Keine Art, sich fortzubewegen, belastet das Klima mehr als das Fliegen. Laut einem Bericht des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) trägt die Luftfahrt insgesamt 3,5 bis fünf Prozent zur globalen Erwärmung bei. Und trotz aller Bemühungen, das Fliegen klimafreundlicher zu gestalten – zum Beispiel durch den Einsatz von CO2-neutralem Kerosin – wird es wohl ein Klimakiller bleiben. Die Airlines sollten aufhören zu suggerieren, dass klimafreundliches Fliegen in den heutigen Dimensionen machbar sei, forderte im Sommer Dietrich Brockhagen, Geschäftsführer der Klimaschutzorganisation Atmosfair. Weniger fliegen bleibe die wichtigste Klimaschutzmaßnahme, erklärte er.
Das gilt nicht nur im privaten Bereich, sondern auch bei Dienstreisen. Und tatsächlich wurden in der Wirtschaft – vereinzelt – bereits Konsequenzen gezogen. So haben manche Unternehmen und Institutionen Kurzstreckenflüge für ihre Mitarbeitenden verboten – als Beispiele nennt das Öko-Institut e.V. aus Freiburg die Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin und die Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde – oder erstatten keine Kosten für solche Flüge mehr. Auch die Mitarbeitenden der Deutsche Telekom und der Deutschen Bahn dürfen laut Öko-Institut für innerdeutsche Kurzstrecken, die gut mit dem Zug zurückgelegt werden können, keine Flugtickets mehr buchen. Und wie sieht es in der Finanzdienstleistungsbranche aus? Cash. hat sich bei Versicherern, Vertrieben und Asset Managern umgehört.
Bei der Zurich Versicherung existiert laut Bernd O. Engelien, Leiter Politik und Unternehmenskommunikation, bereits seit einigen Jahren die Regelung, dass innerdeutsche Flüge – oder auch Flüge auf der Verbindung nach Zürich – grundsätzlich nicht mehr gebucht werden sollen. „Zurich strebt bis 2030 Netto-Null CO2-Emissionen im eigenen Betrieb an und will bis 2050 Netto-Null für die finanzierten Emissionen der eigenen Anlageportfolios erreichen. Unser Dienstreiseverhalten haben wir einer Transformation unterzogen“, erklärt Engelien. „Emissionen aus Flugreisen wurden bereits um mehr als 70 Prozent gegenüber 2019 reduziert. Dafür setzen wir heute vermehrt auf digitale Austauschformen und Bahnreisen – gerade auf innerdeutschen Strecken.“
Flugreisen innerhalb Deutschlands haben beim Finanzvertrieb Plansecur laut Geschäftsführer Heiko Hauser in den vergangenen zwei Jahren nicht stattgefunden. Daher benötige man auch keine explizite Vorgabe für diesen Bereich. „Für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gilt die Leitlinie, bei Dienstreisen erstrangig die Bahn zu benutzen und nur in begründeten Ausnahmefällen auf das Auto auszuweichen“, so Hauser. Aktuell erarbeite das Unternehmen gemeinsam mit einem externen Partner eine noch differenziertere CO2-Bilanz, um den ökologischen Fußabdruck durch gezielte Maßnahmen anschließend kontinuierlich zu reduzieren.
Beim auf erneuerbare Energien spezialisierten Asset Manager und Fondsanbieter Ökorenta gibt es zwar kein pauschales Flugverbot – wenn geflogen wird, setzt man aber auf Kompensation. „Verantwortungsvolles und nachhaltiges Handeln sind für uns auch unternehmensintern selbstverständlich. Ebenso ist für uns die Selbstbestimmtheit unserer Angestellten ein hohes Gut, daher existiert kein pauschales Flugverbot“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter Jörg Busboom. „In der Praxis stellt die Nutzung von E-Mobilität oder Bahnreisen den absoluten Großteil unserer Reisebewegungen dar. Falls jedoch situativ für eine Dienstreise das Flugzeug unumgänglich erscheint, so werden entstehende Emissionen in Zusammenarbeit mit Atmosfair kompensiert.“ Man fühle sich mit der heutigen Praxis sehr wohl, betont Busboom: „Unsere intrinsisch nachhaltigkeitsorientierte Mitarbeiterschaft reist größtenteils CO2-frei, wir erhalten jedoch für den Bedarfsfall nötige Flexibilität und kompensieren.“
Dagegen gibt es bei der auf ethisch-nachhaltige Geldanlagen spezialisierten Investmentboutique Arete Ethik Invest „absolut nie“ innerdeutsche Flüge, diese würden auch nicht akzeptiert, erklärt Gunter Schäfer, Chief Sales/Communications/Marketing Officer für Deutschland. Er selbst nutze die Bahncard 100 für seine Geschäftsreisen, selten das Auto. Der Münchener Versicherer Bayerische hat bereits seit längerem Nachhaltigkeitskriterien in seine Dienstreiserichtlinie integriert. Diese gibt laut Pressesprecher Moritz Rebhan vor, Bahn oder PKW bevorzugt zu nutzen. Strecken wie zum Beispiel München-Berlin seien für Flugreisen gesperrt.
Natürlich hat das Bahnfahren seine ganz eigenen Tücken, jeder Kunde der Deutschen Bahn hat das schon erlebt: Verspätungen, Zugausfälle, instabiles WLAN. Eines klappt aber immer, wenn man den Zug nimmt: das klimafreundliche (Dienst-)Reisen.