„Die starke Verbindung und das Vertrauen waren sehr gut“

Foto: Die Haftpflichtkasse
Thorsten Wetzel, Vorstand der Haftpflichtkasse.

Klein und fein: Beim Thema Haftpflicht- oder Hausratversicherungen kommen Maklerinnen und Makler kaum an den Tarifen der Haftpflichtkasse vorbei. Cash. sprach mit Torsten Wetzel, Vorstand Betrieb, Schaden, Rückversicherung und Produktmanagement bei der Haftpflichtkasse, über die Stärken der Gesellschaft, den digitalen Wettbewerb, die Tücken der Corona-Pandemie und die Herausforderungen beim Thema Nachhaltigkeit.

Wie zufrieden sind Sie mit dem abgelaufenen Geschäftsjahr?

Wetzel: 2021 war für uns ein sehr starkes Geschäftsjahr. Die Coronapandemie hatte 2020 durch die massiven Einschränkungen des öffentlichen Lebens in unserem Haus zu einer unerwarteten Belastung in der Sparte Betriebsschließungsversicherung geführt. 2021 sind wir dann wieder zu unserer alten Ertragssituation zurückgekehrt. Wir konnten das Geschäftsjahr 2021 mit gebuchten Bruttobeiträgen in Höhe von rund 232,29 Millionen Euro abschließen. Ein Plus von 6,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Gewinn nach Steuern lag bei 17,5 Millionen Euro.

Die Haftpflichtkasse taucht stets in den Ratings und Rankings sehr weit oben auf. Wie erklären Sie sich, dass ein Spartenversicherer eine derartige Stärke im Markt hat?

Wetzel: Unsere Stärke liegt in der hohen Spezialisierung und der langjährigen Erfahrung in den Segmenten Hausrat, Haftpflicht und Unfall. Unsere hohen Servicelevels sind in der Branche einfach anerkannt. Und natürlich versuchen wir, bei den Prozessen stets besser zu werden. Das führt letztlich zu der hohen Anerkennung in den Ratings.

Was waren aus Ihrer Sicht die Produkte und Segmente, die bei den Kunden überzeugen?

Wetzel: Erfreulicherweise konnten wir über sämtliche Sparten Zuwächse generieren. Die stärkste Nachfrage beziehungsweise die stärksten Zuwächse hatten wir in den Sparten Haftpflicht- und Hausratversicherung. Die gebuchten Bruttobeiträge in der Haftpflicht-Versicherung erhöhten sich um 4,5 Prozent auf 128,606 Millionen Euro. Die Anzahl der Versicherungsverträge konnten wir in dem Zeitraum von 1.506.400 auf 1.542.651 Stück steigern. Ein enormes Plus konnten wir zudem bei der Hausratversicherung verbuchen.

Die Bruttobeiträge erhöhten sich dort um 14 Prozent von 45,953 Millionen auf 52,384 Millionen Euro. Treiber ist nach wie vor der zur Jahresmitte 2018 eingeführte Tarif „HR Einfach“. Der kommt immer noch gut im Markt an. Zudem sehen wir nach der der Flutkatastrophe vermehrt Elementareinschlüsse in der Hausratversicherung. Die Vertragsstückzahl stieg hier von 462.801 auf 521.210 Verträge. Ein Plus von 12,6 Prozent.

Eine Umfrage von Check24 zeigt, rund 20 Prozent der Deutschen haben keine private Haftpflichtversicherung. Für Sie nachvollziehbar?

Wetzel: Die Umfrage deckt sich mit unseren Erfahrungen und den bisherigen Betrachtungen des GDV. Nach dem Gesetz haftet jeder für die Schäden, die er anderen schuldhaft zufügt. Und das in unbegrenzter Höhe. Daher ist meine Antwort hier eindeutig. Eine private Haftpflichtversicherung ist für mich die wichtigste Absicherung überhaupt. Nur um das zu verdeutlichen, von welchen Beträgen wir hier im Worst-Case sprechen: Unseren bisher größten Schaden in der PHV hat ein minderjähriges Kind verursacht. Es hat auf dem Schulgelände gezündelt und einen Großbrand verursacht. Die Schadensumme für uns als Haftpflichtkasse lag am Ende bei exakt 3,136 Millionen Euro.

Können Sie beziffern, wie hoch die durchschnittliche Schadensumme liegt?

Wetzel: Eine seriöse Aussage lässt sich nicht treffen. Auch weil die Haftpflichtschäden eigentlich nicht vergleichbar sind. Das beginnt mit den leichten Sachschäden. Da bewegen wir uns im Schadendurchschnitt zwischen 500 und 1.000 Euro. Aber es kommen unter Umständen auch noch Personenschäden hinzu.

Die Haftpflichtkasse ist im Privat- und Geschäftskundensegment tätig. Zudem bieten Sie auch Unfallversicherungen und Hausrat an. Wo liegen ihre Schwerpunkte?

Wetzel: Der deutlich größere Anteil findet sich im Privatkundengeschäft. Man muss sagen, dass wir im Segment der Geschäftskunden uns auf das Angebot der Betrieblichen Haftpflichtversicherungkonzentrieren. Und dorteine Auswahl beschränkter Betriebsarten anbieten.

Gibt es Pläne, künftig stärker im Geschäftskundensegment tätig zu werden?

Wetzel: Wir überprüfen kontinuierlich unsere Betriebsarten. Und wir wollen uns hier tatsächlich breiter aufstellen. Im Rahmen unseres Strategieprogramms überprüfen wir derzeit, ob wir 2023 die gewerbliche Inhaltversicherung in unser Produktangebot aufnehmen. Der Markt ist absolut interessant.

Als Haftpflichtkasse konkurrieren sie in den Segmenten Haftpflicht, Hausrat, Unfall und immer stärker auch mit Direktversicherern und Insurtechs: Wie positionieren Sie sich gegenüber den Wettbewerbern?

Wetzel: Eine ganz Reihe junger Wettbewerber dringt in Teile unserer Wertschöpfungskette ein. Das ist natürlich herausfordernd für einen Maklerversicherer. Ich glaube aber, dass wir bei den Prozessen effizienter und immer noch den „Tick“ besser sind als die Wettbewerber. Von 400.000 Anrufen im Jahr erreichen rund 99 Prozent beim ersten Anruf den gewünschten Gesprächspartner.

Was mich besonders freut ist, dass wir hiervon 90 Prozent innerhalb dieses ersten Telefonats auch final lösen können. Fakt ist, die digitale Evolution verstärkt natürlich den Wettbewerbsdruck. Ich sehe darin aber einen Ansporn, die Kundenzufriedenheit weiter zu steigern und uns an unserem Leistungsversprechen messen zu lassen. Ich glaube persönliche Erreichbarkeit, schnelle und kompetente Antworten auf Fachfragen sowie eine zuverlässige Schadenbearbeitung zeichnen unseren Service aus. Neben hervorragenden Produkten spielt natürlich auch das Preis-Leistungsverhältnis eine wichtige Rolle.

Sie erwähnten eben den Preis. Der spielt für nicht wenige Kunden in der privaten Haftpflichtversicherung eine wichtige Rolle. Ist das Feilschen um den Cent der richtige Ansatz?

Wetzel: Meines Erachtens nicht. Ich glaube, neben dem Preis beeinflusst bei dem Versicherungsprodukt im freien Vertrieb vor allem Services wie schnelle Reaktionszeiten und eine gute telefonische Erreichbarkeit die Wahl. Diese Servicestandards werden von den Vermittlern auch heute noch bevorzugt und ich glaube, bei der Auswahl des Versicherers auch geprüft. Der Makler braucht einen Problemlöser und persönlichen Ansprechpartner beim Versicherer. Man sieht das auch bei uns.

Innerhalb der Fachabteilungen der Haftpflichtkasse stehen den Vermittlern immer Ansprechpartner zur Verfügung. Weiterhin schätzen die Vertriebspartner eine direkte und sehr gute Erreichbarkeit des Service-Centers. Das ist unsere absolute Stärke. Und deswegen spreche ich auch bewusst von Service-Center und nicht Call-Center. Wir haben dort mindestens Versicherungskaufleute sitzen. Überwiegend sind es Versicherungsfachwirte. Aber auch Juristen. So garantieren wir schnelle und kompetente Antworten auf Fachfragen innerhalb der Vertrags- und Schadenbearbeitung.

Wie muss ich mir das Service-Center vortstellen? Sind es Versicherungskaufleute oder Juristen? Denn oftmals müssen ja doch juristische Fragen beantwortet werden?

Wetzel: Das Service-Center ist unsere innere Stärke. Und deswegen spreche ich auch bewusst von Service-Center und nicht Call-Center. Wir haben dort mindestens Versicherungskaufleute beschäftig. Überwiegend sind es Versicherungsfachwirte. Und auch Juristen. Zudem bieten wir verschiedene Service-Hotlines im Schadenbereich an, die werden vom Service-Center direkt dem jeweiligen Schaden zugeordnet. Und so können sie entsprechend auch bei Juristen telefonisch aufschlagen.

Der Megatrend der Digitalisierung macht auch vor der Versicherung nicht halt. Gerade die Versicherung als abstraktes, nicht-physisches Produkt ist in höchstem Maße digitalisierungs-affin. Stichworte sind Rationalisierung im Betrieb, neue, günstigere Wege im Vertrieb. Zudem haben sich die Ansprüche der Kunden in den vergangenen zwei Jahren verändert. Wie gehen Sie diese Herausforderung an?

Wetzel: Wir als Haftpflichtkasse gehen unseren Weg, technisch auf Ballhöhe zu sein, konsequent weiter. In der Zukunft bedeutet das für dieMassensparten, dass die Wege zwischen Kunde, Vermittler, Risikoträger und technischem Dienstleister, logisch sind und die Prozesse in sich geschlossen. Als Spezialversicherer mit dem Hauptfokus auf den Maklervertrieb haben wir sehr gute Voraussetzungen, auch in dieser Hinsicht marktprägend agieren zu können. Im Wesentlichen geht es hier ja um Prozesseffizienz und Automatisierung.

Wir arbeiten mit unseren Vermittlern seit vielen Jahren ohne flächendeckende regionale Maklerbetreuung zusammen. Der Vertrieb ist dennoch mit dem Service sehr zufrieden. Das belegt die These, dass die Werthaftigkeit einer Zusammenarbeit für Makler offensichtlich von anderen Faktoren abhängig ist. Die skizzierte Erreichbarkeit zum Zeitpunkt des Problems, aber auch automatisierte Prozesse, die Schadenregulierung und natürlich auch wettbewerbsfähige Produkte sind hier zu nennen.

Die Digitalisierung sorgt für neue Entwicklungen im Angebot. Etwa Kurzzeitpolicen oder situative Versicherungen für Kurztrips, Konzerte, Veranstaltungen. Wie bewerten Sie die Ansätze?

Wetzel: Ich glaube, situative Versicherungen oder Kurzzeitschutz-Verträge zur ergänzenden Absicherung eines langlaufenden Vertrages können sinnvoll sein. Nach unseren Erfahrungen spielen situative Versicherungen bei für die Mehrheit der Endkunden momentan keine zentrale Rolle. Wir haben derartige Policen bereits getestet und wir beobachten Markt. Aber momentan wird es nach unseren Erfahrungen nicht abgefragt. Sofern hier das Interesse steigen sollte, können wir solche Tarife anbieten.

Wenn wir auf den Vertrieb vor der Pandemie zurückblicken und nun den Zustand heute – was waren für Sie die wichtigsten, bedeutendsten Veränderungen in den vergangenen 26 Monaten?

Wetzel: Es ist offensichtlich, dass sich die Vermittler noch intensiver mit dem Thema Digitalisierung und Automatisierung auseinandergesetzt haben. Man versucht, das kleinteiligere Geschäft, noch intensiver kostenarm zu verwalten. Hier helfen Automatisierung und Digitalisierung immens. Das stellen wir auch zunehmend fest.

Sie haben im Januar ein neues Produkt in der Privathaftpflicht vorgestellt? Wie sieht Ihr Fazit nach rund 100 Tagen aus? Und welche Rolle spielten die Vertriebspartner bei der Entwicklung des neuen Produktes?

Wetzel: Wir haben Anfang 2022 die Tarifstruktur in der PHV vereinfacht. Neu ist, dass wir nur noch drei statt vier Produktlinien anbieten. „Einfach gut“, „Einfach besser“ und „Einfach komplett“. Im Rahmen der Neustrukturierung haben wir auch an den Versicherungssummen gearbeitet und diese für alle drei Produktlinien deutlich erhöht. Diese liegen nun bei 25, 50 und 70 Millionen Euro. In die Entwicklung sind auch die Wünsche der Kunden und Vertriebspartner eingeflossen.

Die Zufriedenheit der Kunden hat für uns oberste Priorität. Aus dem Grund geben wir auch eine Zufriedenheitsgarantie für unsere Kunden in den neuen Tarif integriert. Vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels bei Familienformen haben beispielsweise nun auch eine eigene Tarifvariante für Paare ohne Kinder im Angebot. Zudem spielt auch das Carsharing gerade in Ballungsräume eine immer wichtigere Rolle. Das haben wir aufgegriffen. Dabei übernehmen wir im Schadenfall den Selbstbehalt der Vollkasko bis zu 250 Euro. Und bei Elektroautos darüber hinaus bis 500 Euro.

Schäden an gemieteten E-Scootern sind ebenfalls mitversichert. Ganz spannend: Mit der Neuwert-GAP-Deckung wird die Differenz bis zum Neuwert bis 5.000 Euro erstattet. Wenn der Versicherungsnehmer als Anspruchsteller von einem anderen Haftpflichtversicherer nur den Zeitwert ersetzt bekommt. Heißt also, wir füllen bis zum Neuwert auf. Bei nachhaltigen Neuanschaffungen übernehmen wir zusätzlich bis zu 20 Prozent.

Was uns überrascht hat, war das hohe Interesse bei der Produktvorstellung. Bei der Anmeldung zur digitalen Produktvorstellung war die Nachfrage derart groß, dass wir Zusatztermine anbieten mussten. Wir haben deutlich über 4.000 Teilnehmer verzeichnen können.Das zeigt einmal mehr, dass wir als Versicherer und Partner geschätzt werden.

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