Digitalisierung: „Die Versicherungsbranche hängt noch eine gute Dekade hinterher“

Foto: Adcubum
Dr. Eike Schmidt, CTO von Adcubum.

Die Digitalisierung nimmt in der Assekuranz weiter Fahrt auf. Ein wichtiger Fokus dürfte auf der Container- und Cloudtechnologie liegen. Auch der Einsatz von KI wird zunehmen. Eine Analyse des Softwareherstellers Adcubum mahnt die etablierten Gesellschaften zur Eile. Andernfalls würden digitalaffine Newcomer die etablierten Versicherer aus dem Markt drängen.

Die Versicherungsbranche steht unter Effizienzdruck und muss ihre Produktwelt im Sinne der Kunden neu arrangieren. Zudem stehen angesichts seltener Kundenkontakte und tendenziell austauschbarer Produkte Customer Experience und digitale Mehrwerte im Vordergrund. Um das bestehende Ökosystem entsprechend anzupassen, werden die Systeme verstärkt in Container migriert und in der Cloud betrieben – ob beim Hyperscaler oder im eigenen Keller.

Digitale Newcomer verdrängen die Etablierten

Auch eine weitere Automatisierung auf Basis von mit Künstlicher Intelligenz gesteuerten Prozessen wird die Abläufe in der Branche nachhaltig verändern. Dr. Eike Schmidt, Chief Technology Officer der auf Software-Lösungen für die internationale Versicherungswirtschaft spezialisierten Adcubum AG, mahnt zur Eile und einer mutigen Adaption neuer Technologien. Andernfalls würden digitalaffine Newcomer die etablierten Unternehmen aus dem Markt drängen.

„Versicherungsunternehmen unterliegen strengen Compliance-Regeln. Zeitgleich steigt der Druck, die Effizienz- und Leistungsvorteile der Digitalisierung an die Kunden weiterzugeben. Dies wirkt sich auf die großen Technologie- und IT-Trends in diesem Jahr aus“, sagt Schmidt.

Die Branche konzentriere sich deshalb darauf, mithilfe der Digitalisierung das bestehende Leistungsangebot anzureichern und ergänzend dazu Künstliche Intelligenz (KI) schrittweise einzuführen. Schwierig dabei: „Das Business Model hinter KI unterscheidet sich von der klassischen Software und ist für die Versicherungs-Industrie untypisch. In Bezug auf Regulatorik, Daten-Compliance und Fürsorgepflichten gibt es ein Spannungsfeld zwischen dem technisch Möglichen und Erlaubten beziehungsweise Sinnvollen.“

Der bereits angestoßene Paradigmenwechsel von virtuellen Maschinen auf eine Container-basierte Software-Architektur werde sich auch 2023 fortsetzen. Schmidt geht davon aus, dass die Container- und Cloud-Technologie zunehmend in die Versicherungswelt drängen werde. „Die Unternehmen setzen dabei jedoch lieber auf die Private oder Hybrid Cloud statt auf die Public Cloud“, sagt der Experte. 

IT wird das Zünglein an der Waage

Schmidt zufolge laufen die etablierten Player der Versicherungs-Industrie Gefahr, von branchenfremden Unternehmen aus dem Markt gedrängt zu werden: „Es droht ein Verdrängungswettbewerb, denn viele IT-Unternehmen wollen den Versicherungsmarkt verändern. Natürlich empört sich die traditionsreiche Assekuranz darüber und wähnt sich mit ihrer jahrelangen Erfahrung auf der sicheren Seite. Aber viele Branchen haben lernen müssen: Tradiertes Business-Wissen verliert im Kampf gegen Digitalisierungseffekte. Und die Versicherungsbranche hängt noch eine gute Dekade hinterher.“

Skepsis gegenüber neuen Geschäftsmodellen

Als Spezialist für die Risikobewertung habe die Versicherungsbranche neue Geschäftsmodelle oder Technologien bislang skeptisch bewertet. Diese Zurückhaltung könne nun zum Problem werden, so Eike Schmidt: «Wenn ein Newcomer den Markt aufmischen kann, bedeutet dies: Das Kerngeschäft ist etabliert, IT wird jetzt das Zünglein an der Waage.» Unternehmen, bei denen die IT nur als technischer Dienstleister fungiert und nicht als strategisch wichtiger Bereich in der Geschäftsleitung verankert ist, würden daher künftig nicht mehr in der Lage sein, angemessen auf neue Anforderungen zu reagieren.

Schneller Digitalisierung nötig

Für die Versicherer sei es deshalb entscheidend, ihr bestehendes Geschäftsmodell schnell zu digitalisieren, um im nachfolgenden Schritt eine umfassende Automatisierung umzusetzen: „Technologie ermöglicht es den Unternehmen, effizienter zu arbeiten, neue Dinge auszuprobieren und das Kerngeschäft um kreative Services zu erweitern. Dafür müssen sich die Unternehmen aber auch von überholten Legacy-Systemen verabschieden und sich trauen, alte Geschäftsmodelle neu zu denken“, so Adcubum-CTO Eike Schmidt.

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