Mit Hard Brexit – Ausscheiden aus EU-Binnenmarkt und Zollunion – begeht Großbritannien eigentlich wirtschaftlichen Selbstmord. So hat der Wegfall des EU-Finanzpasses für den Londoner Finanzplatz eigentlich eine ähnliche Bedeutung wie die Kastration für Casanova. Aber ideologisch scheint Premierministerin May aus dieser Exit-Nummer nicht mehr herauszukommen.
Doch sie hat ja einen Trump(f): Der neue US-Präsident hat aus seiner Freude für die „Befreiung“ Großbritanniens aus der EU nie einen Hehl gemacht. Und er freut sich so sehr, dass sich ein neues britisch-amerikanisches Dreamteam abzeichnet, das sich wirtschaftlich gegen die EU ähnlich verbünden könnte wie damals Margaret Thatcher und Ronald Reagan militärisch gegen die Sowjetunion.
Dazu zählt ein exklusives, attraktives Handelsabkommen zwischen beiden Ländern. Dies gibt London erst die Puste, diesen knallharten Brexit durchzuführen, also die rechtlichen Verpflichtungen der EU-Mitgliedschaft so umfangreich zu kappen, dass unter anderem über zustimmungsfreie, autonome Steuersenkungen der britische Investitionsstandort kräftig aufpoliert wird. Unternehmenssteuern sind immer schon ein markantes Kriterium für die Güte eines Wirtschaftsstandorts gewesen, siehe Irland.
Trumps einfaches Wertesystem: Bringst Du mir Rendite, bist Du mein Freund
Natürlich könnte jetzt die Rest-EU ihr Schicksal gemeinschaftlich in die Hand nehmen und ebenso Importzölle auf US-Dienstleistungen und Waren erheben und überhaupt gegen die neue angelsächsische Liebe vorgehen. Aufgrund der vielfältigen Disharmonien zwischen den EU-Staaten ist so viel Gemeinsinn jedoch nicht unbedingt zu erwarten. Übrigens, der deutsche Exportüberschuss ist nicht nur den Amerikanern, sondern auch unseren europäischen Handelspartnern ein Dorn im Auge. Er ist für viele der vermeintliche Beweis, dass nur Deutschland von Europa profitiert. Das schmälert das europäische Wir-Gefühl zusätzlich.
Und in diese Wunde hält Trump weiter seine Finger. Er glaubt, dass noch weitere Länder aus der EU austreten könnten. Scheiden aus der EU täte tatsächlich dann weniger weh, wenn Amerika ihnen jeweils mit bilateralen Handelsverträgen stützend entgegenkommt. Damit würde Trump massive Schneisen in die gemeinsamen handelspolitischen Verteidigungslinien der EU schneiden und ihr Gegengewicht zur Weltwirtschaftsmacht Amerika entscheidend schwächen.
Da vor allem Deutschland deutlich mehr in die USA exportiert als umgekehrt, schmerzt uns die Einschränkung des Freihandels auch deutlich mehr. Und wenn über ein Ping Pong des gegenseitigen Handelsprotektionismus schließlich auch noch die letzte deutsche Schraube mit amerikanischen Importzöllen belegt wird, schmelzen bei uns Arbeitsplätze so schnell dahin wie Schnee im Frühling.
Seite drei: Berlin muss Achillesferse der deutschen Wirtschaft schützen