Die Veress-Kolumne: „Mehr Swissness in der Altersvorsorge wagen“

Aron Veress, CEO der Liechtenstein Life
Foto: Liechtenstein Life
Dr. Aron Veress ist CEO der Liechtenstein Life.

Das deutsche und das schweizer Vorsorgesystem sind sich strukturell in Vielem ähnlich. Trotzdem sorgen die Schweizer anders vor als die Deutschen – und auf lange Sicht häufig auch renditestärker. Etwas mehr «Swissness» in der Vorsorge könnte angesichts der demografischen Herausforderungen hierzulande für mehr persönliche Sicherheit sorgen.

Zwei Länder, ein ähnliches Vorsorgesystem, aber deutliche Unterschiede in der Art und Weise, wie Menschen finanziell fürs Alter vorsorgen: Trotz vergleichbarer Strukturen in einem Drei-Säulen-System aus staatlicher, betrieblicher und privater Vorsorge legen viele Schweizerinnen und Schweizer ihr finanzielles Alterspolster anders an als Deutsche.

Der Grund dafür sind weniger der gut aufgestellte Schweizer Finanzsektor oder niedrigere Steuern, sondern die Mentalität, mit der Schweizerinnen und Schweizer investieren. Viele Aspekte davon könnten deutschen Sparern und ihren Maklern angesichts der Herausforderungen des Rentensystems als Blaupause für eine zukunftsfähige persönliche Geldanlage dienen. 

Schweizer Anlagementalität als Asset

Für Schweizer Anleger sind Finanzthemen vergleichsweise alltäglich, weil der Finanzsektor generell eine höhere volkswirtschaftliche Bedeutung hat und öffentlich stark wahrgenommen wird. Im internationalen Vergleich verfügen sie über einen hohen Bildungsgrad in Finanzfragen und einen relativ routinierten Umgang mit den Entwicklungen am Kapitalmarkt. Diese Mentalität sorgt dafür, dass sie Schwankungen an den Kapitalmärkten pragmatischer beurteilen. Risiken und Chancen werden langfristig gegeneinander abgewogen. Hinzu kommt die für die Schweiz typische Mentalität der Eigenverantwortung.

Der Wille, die eigene Zukunft selbst zu gestalten, ist in der urdemokratischen Schweiz viel stärker verankert als in vielen anderen europäischen Ländern. Innerhalb des Drei-Säulen-Systems wird in der Schweiz deshalb strategischer investiert als in vergleichbaren Märkten: Neben dem reinen Umlagesystem der staatlichen Vorsorge sind Pensionskassen als berufliche Komponente weit verbreitet. In der so genannten Säule 3a, der staatlich geförderten privaten Vorsorge, investieren Schweizer nicht nur tendenziell mehr, sondern auch etwas risikoreicher und erhöhen damit auch potenzielle Renditemöglichkeiten. Diese Anlagementalität verschafft ihnen strategische Vorteile: Viele Schweizer sorgen für sich selbst über alle drei Säulen vor, schaffen private Alternativen zur Vorsorge durch den Staat und streuen so Risiken.  

Alles auf Umlage? Demografische Risiken der deutschen Altersvorsorge

In Deutschland vertraut die Mehrheit dem umlagefinanzierten öffentlichen Rentensystem. Portfolios von Privatanlegern sind in der Regel weniger verbreitet und stark auf risikoarme Anlagen ausgerichtet. Auch bei fonds-gebundenen Lebensversicherungen herrscht Nachholbedarf.  Für die meisten Deutschen ist Altersvorsorge immer noch primär Aufgabe des Staates. Zusätzliche private Absicherung wird von den meisten nicht als Notwendigkeit wahrgenommen sondern als wage Option.

Die demografische Umwälzung wirkt sich jedoch auf ein vorwiegend umlagefinanziertes Vorsorgesystem gravierend aus: Die geburtenstarken Babyboomer verabschieden sich in den kommenden Jahren in den Ruhestand, der von einer schrumpfenden Zahl an Arbeitnehmern finanziert werden muss. Damit ist eine grundlegende Gleichung der Altersvorsorge in Frage gestellt: Arbeitnehmende werden mittel- bis langfristig mehr in die Umlagefinanzierung einzahlen müssen, dürfen aber für den eigenen Ruhestand weniger erwarten, sei es durch die Anhebung des Rentenalters oder durch eine Korrektur der Renten nach unten.

Angesichts der demografischen Schieflage sollte auch die private Vorsorge zu einer tragenden Säule innerhalb der Altersvorsorge werden, die unabhängig vom Umlagesystem Erträge erwirtschaftet. Es wird Zeit, in der staatlichen Vorsorge auch die Risiken zu erkennen und in den Kapitalmärkten auch Chancen. Wenn sich die Demografie und damit die Basis der bisherigen Altersvorsorge ändert, ist es an der Zeit für einen Bewusstseinswandel und eine Stärkung von Eigeninitiative. Makler und Vermittler sollten bei ihren Kunden ein Bewusstsein für die eigene Verantwortung und den Gestaltungsspielraum wecken – und die Chancen, die etwas mehr Swissness bei der Gestaltung der persönlichen Altersvorsorge bietet. 

Dr. Aron Veress ist CEO der Liechtenstein Life.

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