Ein weit verbreitetes Vorurteil besagt, dass Frauen bei der Geldanlage weniger zum Risiko neigen als Männer. Eine Studie des DIW Berlin räumt nun mit diesem Klischee auf: Das Safety-First-Denken ist nicht etwa der Vorsicht geschuldet, sondern der Tatsache, dass Frauen über weniger Einkommen und Vermögen verfügen.
„Bei gleichen finanziellen Grundvoraussetzungen zeigen Männer und Frauen die gleiche Neigung zu riskanten Anlageprodukten“, erklärt Nataliya Barasinska, Mit-Autorin der Studie.
Die Umfrage unter rund 8.000 zum Anlageverhalten befragten Haushalten scheint die gängigen Klischees zunächst zu bestätigen: Während rund 45 Prozent der Männer auch riskante Anlagen wie Aktien oder Unternehmensanleihen in ihrem Portfolio hatten, waren es bei den Frauen nur 38 Prozent. Zudem schätzen sich die befragten Frauen auch selbst als weniger risikofreudig ein. „Diese Daten sind aber erst dann wirklich aussagekräftig, wenn man noch andere Faktoren mit untersucht“, sagt Barasinska. Wichtig seien vor allem das Einkommen und das Geldvermögen.
Einkommen und Vermögen entscheiden über Risikobereitschaft
Tatsächlich gab es bei Vermögen und Nettoeinkommen deutliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen – die durchschnittlich 10.000 Euro weniger verdienen. Beim Vermögen ist der Unterschied mit durchschnittlich 20.000 Euro sogar noch deutlich höher. Diese Unterschiede haben, so die Studie, massive Auswirkungen auf das Anlageverhalten: Denn oft sind gerade riskantere Anlagemöglichkeiten erst dann sinnvoll, wenn ein gewisser Kapitalbetrag eingesetzt wird – das liegt etwa an hohen Gebühren zur Depotführung und am hohen Nominalwert vieler Wertpapiere.
Die untersuchten Daten zeigten also deutlich, dass das Geschlecht beim Anlegeverhalten keine Rolle spiele – wenn das Vermögen steigt, dann steigt sowohl bei Männern als auch bei Frauen der Hang zum Risiko. Trotzdem bieten viele Banken spezielle Finanzprodukte für Frauen an.
Barasinska hält das für sinnlos: „Natürlich wollen Finanzinstitute ihre Kunden auf originelle und individuelle Weise ansprechen“, sagt sie. „Angesichts unserer Untersuchungsergebnisse wäre es aber viel besser, unterschiedliche Produkte für unterschiedliche Vermögenslagen anzubieten.“ (hb)
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