Dass ein derartiges Vorgehen nicht ernst gemeint sein kann und den Notwendigkeiten des Internetzeitalters nicht gerecht wird, dürfte sich von selbst erklären.
Speicherung der IP-Adresse?
Andere bislang diskutierte Möglichkeiten, beispielsweise die Speicherung der IP-Adresse (um dokumentieren zu können, wer die E-Mail-Adresse im Opt-in 1 eingegeben hat), haben sich als nicht tauglich erwiesen.
Bereits in der oben erwähnten Entscheidung „Double-opt-in-Verfahren“ vom 10. Februar 2011 (teilweise auch „Telefonaktion II“ genannt) hatte der BGH festgestellt, dass über die IP-Adresse zwar ein konkreter Computer, nicht aber ein bestimmter Verbraucher ermittelt werden könne.
Hinzu kommt, dass unter bestimmten Umständen die IP-Adresse selbst ein personenbezogenes Datum sein kann, für dessen Speicherung dann seinerseits eine (diesmal datenschutzrechtliche) Einwilligung nach § 4 Bundesdatenschutzgesetz erforderlich wäre. Erst kürzlich hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die IP-Adresse als „personenbezogenes Datum“ qualifiziert (EuGH, Urteil vom 24. November 2011 – C-70/10 – Scarlet Extended / SABAM).
Eine Überprüfung, ob die für den Versand der Bestätigungsmail eingegebene E-Mail-Adresse tatsächlich auch vom Inhaber des Accounts abgegeben wurde, noch bevor die Bestätigungsanfrage verschickt wird, dürfte praktisch nicht mit zumutbaren Mitteln möglich sein.
Neue Abmahnwelle denkbar
In vielen Stellungnahmen werden nun neue Abmahnwellen befürchtet, mit denen der Versand von Bestätigungsmails verfolgt werden könnte. Zu Recht?
Problematisch ist in der Tat, dass es im Bereich des Online-Marketings jedem Angreifer offen steht, über den sogenannten „fliegenden Gerichtsstand“ das Landgericht München für Anträge auf den Erlass einstweiliger Verfügungen anzurufen – in der Erwartung, spätestens das OLG München werde seine Rechtsprechung zu unzulässigen Bestätigungsmails bestätigen. Bis zu einer gegenteiligen Entscheidung des BGH ist dies keineswegs ein abwegiges Szenario. Gerade in Verfügungsverfahren fehlt es an einem Korrektiv durch den BGH, weil die Oberlandesgerichte die letzte Gerichtsinstanz darstellen.
Bleibt für die Werbewirtschaft nur die Hoffnung, dass der BGH demnächst Gelegenheit erhalten wird, das Urteil des OLG München zu revidieren und den Weg für das Double-opt-in-Verfahren weiter zu ebnen. Zwar hatte das OLG München die Revision gegen die entscheidenden Teile des Urteils zugelassen. Allerdings hat die Beklagte hiervon offenbar keinen Gebrauch gemacht.
Dr. Christian Tinnefeld (IT-Recht, Datenschutz, Internetrecht, New Media) ist seit 2006 Mitglied der Praxisgruppe IPMT – IP, Medien & Technologie der internationalen Kanzlei Hogan Lovells International LLP (www.hoganlovells.com). Er leitet am Hamburger Standort der Sozietät den Bereich IT-Recht/ Datenschutzrecht.
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