Dr. Eric Günter Krause: Digitaler Euro – Heilsbringer oder Todesengel für Kryptos

Bitcoin in Flammen hinter steigendem Kursverlauf
Foto: PantherMedia/IgorK48
Um US-Unternehmen wie PayPal oder Apple Pay und Krypto-Devisen wie Bitcoin und Ethereum etwas entgegensetzen zu können, steht die EZB vor der Herausforderung, eine „eierlegende Wollmilchsau“ zu erschaffen.

In dieser digitalen Neugestaltung der Geldwirtschaft kristallisieren sich aktuell zwei potenzielle Zukunftsträger heraus: Kryptowährungen und Central Bank Digital Currencies (CBDC). Eine Einschätzung von Dr. Eric Günter Krause, Partner und Head Financial Services Germany, Infosys Consulting.

Die Evolution der Blockchain-Technologie und der darauf basierenden Kryptowährungen haben in den vergangenen Jahren einen bedeutsamen Einfluss auf die Digitalisierung der Finanzbranche ausgeübt. Sogar weltweite Zentral- und Geschäftsbanken sind inmitten dieses anhaltenden Hypes nicht unberührt geblieben. Das liegt zum einen in der Fülle potentieller Use Cases dieser Technologie für Banken und Kapitalmärkte begründet. Zum anderen wird nun Geld selbst Teil einer digitalen Revolution. 

In dieser digitalen Neugestaltung der Geldwirtschaft kristallisieren sich aktuell zwei potenzielle Zukunftsträger heraus: Kryptowährungen und Central Bank Digital Currencies (CBDC). Zu letzteren zählt auch der Digitale Euro – die Reaktion der Europäischen Zentralbank (EZB) auf die wachsende Konkurrenz durch private und ausländische Akteure im digitalen Zahlungsverkehr. Im Oktober 2023 verkündete die EZB ihren ambitionierten Plan, innerhalb der nächsten zwei Jahre den Grundstein für eine mögliche Einführung des Digitalen Euros zu legen – eine als Zahlungsmittelakzeptierte digitale Währung, die im gesamten Euroraum in Geschäften, online oder zwischen Privatpersonen verwendet werden kann.

Es mag dabei der Eindruck entstehen, dass es sich bei Kryptowährungen und Central Bank Digital Currencies (CBDC) um zwei Geldformen handelt, die miteinander in Konkurrenz stehen. Dies ist bei näherer Betrachtung jedoch nur bedingt richtig.

Geld ist nicht gleich Geld: Die Trennlinien zwischen Digitalem Euro und Kryptowährungen verstehen

Betrachtet man die drei Faktoren, die Geld ausmachen, dann ist festzustellen, dass die beiden oben genannten digitalen Währungsformen schnell gegeneinander auserzählt sind. Dabei stehen drei entscheidende Faktoren im Vordergrund: die Akzeptanz als Zahlungsmittel, die Eignung als Recheneinheit und die Wertstabilität.

Geld dient in einer Volkswirtschaft zum Bezahlen von Gütern und Dienstleistungen. Zentralbankgeld oder Fiatgeld – die bekanntesten Formen sind Banknoten und Münzen – dient hierbei als Recheneinheit in einem Währungsraum. Preise und Werte von Gütern und Dienstleistungen sowie von Vermögenstiteln werden in Einheiten des Zentralbankgeldes angegeben. Zentralbankgeld wie der Euro unterliegt somit keinen Nominalwertrisiken und ist innerhalb des Währungsraums nicht durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Es ist somit wertstabil und stellt ein verbindliches Zahlungsmittel dar.

Im Gegensatz dazu erweisen sich Kryptowährungen – zum Beispiel der Bitcoin mit seinem derzeitigen Preis von rund 35.000 Euro pro Einheit – als zu „schwer“, um als Recheneinheit oder als tägliches Transaktionsmittel zu dienen. Zudem wird der Bitcoin lediglich von El Salvador und der Zentralafrikanischen Republik als offizielles Zahlungsmittel anerkannt, auch wenn die Akzeptanz von Kryptowährungen in zahlreichen Ländern, insbesondere im eCommerce, auf dem Vormarsch ist. Eine Capterra-Studie aus dem Jahr 2022 ergab, dass in Deutschland immer noch die Mehrheit der deutschen Befragten Fiat-Geld bevorzugt (39 Prozent), immerhin 17 Prozent der deutschen Befragten aber Kryptowährungen als bevorzugte Standardwährung der nächsten fünf Jahre sehen.

Insbesondere das geschlossene System, in dem sich Kryptowährungen bewegen, steht ihnen als liquides Zahlungsmittel im Weg. Ohne eine „Wechselstube“ befindet sich Kryptoinhaber und -inhaberinnen in einem LockIn und können nicht frei über ihre Vermögenswerte verfügen. Der Kurs des Bitcoins ist daher sehr anfällig für Spekulationen und zeichnet sich zudem durch eine hohe Volatilität aus. Wertstabilität ist jedoch ein Kernkriterium von Geld oder Zahlungsmitteln. Kryptowährungen eignen sich in der aktuellen Ausgestaltung – Ausnahmen hierbei sind die sog. Stable Coins – eher als Investmentklasse statt als Zahlungsmittel.

Unter diesen Gesichtspunkten betrachtet wird deutlich, dass Bitcoin und ähnliche Kryptowährungen in ihrer klassischen Ausgestaltung nicht im direkten Wettbewerb mit dem Digitalen Euro oder anderen CBDCs stehen. Dieser Vergleich wird trotzdem regelmäßig aufgestellt, sodass sich eine nähere Betrachtung lohnt. Hierbei wird deutlich, dass diese Währungsformen nicht zwangsläufig in Konkurrenz, aber doch in einem komplexen Zusammenspiel stehen. Die Umsetzung eines derart hochkomplexen Projekts durch die EZB im Rahmen des politischen und rechtlichen EU-Geflechts spielt hierbei eine maßgebliche Rolle.

Der Digitale Euro als „eierlegende Wollmilchsau“: Ein kritischer Blick

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

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