheren die Hochrechnung nicht über einen Kamm. Für uns sind die Transparenz Kundinnen und Kunden gegenüber sowie die gute Zusammenarbeit mit unseren Partnern wichtiger, als eine Hochrechnung, die auf den ersten Blick überzeugt, jedoch jeglicher Grundlage entbehrt. Ich muss dennoch zugeben, dass unser Weg von Vergleichsportalen nicht gewürdigt wird. Auch wir haben mit dem Gedanken gespielt, auf die Hochrechnung mit einheitlichen Werten zu schwenken.
Rechtsrisiken einer unrealistischen Darstellung
Wir haben es nicht gemacht, sondern uns lieber damit befasst, welche Rechtsrisiken in der unrealistischen Darstellung der Ablaufleistung stecken – für Versicherer und noch viel mehr für Vermittlerinnen und Vermittler. Denn die sind am Ende des Tages diejenigen, die dem Kunden gegenüberstehen und in der Pflicht stehen, zu erklären, wie Hochrechnungen und realistische Renditeerwartung zusammenhängen. Wir wünschen Kundinnen und Kunden diejenige hervorragende Beratung, die nötig ist, um hybride Vorsorgeprodukte und deren Renditeversprechen zu erklären und ins rechte Licht zu rücken. Sollte das nicht der Fall sein – und zu diesem Thema haben wir eigens ein Rechtsgutachten anfertigen lassen – gehen Vermittlerinnen und Vermittler ein hohes Rechtsrisiko ein. Sogar für uns war dieses Ergebnis brisant: Die Rechtsrisiken unzureichender Beratung bei derartigen Produkten sind erheblich.
Äußerst problematisch
Vor dem Hintergrund schrumpfender Zinsreserven in der Lebensversicherungsbranche ist es nachvollziehbar, dass bei der Hochrechnung auf den renditestarken Teil des Produktes gesetzt wird. Wir empfinden dies dennoch als äußerst problematisch. Zudem verbirgt sich darin auch ein Risiko für Versicherungsvermittler, die den Umstand unterschiedlicher Renditeentwicklungen in den jeweiligen Töpfen in jedem Fall transparent erklären müssen.
Wir wollen dafür sorgen, dass zu diesem Thema aufgeklärt wird, ohne mit dem Finger auf andere Marktteilnehmer zu zeigen. Es geht uns darum, mit größtmöglicher Transparenz zu glänzen und nicht mit „schwindligen“ Hochrechnungsmethoden. Wir sind aus diesem Grund sehr offen und teilen unsere Erkenntnisse mit jeder und jedem, der diesbezüglich auf uns zukommt.