Donald Trump bewegt die Börse – und das schon lange bevor der US-Präsident offiziell in Amt und Würden ist. Besonders gilt das für die Schwellenländer.
Gastkommentar von Dr. Mauricio Vargas, Union Investment
Denn die Entwicklung in den USA, der nach wie vor größten Volkswirtschaft der Welt, ist mitentscheidend für den wirtschaftlichen Erfolg dieser Staaten. Schlägt Obamas Nachfolger die Handelstüren zu oder wertet der US-Dollar stark auf, geraten die Emerging Markets in Schieflage.
Besonders schmerzhaft hat Mexiko den Trump-Effekt zu spüren bekommen, das eng mit den Vereinigten Staaten verflochten ist. So hat beispielsweise der Peso mit starken Abschlägen auf den Wahlsieg des Republikaners reagiert.
Freihandel in Gefahr
Viel wahrscheinlicher als eine handelspolitische Fehde mit dem südlichen Nachbarn ist aber, dass Trump seinen protektionistischen Bannstrahl auf China richtet. Dafür sprechen drei gute Gründe:
Erstens hat das Reich der Mitte den mit großem Abstand deutlichsten Überschuss in der Handelsbilanz mit den USA. Aktuell exportiert Peking 350 Milliarden US-Dollar mehr in die Vereinigten Staaten, als es von dort importiert. Das Ungleichgewicht ist also enorm und deutlich größer als etwa im Falle Mexikos mit circa 50 Milliarden US-Dollar. Denn der Warenstrom über den Rio Grande verläuft in beide Richtungen, das heisst die USA exportieren auch stark nach Mexiko. Aus Sicht Trumps muss ein Eingreifen gegenüber China daher deutlich lohnender erscheinen.
Zweitens dürfte Trump für anti-chinesischen Protektionismus besonders viel politischen Applaus bekommen. Der Newcomer hat die Wahl in den alten Industrieregionen des Nordens gewonnen, dem „rust belt“. Das war früher die Werkbank der USA, bevor viele dieser Jobs verlagert wurden. Vor allem Maschinen- und Automobilbau sowie die Elektronikbranche waren betroffen. Schaut man sich nun aber die Handelsstruktur der US-amerikanischen Partner an, dann fällt auf, das insbesondere die asiatischen Länder – wie eben China – hier stark vertreten sind. Aus der Logik der Wählerklientel Trumps spricht also einiges dafür, gegen diese Staaten vorzugehen.
Und drittens hat man im Falle Chinas eine juristische Handhabe in Form von Sonderklauseln zu den Verträgen mit der Welthandelsorganisation WTO. Peking könnte außerdem vom US-Finanzministerium als Währungsmanipulator definiert werden. Dieser Schritt würde dem Präsidenten das Recht für handelspolitische „Vergeltung“ geben. Aus rechtlicher Sicht wären protektionistische Maßnahmen gegen China am einfachsten durchzusetzen. Die heißdiskutierte Auflösung der nordamerikanischen Freihandelszone NAFTA hätte hingegen kaum einen Effekt, da viele der im Wahlkampf angedrohten Maßnahmen wie beispielsweise Strafzölle durch die WTO geregelt sind – aus der selbst Trump nicht austreten dürfte.
Unsicherheiten bleiben hoch
Noch ist vieles im Unklaren, was das Verhältnis des neuen US-Präsidenten zu den Emerging Markets betrifft. Die bisherige Rhetorik Trumps war sehr aggressiv, aber auch sehr widersprüchlich. Sollte die künftige Administration sich tatsächlich dem Protektionismus verschreiben, dann sprechen Mittel, Motiv und Gelegenheit dafür, dass Trump gegenüber China „rot“ sieht.
Mauricio Vargas ist Volkswirt bei Union Investment, Frankfurt
Foto: Union Investment