Angesichts der Coronapandemie und den wirtschaftlichen Folgen passt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ihre Aufsichtspraxis an und ergreift präventive Maßnahmen. Ziel ist eine Entlastung der Banken sowie mehr aufsichtliche Flexibilität bei gleichzeitigem Erhalt der Finanzstabilität.
Angesichts der Coronapandemie und den wirtschaftlichen Folgen passt nun die BaFin ihre Aufsichtspraxis und ihre Maßnahmen an. „Das bestehende Regelwerk ermöglicht ein hohes Maß an aufsichtlicher Flexibilität, die wir umfassend nutzen“, erklärt der Präsident der Behörde, Felix Hufeld. „Wir entlasten die Banken da, wo es ohne Einbußen für die Finanzstabilität möglich ist.“ Damit schließt sich die BaFin entsprechenden Empfehlungen der EU-Regulierungs- und Aufsichtsinstanzen an.
„Die von BaFin und Deutscher Bundesbank rund um die Corona-Pandemie getroffenen Maßnahmen haben präventiven Charakter“, erläutert Exekutivdirektor Raimund Röseler. Sie dienten dazu, den betroffenen Unternehmen die nötige Flexibilität in dieser Situation zu verschaffen und sich auf die operationelle Aufrechterhaltung ihres Geschäftsbetriebs und die Vergabe von Krediten an die Realwirtschaft zu fokussieren.
Ferner unterstützt die BaFin mit ihren Maßnahmen die staatlichen Programme zur Abmilderung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise, wie sie über Förderbanken initiiert worden sind. „Wir flankieren mit unseren Maßnahmen die fiskalischen Unterstützungsprogramme – und das fortlaufend und je nach Entwicklung der Lage“, stellt Hufeld fest.
Auf ihrer Homepage veröffentlicht die BaFin zudem FAQ zu diversen Corona-Themen und aktualisiert sowie erweitert diese regelmäßig. Was die Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse bei Kreditgewährung (Paragraph 18 Kreditwesengesetz) angeht, stellt die BaFin klar, dass für die Beurteilung der Kreditwürdigkeit die Analyse des letzten verfügbaren Jahresabschlusses ausreichend ist, in der Regel derzeit der Jahresabschluss aus 2018, sofern der Jahresabschluss aus 2019 noch nicht vorliegt.
Für die Bewertung der Kapitaldienstfähigkeit können die Institute eine ganzjährige Liquiditätsbetrachtung des Kreditnehmers aus der Vergangenheit heranziehen. Bei den Verhaltens- und Informationspflichten im Wertpapiergeschäft wird die BaFin Verstöße bis auf Weiteres nicht verfolgen, die etwa bei Wertpapierdienstleistungen auftreten, die aus dem Homeoffice erbracht werden. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass etwaige Dokumentations- oder Informationslücken geeignet geschlossen und die Kunden hierüber informiert werden.
Die Finanzaufsicht hat darüber hinaus eine Vielzahl von Maßnahmen erlassen, mit deren Hilfe Spielräume zur Kreditvergabe und gegebenenfalls Verlustabsorption erhöht werden. Vor diesem Hintergrund und angesichts einer hohen Ungewissheit über die weiteren Entwicklungen empfiehlt die BaFin allerdings, von Aktienrückkäufen Abstand zu nehmen sowie Ausschüttungen von Dividenden, Gewinnen und Boni sorgfältig abzuwägen. „Wir raten Finanzinstituten, mit vorhandenen Kapitalressourcen sehr sorgfältig umzugehen“, führt Hufeld aus.
Ferner rät die BaFin, die Übergangsregeln zum Rechnungslegungsstandard IFRS 9 anzuwenden. „Wir empfehlen den Banken, dass sie ihre Mittelfristbetrachtung stärken“, macht Röseler deutlich. Bei Coronabedingten Zahlungsverzügen solle eine „Through the cycle“-Perspektive eingenommen werden, die auch die staatlichen Maßnahmen zur Milderung der wirtschaftlichen Folgerungen berücksichtigt. Der Dialog mit den Standardsetzern zur Rechnungslegung in diesen Fragen wird auf nationaler und internationaler Ebene fortgesetzt.
Foto: Mike Wolff, dpa