DJE: Value-Aktien vor Wachstumstiteln in 2017

Generell dürften die Prognosen für die internationale Konjunktur allgemein zu positiv gesehen werden und damit die Inflationserwartungen zu hoch angesetzt sein. Es ist durchaus denkbar, dass bei einem Anstieg der amerikanischen langfristigen Zinsen bei 30-jährigen Staatsanleihen auf vier Prozent auch andere Anleihen wieder interessant werden. Das gilt besonders, wenn es zu Konjunkturenttäuschungen kommen sollte. Die US-Zentralbank Fed dürfte die Zinsen voraussichtlich nicht – wie allgemein erwartet – dreimal im kommenden Jahr anheben, sondern konjunkturell bedingt vorsichtiger agieren. Hinzu kommt ein personeller Aspekt. Der neue Präsident Trump kann die Zentralbank vor Februar 2018 nicht gänzlich neu besetzen: Frau Yellen nicht, zwei einzelne Mitglieder hingegen schon. Vor diesem Hintergrund dürfte die Zentralbank konjunkturunterstützend bleiben. Auch Trump als Immobilienmann hat letztlich kein Interesse, die Zinsen überraschend hochzusetzen. Um Infrastrukturinvestments, Entschuldung und Reindustrialisierung der USA wahrscheinlicher beziehungsweise finanzierbarer zu machen, wären negative Realzinsen bei positiven Nominalzinsen das beste Szenario für Trump.

Schwierige Vorschau auf Europas Entwicklung

Besonders schwierig erscheint die Prognose für Europa. Die zunehmende Konjunkturbeeinflussung durch die EZB mit ihrer extrem expansiven Politik und mögliche Änderungen wie ein Tapering werden 2017 marktbeeinflussend sein. Allerdings dürften niedrige Währung und niedrige Zinsen den 2016 begonnenen Konjunkturaufschwung verstärken. Weniger der Export, aber der Konsum dürften in Europa wegen laxerer Fiskalpolitik stimuliert werden. Die lange Zeit überwiegend fiskalpolitische Bremsung dürfte nicht fortgesetzt werden. Allein die eingesparten Staatsanleihen-Zinsen stimulieren die Wirtschaft in Südeuropa mit rund zwei Prozent. Ein Problem könnte sich ergeben, wenn in Italien und in Frankreich bei den Wahlen euroskeptische Parteien einen weiteren Aufschwung erleben. In Italien sind vorgezogene Wahlen realistisch. Zwar würde ein Auseinanderbrechen des Euros Europa langfristig im Wirtschaftswachstum helfen, kurzfristig aber erhebliche Turbulenzen auslösen, was die Aktienmärkte negativ beeinflussen würde.

Die Entwicklung in Europa ist deshalb wegen des politischen Einflusses am schwierigsten vorauszusagen. Positiv ist aus markttechnischer Sicht zu werten, dass die europäischen Anleger stark in Anleihefonds geflohen und am Aktienmarkt deutlich unterrepräsentiert sind – eine Entwicklung, die auch in den USA seit Jahren zu beobachten ist. Gerade internationale Investoren machen vor dem Hintergrund der politischen Unsicherheiten derzeit noch einen Bogen um Europa. Es ist denkbar, dass die Anlageregion Europa im Jahr 2017 von einem weltweiten Trend hin zur Aktie aufgrund ihrer besseren Rendite sowie höheren Substanz besonders profitieren und der EuroStoxx 50 nach 10-jähriger Underperformance von minus 22 Prozent auch relativ Boden gut macht könnte. Erste Anzeichen dafür sind, dass eigentlich schlechte Nachrichten – wie das Italien-Referendum – vom Markt ignoriert werden.

Foto: Gerhard Blank

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