In der Geschichte findet sich kein Beispiel für ein Land mit ähnlich gravierenden finanziellen Verwerfungen, dass seine Probleme nicht auch über Währungsabwertungen in den Griff bekommen hat. Ob in der Tequilla-Krise Mexikos 1994/95, in der Asien-Krise 1997/98, in der Russland-Krise 1998/99 oder in der Argentinien-Krise 2002, Abwertungen bis zu 400 Prozent waren nötig, um wieder wirtschaftlich atmen zu können. Es bedarf eines Wunders, um Griechenland ohne Abwertung erfolgreich zu sanieren. Aber leider ist Euroland nicht Wunderland. Unter uns gesagt: Diese Erkenntnis hat auch jeder, der fehlerfrei bis drei zählen kann.
Sanierung Griechenlands mit Pauken und Trompeten gescheitert
Die Politik befürchtet, dass ein Austritt Griechenlands weitere Austritte anderer Euro-Länder nach sich ziehen könnte, die finanziell dann nicht mehr beherrschbar wären. Eine Gewähr für ein Ausbleiben dieses Dominoeffekts ist aber auch bei Festhalten am Status Quo alles andere als sicher. Denn wie kann man den Finanzmärkten beruhigend versichern, Staaten wie Spanien oder Italien stützen zu können, wenn schon eine Sanierung Griechenlands mit Pauken und Trompeten scheitert?
Außerdem kann man nicht mehr ausschließen, dass die zunehmende Verschlechterung der sozialen Rahmenbedingungen über das Kaputtsparen Griechenlands irgendwann die Regierung in Athen politisch zwingt, von sich aus – überraschend – den Austritt zu erklären, was erst recht zu Schocks an den Finanzmärkten führte. Nicht zuletzt nehmen die politischen Risiken zu, dass die notwendigen Zustimmungen in allen nationalen EU-Parlamente für immer weitere Hilfen an das Groschengrab Griechenland sowie eine zunehmende Delegierung der nationalen Haushaltsrechte an eine Brüsseler Superbehörde nicht mehr erzielbar sind.
Eine Reihe von EU-Ländern hegt hier schon sehr frevelhafte Gedanken und selbst in der deutschen Regierungskoalition wird das Schweigegelübde in punkto kritischer Euro-Betrachtung mittlerweile gebrochen. Die Existenzrisiken der Eurozone sind bei Aufrechterhaltung des griechischen Status Quo unkalkulierbar groß.
Wo sind die Helden der Eurozone?
Ohne Zweifel werden die Bewältigung eines griechischen Austritts und damit auch ein Schuldenschnitt keine Spaziergänge. Dazu hat man seit Mai 2010 das Zeitfenster nicht genutzt. Aber was wären die Vorteile? Die Europäische Union würde klar zeigen, dass sie noch handlungsfähig ist, die Euro-Krise mit handfesten Instrumenten und nicht mit erfolgloser Gesundbetung in den Griff zu bekommen.
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