Die Digitalisierung der Versicherungsbranche ist ein zweischneidiges Schwert: Einerseits bringt sie Arbeitserleichterungen, andererseits fürchten Berater und Mitarbeiter, überflüssig zu werden. Der digitale Wandel lässt sich nicht aufhalten. Markteilnehmer sollten sich daher lieber heute als morgen auf ihn vorbereiten.
Die Pradetto-Kolumne
Makler versprechen sich von der Digitalisierung der Versicherungsbranche Erleichterungen in der Arbeit: Endlich keine Datenerfassungen mehr, weil alles automatisch in die Maklerverwaltungsprogramme rauscht. Extreme Angebotsgeschwindigkeit, weil es schnelle Angebote per Knopfdruck gibt. Mehr Liquidität, weil die Provision in Rekordgeschwindigkeit kommt.
Versicherer versprechen sich Kostenersparnisse: Endlich wieder ertragreich arbeiten, weil Unmengen Personal gespart werden kann. Eine schöne neue Welt!
Die digitale Versicherungswelt kommt
Die Digitalisierung wird alles das bringen und noch viel mehr! Makler brauchen den Kunden nicht einmal mehr besuchen, weil der Kunde Beratung interaktiv selbst durchführen kann und er jedes Produkt verfügbar per Knopfdruck erhält.
Der Versicherer funktioniert vollkommen digital und selbst die Risiken braucht er nicht mehr versichern, weil eine konsequent zu Ende gedachte digitale Versicherungswelt Peer-to-Peer-Welt ermöglicht. Sicherheit geben sich die Nutzer gegenseitig oder Produkthersteller liefern diese als Feature. Ein Traum für Kunden.
Ausschaltung des Menschen als Produktivfaktor
Dumm bloß, dass das Makler und Versicherer davon nichts haben. Digitalisierung konsequent zu Ende gedacht, bedeutet die Ausschaltung des Menschen als Produktivfaktor. Niemand braucht mehr den Kundenbequatscher, den Datenerfasser, den Policenwilli. Diese Dystopie beschreibt nicht die ferne Zukunft. Diese Entwicklung wird sich innerhalb der kommenden zehn bis 15 Jahre abspielen.
Das Schreckensszenario muss aber kein Schreckensszenario sein. Denn die Digitalisierung kann Maklern und Versicherungsmitarbeitern auch Chancen eröffnen. Statt Produktivfaktoren zu sein, können sie sich auf den Menschen konzentrieren. Statt auf Wertschöpfung fixiert zu sein, können sie sich auf Emotionen konzentrieren. Wer für den Menschen da ist, wird in einer digitalisierten Welt mehr Wert haben denn je.
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Die Geschäftsmodelle müssen sich in einer Art und Weise ändern, die in ihrer Radikalität einzigartig für die Branche ist. Man kann sich dem zwar verweigern, aber verhindern kann man es nicht. Jedem Makler und Versicherer möchte ich daher vor allem eines ans Herz legen: Fang doch einfach heute an.
Autor Oliver Pradetto ist Kommanditist und Mitbegründer des Maklerpools Blau direkt.
Foto: Anne-Lena Cordts