Digitalisierung bei Finanzvermittlern kommt nur langsam voran

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Franziska Geusen, AfW: "Wir rechnen in den nächsten Jahren mit einer deutlichen Veränderung der Daten, auch durch Generationswechsel in den Vermittlerhäusern"

Der AfW hat im Rahmen seines "Vermittlerbarometers" im vergangenen November auch eruiert, wie und wofür Vermittlerinnen und Vermittler Apps, Beratungsprogramme und Robo Advisor nutzen. Das nun veröffentlichte Resultat ist eher ernüchternd. Was AfW-Vorständin Franziska Geusen dazu sagt.

„Die Ergebnisse mögen an einigen Stellen nicht überraschend sein, zeigen jedoch, dass auch im Jahr 2023 noch viele Vermittlerinnen und Vermittler auf vermeintliche technische Spielereien verzichten“, heißt es in einer Mitteilung des Bundesverbands Finanzdienstleistung AfW.

So hat sich der Anteil derer, die im Beratungsgespräch mit Privatkunden für die Datenerhebung die DIN-Norm 77230 anwenden, nur marginal geändert und liegt noch unter zehn Prozent (siehe Grafik 1). Knapp 46 Prozent verwenden andere Arten der strukturierten Datenerhebung. „Überraschend ist jedoch, dass deutlich mehr Vermittlerinnen und Vermittler angeben, die Datenerhebung nicht standardisiert, sondern individuell bei jedem Kunden zu gestalten, immerhin knapp 40 Prozent“, so der AfW.

Dennoch bleibe die strukturierte Datenerhebung mit einem Anteil von etwa 55 Prozent (inklusive DIN-Analyse) für viele das ideale Werkzeug als Einstieg in die Kundenberatung.


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In der Beratung selbst in die Digitalisierung etwas weiter: Etwa 60 Prozent der Befragten nutzen bereits Tools im Beratungsprozess, etwa zwölf Prozent wollen dies künftig tun (siehe Grafik 2). Immerhin knapp 19 Prozent der Befragten geben indes an, auf jegliche digitale Beratungstools auch in der Zukunft verzichten zu wollen. Demnach scheine „auch hier noch nicht jeder auf den Zug der digitalen Beratung aufspringen zu wollen“, heißt es vom AfW.

Im Gegenteil sind nach einem starken Anstieg der Nutzung digitaler Tools in den letzten Jahren die Zahlen seit ihrem Höchststand in 2022 (65 Prozent) sogar wieder leicht rückläufig. Im Gegenzug nimmt die Anzahl derer, die gänzlich auf digitale Tools verzichten, zum ersten Mal seit 2019 wieder zu. In den letzten Jahren hatten recht konstant nur circa 15 Prozent der Befragten angegeben, auch weiterhin analog beraten zu wollen.

Mehr Apps, weniger Nutzung

Zugenommen hat hingegen die Zahl derer, die ihren Kunden eine App zur Übersicht ihrer Verträge zur Verfügung stellen. Im Vermittlerbarometer 2023 geben gut 43 Prozent aller Befragten an, eine solche App für Ihre Kunden bereitzustellen (siehe Grafik 3).

Schaut man hier auf die Entwicklung der letzten Jahre, ist der Trend laut AfW eindeutig. Die anfängliche Skepsis, ob Kundinnen und Kunden denn tatsächlich eine App installieren, um ihre Versicherungsverträge einzusehen, konnte scheinbar überwunden werden. „Welchen Einfluss Insurtechs und ungewollte Bestandsübertragungen der Kundinnen und Kunden auf diesen Entscheidungsprozess hatten, bleibt nur zur vermuten“, so der Verband.

Immerhin: mehr als 20 Prozent der Kundinnen und Kunden scheinen diese Apps auch wirklich zu nutzen. Diese Angabe schwankte in den letzten Jahren des Vermittlerbarometers stark. Noch in 2021 gaben die Vermittlerinnen und Vermittler an, dass sogar 31 Prozent ihrer Kundschaft eine App nutzen würden. „Fakt ist: Die Apps sind nicht nur schönes Beiwerk, sondern werden aktiv eingefordert“, schreibt der AfW.

Befürchtungen wegen Roboter-Beratung nehmen ab

Nach anfänglichen Befürchtungen um eine Disruption durch digitale Anbieter, scheint sich in den letzten Jahren etwas Ruhe auf die Branche gelegt zu haben. Sahen in 2021 noch knapp 14 Prozent der befragten Vermittlerinnen und Vermittler eine direkte Konkurrenz in oben genannten Marktteilnehmern, sind es in 2023 nur noch gute sechs Prozent (siehe Grafik 4). Doch auch die Anzahl derer, die meinen, dass digitale Lösungen keine große Rolle in der privaten Altersvorsorge spielen werden, ist zurückgegangen. Nur noch 18 Prozent der Befragten geben dies an, in 2021 waren es immerhin noch 31 Prozent.

Der AfW schätzt, dass die Digitalisierung in der Branche weiter voranschreiten wird. Eine Beratung durch gut ausgebildete Vermittlerinnen und Vermittler sei jedoch auf kurze Sicht nicht zu ersetzen. „Die Tools sind eine großartige Unterstützung, um die tägliche Arbeit zu vereinfachen und so noch mehr Zeit in eine ausführliche und zielgerichtete Beratung investieren zu können“, so der Verband.

Einfluss von ChatGPT & Co. bleibt abzuwarten

„Inwieweit die nun exponentiell voranschreitende Entwicklung durch branchenfremde Tools, wie ChatGPT oder auch Weiterentwicklungen innerhalb unserer Branche, zum Beispiel durch das BiPRO-Hub, die Zahlen in den nächsten Jahren beeinflussen, bleibt abzuwarten. Wir rechnen hier jedoch mit einer deutlichen Veränderung der Daten, auch durch Generationswechsel in den Vermittlerhäusern“, kommentiert Franziska Geusen, Vorständin des AfW, die Ergebnisse.

Das jährliche AfW-Vermittlerbarometer wurde mittels einer Online-Umfrage im November 2023 durchgeführt. Insgesamt 1.108 Teilnehmerinnen und Teilnehmer beantworteten die rund 50 Fragen. 89,1 Prozent von ihnen haben eine Erlaubnis für die Versicherungsvermittlung (Paragraf 34d GewO), davon beraten rund 90 Prozent im Maklerstatus. 63 Prozent der Teilnehmer verfügen (auch oder nur) über die Erlaubnis als Finanzanlagenvermittler/-in nach Paragraf 34f GewO. 58 Prozent der Befragten waren keine Mitglieder des AfW.

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