Mit einer Bevölkerung von 1,3 Milliarden Menschen ist Indien ein riesiger Wirtschaftsraum, der schnell aufholen kann. Gastkommentar von Avinash Vazirani, Jupiter Asset Management
Einige Daten vermitteln eine Vorstellung davon, wie schnell es aufholt. Beispiel Internetzugang: 2010 gab es weniger als 20 Millionen Internetzugänge. Ende 2015 waren es 350 Millionen, und bis 2020 wird sich diese Zahl mit voraussichtlich 730 Millionen mehr als verdoppeln. Ein weiteres Beispiel sind Flugreisen: In Großbritannien machen die Leute durchschnittlich zwei Flüge im Jahr. Menschen in weniger weit entwickelten Ländern Asiens wie etwa Thailand fliegen etwas seltener als einmal pro Jahr. In Indien liegt der Durchschnitt derzeit bei nur 0,08 Flügen pro Jahr.
Aber die indischen Einkommen steigen schnell und die städtische Mittelklasse des Landes (Menschen, die zwischen zehn und 100 US-Dollar pro Tag verdienen) wird voraussichtlich von heute etwa 50 Millionen Menschen auf 475 Millionen im Jahr 2030 ansteigen. Wir denken, dass der Aufholprozess Indiens weiterhin Geschäftsmöglichkeiten bietet und ein schnelles Wirtschaftswachstum fördern wird. Und das ist im Grunde schon jetzt der Fall. 2015 wuchs die Wirtschaft Indiens mit 7,2 Prozent sogar noch schneller als die Chinas.
Der Aufholprozess ist nicht neu, aber über viele Jahre wurde die Entwicklung Indiens durch Wachstumshindernisse gebremst, in erster Linie aufgrund eines Mangels an geeigneter Infrastruktur (entweder physischer wie Eisenbahnen oder Straßen oder sozialer wie Gesundheitsversorgung und Bildung) sowie aufgrund nicht mehr zeitgemäßer und übermäßig restriktiver Gesetze. In der Vergangenheit kämpfte eine Reihe von Koalitionsregierungen darum, die politische Dynamik zu erzeugen, um diese Probleme zu beheben. Doch erst durch die Wahl der wirtschaftsfreundlichen Regierung von Präsident Narendra Modi im Jahr 2014 mit einer deutlichen Mehrheit und dem Auftrag für Reformen in diesen entscheidenden Bereichen erhielt Indien einen bedeutenden positiven Impuls. Neben der Wiederbelebung ins Stocken geratener Projekte waren die Initiativen der Modi-Regierung bei der finanziellen Inklusion ein außergewöhnlicher Erfolg.
Bankkonten, Sozialversicherung und Krankenversicherung wurden mit eindeutigen biometrischen Informationen für die gesamte Bevölkerung verknüpft. Hierdurch hat bereits für Millionen die Befreiung aus der Armut eingesetzt, während weite Teile des Landes aus der Schattenwirtschaft in das offizielle Bankensystem überführt wurden. Zudem hat die Regierung Modi gute Fortschritte dabei gemacht, ein äußerst ineffizientes Netzwerk von Umsatzsteuern lokaler Bundesstaaten durch eine einzige Steuer auf Waren und Dienstleistungen (Goods and Sales Tax) abzulösen, deren Umsetzung eine radikale Effizienzsteigerung auf allen Ebenen der Wirtschaftsaktivitäten in Indien verspricht.
Welche Art von Unternehmen wird profitieren?
In den vergangenen Jahren haben sich weltweite Anleger in Indien vorwiegend auf den Bereich Dienstleistungsexporte konzentriert und Unternehmen den Vorrang gegeben, die relativ billige, gebildete und Englisch sprechende heimische Arbeitskräfte einsetzen und für weltweite Kunden – in der Regel im IT- und Telekommunikationssektor – tätig sind. Heute liegt das wahre, längerfristige Potenzial meiner Überzeugung nach in der Binnenwirtschaft und der wachsenden Mittelklasse Indiens.
Auch lokale Unternehmen sind wettbewerbsfähig. Heute gibt es in Indien sehr viele innovative, hochwertige Unternehmen, die bereit sind, auf die sich wandelnden Bedürfnisse der indischen Verbraucher zu reagieren. Der Aktienmarkt des Landes ist mit über 4.000 notierten Unternehmen mit einem Gesamtwert von 1,2 Billionen US-Dollar ungeheuer groß und extrem vielseitig. Das Spektrum reicht von dynamischen inländischen Fluggesellschaften, die den anhaltenden explosionsartig steigenden Bedarf an Flugreisen decken können, bis hin zu innovativen Pharmaunternehmen, die zu ihren eigenen Bedingungen mit globalen Marken in den Wettbewerb eintreten können. Die Corporate Governance – in der Vergangenheit oftmals ein Sorgenkind – verbessert sich beständig, und Indien hat bereits ein besseres durchschnittliches Rating als China bei der Führung seiner Unternehmen.
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Wir sind Stock-Picker mit langjähriger Erfahrung mit Anlagen in Indien und einer flexiblen Strategie, die sowohl in mittelgroße als auch große, besser bekannte Unternehmen investiert. Wir sind überzeugt, dass wir die Fähigkeit und das Know-how besitzen, ein diversifiziertes Aktienportfolio aufzubauen, das nicht nur etablierte Unternehmen von heute, sondern auch die Riesen von morgen ins Visier nimmt. Avinash Vazirani ist Fondsmanager des Jupiter India Select SICAV bei Jupiter Asset Managment
Foto: Jupiter Asset Management