Wie bei anderen Anlageklassen fungieren Terminmärkte auch bei Gold als Treibmittel wie Backhefe. Nachdem sie den Preis des Goldes monatelang liebevoll nach oben getragen haben, wurden sie kürzlich ruckzuck zu treulosen Tomaten. Das blieb bei physisch investierten institutionellen Anlegern nicht ohne Folgen, die ebenso schnell Geld statt Liebe spielten.
Die Gold-Zweifel halten sich in Grenzen
Der spürbare Abwärtstrend leitet lang ersehntes Wasser auf die Mühlen der Goldskeptiker. Sie werden nicht müde zu betonen, dass Gold keine Zinsen und Dividenden zahlt und daher keine laufende Rendite bietet. Für Preisschwankungen würden Anleger nicht entschädigt.
Aber offensichtlich hat so mancher Frevler den Zweck von Gold nicht verstanden. Keine Frage, schön, wenn es steigt. Doch geht es nicht nur darum, Rendite zu erwirtschaften. Gold dient vor allem als Vollkaskoversicherung gegen bekannte und unbekannte Risiken des globalen (Finanz-)Systems.
Sind wir ehrlich. Die Probleme bzw. Argumente für Gold haben sich nicht verflüchtigt.
So wird die aktuelle Trump-Goldbremse wieder zum Trump-Gas. Offensichtlich wird es immer noch Zinssenkungen der US-Notenbank geben. Zudem wird jede offene Stelle im Fed-Direktorium durch die Ernennung einer Taube ersetzt. Das gilt nicht zuletzt für den Chefposten des Notenbankpräsidenten. Dann wird es heißen: Im Zweifel für den Angeklagten, für eher mehr Zinslockerungen.
Und dann gehen wir ans Eingemachte. Die von Trump geplante, massive Wirtschaftsförderung wird mit weiter galoppierender US-Staatsverschuldung einhergehen. Übrigens, in puncto Haushaltsdefiziten sind andere Länder ebenfalls keine Heiligen. Wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein. Es wird kein Stein den Boden verlassen.
Gemeinsam mit höheren amerikanischen Einfuhrzöllen spricht dies für eine höhere Trendinflation. Leider wird sie von den Notenbanken abseits schöner Sonntagsreden nicht mehr konsequent bekämpft wird. Denn zum Schuldenmanagement ist man darauf angewiesen, dass Preissteigerungsraten höher als die Zinsen sind. Nur so lässt sich der Schuldenstand künstlich reduzieren. Ohnehin weiß jeder Amerikaner, dass die tatsächliche Inflation deutlich oberhalb der amtlichen liegt.
Insgesamt sind Zinsen gegenüber dem zinslosen Edelmetall Gold wenig wettbewerbsfähig. Oder sollte man von Potemkin’schen Zins-Dörfern sprechen? Insofern ist auch nicht mit einer rasanten, zinsgetrieben Dollaraufwertung zu rechnen, die die Nachfrage nach dem in Dollar gehandelten Gold strukturell belasten würde.
Diese schnöde Zinserkenntnis wird auch den Terminmärkten und börsengehandelten Gold-Fonds (ETFs) nicht lange verborgen bleiben.
Daneben werden uns geopolitische Risiken weiterverfolgen wie Schatten. Wir wissen nicht, inwiefern der Ukraine-Konflikt an Brisanz verlieren und ein diesbezüglicher Deal zwischen Trump und Putin aussehen könnte.
Unabhängig davon wird der globale Konflikt zwischen den USA und China weiter gären. Beiden geht es um die pole position in der Welt und da wird mit harten Bandagen gekämpft. Und es gibt noch weitere (Schwellen-)Länder, die Uncle Sam gerne rupfen würden. Umgekehrt ist Trump ebenso kein Kind von diplomatischer Traurigkeit und immer für eine „Überraschung“ gut.
Überhaupt haben viele Länder längst davon Abstand genommen, ihre Währungsreserven weitestgehend in US-Staatspapieren zu halten. Dabei spielen neben Bonitätsgründen ideologische Konkurrenzgedanken eine große Rolle. Warum sollten sie den Klassenfeind Amerika finanzieren? Ebenso ist das Einfrieren der in russischem Besitz befindlichen amerikanischen Staatspapiere kein Kaufargument für US-Bonds. Man will nicht die Gefahr eingehen, auch auf totem Kapital zu sitzen. Dann investieren die Zentralbanken doch lieber in sanktionsfreies physisches Gold, auf dem man sitzt wie die Henne auf ihren Eiern.
Tatsächlich ist unverkennbar, dass die Notenbanker seit der Finanzkrise 2008 Gold anhäufen. Offensichtlich lieben sie die Geschichten von Onkel Dagobert und seinen Golddukaten.
Grafik: Goldkäufe der Notenbanken
Liebe Anlegerinnen und liebe Anleger, all das sind keine Argumente gegen Gold, sondern für Gold als strategische Depotkomponente. Gold ist alles andere als eine nutzlose Anlage. Im Trend der nächsten Jahre wird es weiter steigen, auch über 3.000 Dollar je Unze.
Zu guter Letzt, Gold unterliegt keinem Ausfallrisiko. Wenn alle Stricke reißen, kann man sich mit Gold immer noch die Objekte der Begierde bzw. die lebensnotwendigen Güter kaufen. Versuchen Sie das dann einmal mit bunt bedruckten Scheinchen. Dann macht sich im wahrsten Sinne des Wortes bezahlbar, dass Gold im Vergleich zu Geld kein beliebig vermehrbares Gut ist. Gold ist dann das einzige Geld. Ein solches Szenario ist auf absehbare Zeit nicht zu befürchten. Aber über diese ultimative, über jeden Zweifel erhabene Sicherheit jenseits von reinen Renditeüberlegungen verfügen zu können, ist beruhigend. Ein Goldanteil bis zu 10 Prozent des liquiden Anlagevermögens ist sinnvoll.
Und wenn Gold auch vorübergehend fällt, ist das völlig normal. Auch Kurse von Aktien und Kryptoanlagen sind keine Einbahnstraßen nach oben. Also bitte nicht mit zweierlei Maß messen.
Das schöne deutsche Volkslied „Gold und Silber lieb’ ich sehr, kann’s auch gut gebrauchen“ ist ein Evergreen.
Rechtliche Hinweise / Disclaimer und Grundsätze zum Umgang mit Interessenkonflikten der Baader Bank AG: https://www.roberthalver.de/Newsletter-Disclaimer-725