Was heißt Digitalisierung für die DVAG und welche Aspekte umfasst das Thema?
Glanz: Digitalisierung bedeutet für die Deutsche Vermögensberatung, die gesamten Abwicklungsprozesse so effizient und schnell zu gestalten wie möglich. Wir reden dabei aber in erster Linie nicht von der Durchführung des eigentlichen Kerngeschäfts, also die Beratung unserer Kundinnen und Kunden durch die Vermögensberaterinnen und Vermögensberater. Denn dort sehen wir heute, aber auch in der Zukunft, weiterhin den Fokus auf der Beratung von Mensch zu Mensch und von Angesicht zu Angesicht – durchaus mit Hilfe von digitalen Hilfsmitteln, aber hauptsächlich auf Basis der individuellen Kompetenz. Digitalisierung beginnt erst richtig, wenn der Abschluss stattgefunden hat, also die Beratung zum Erfolg geführt hat. Dann greift die digitale Abwicklung der Anträge und der umfangreichen Dokumentationspflichten, die heute ohne Digitalisierung kaum noch machbar sind. Auch für die DVAG selbst ist die automatisierte Erfassung und Abwicklung wichtig, zumal wir keine eigenen Produkte verkaufen, sondern mit 22 unterschiedlichen Gesellschaften zusammenarbeiten. Daneben geht es darum, den Kunden bestmöglich und schnellstmöglich mit so viel Information wie möglich zu versorgen.
Welche Tools nutzt die DVAG beziehungsweise stellen Sie den Vermögensberaterinnen und Vermögensberatern zur Verfügung?
Glanz: Neben den üblichen Office-Anwendungen steht im Kern des Beratungsprozesses heute noch ein Kundenmanagementsystem, das wir vor knapp 20 Jahren selbst entwickelt und sukzessive ausgebaut haben und unseren Beraterinnen und Beratern für das Management der Kunden- und der Vertragsdaten an die Hand geben. Wir haben es damals Kundeninformationssystem genannt, kurz „KI“. Dieses Kürzel ist heute bekanntlich anders belegt. Dieses Kundeninformationssystem ist auch der Ankerpunkt für die Beratungsprogramme und vor allen Dingen die Tarifrechner und die Antragssoftware unserer Produktgeber, die wir mit entsprechenden Updates integriert haben. Dieses System tauschen wir gerade aus und sind dabei, es durch die größte Standardsoftware am Markt – Salesforce aus den USA – abzulösen. Ziel ist es, die Software im nächsten Jahr unseren Beraterinnen und Beratern zur Verfügung stellen – pünktlich zum 50-jährigen Jubiläum der DVAG. Dann sind wir softwaretechnisch für die Zukunft gerüstet.
Wie aufwändig ist das?
Glanz: Es ist ein Riesenprojekt über insgesamt drei Jahre. Es geht dabei unter anderem um die Übertragung einer achtstelligen Zahl, also mehr als zehn Millionen, an Verträgen sowie Kundendaten. In Bezug auf die Datensätze ist es sogar eine neunstellige Zahl. Da ist nach knapp 50 Jahren seit Gründung der DVAG einiges zusammengekommen. Verbunden ist damit auch ein Paradigmenwechsel von unserem eigenen Rechenzentrum in eine Cloud. Der Server steht physikalisch innerhalb der EU und entspricht selbstverständlich allen Datenschutzrichtlinien und den höchsten Sicherheitsansprüchen.
Was kann die DVAG, das andere nicht können?
Glanz: Ich würde nie sagen, dass andere etwas nicht können. Aber was wir besser können als andere im Markt ist die Einheitlichkeit der Software und der Programme. Das unterscheidet uns beispielsweise von Maklerpools, die bei der Vermittlung von mehreren Produkten auf unterschiedliche Softwarepakete zugreifen müssen und dann eine Vielzahl einzelner Vorgänge anlegen und kommunizieren. Bei der DVAG ist es bei verschiedenen Produkten oder auch bei mehreren Produktgattungen ein einheitlicher Prozess, vom Angebot gegenüber dem Kunden bis hin zur Provisionsabrechnung, die der Vermögensberater oder die Vermögensberaterin bekommt. Das alles ist bei uns integriert und wird aus einer Hand angeboten.
Heute steht das Kürzel KI für künstliche Intelligenz. Inwiefern setzen Sie diese bereits ein?
Glanz: Wir sehen Digitalisierung in der Vertriebsunterstützung als Selbstverständlichkeit. Deshalb setzen wir im Support für unsere Vermögensberaterinnen und Vermögensberater sehr stark auf KI-basierte Tools. In den vergangenen Jahren haben wir bereits viele Prozesse und bisher analoge Tätigkeiten erfolgreich digitalisiert, vom elektronischen Antrag über einen KI-basierten Helfer zur Unterstützung in der Kundenkommunikation bis hin zum digitalen Beratungstool. KI wird bei der DVAG also vorrangig als Unterstützung in der Beratung genutzt. Unsere Vermögensberaterinnen und Vermögensberater können sich so auf schwieriger zu lösende Probleme oder sehr individuelle Fälle konzentrieren und müssen nicht mit Standardaufgaben ihre Zeit vergeuden. Und so bleibt mehr für das wirklich Relevante – die Beratung. Eine Win-win-Situation!
Wie lernt Ihre KI?
Glanz: Wir haben sie zunächst mit Standardfragen und -problemen trainiert und sie lernt permanent dazu. Eine KI wird aber nicht nur durch Training gut, sondern vor allem durch Nutzung. Grundsätzlich sind KI-Systeme erfolgreich, die auch genutzt werden. Und je mehr man sie nutzt, desto besser werden sie. Das ist zunächst auch ein gewisser Teufelskreis: Wenn das System am Anfang noch nicht gut genug ist, wird es nicht genutzt und dann wird es auch nicht besser. Die KI im Kundensupport der DVAG wird sehr viel genutzt und deshalb sehr schnell besser, wobei die KI-Antworten auf neue Fragen und Problemstellungen noch durch Menschen kontrolliert werden. Sonst besteht die Gefahr, dass sich falsche Antworten oder „Halluzinationen“ in der KI festsetzen.