Dr. Klein: Inflation sinkt, Wirtschaft braucht Impulse – erneute Senkung des Leitzinses wahrscheinlich

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Florian Pfaffinger, Mitglied des Expertenrats von Dr. Klein.

Zinswende, Börsenturbulenzen, politische Umbrüche: Wie sich all das auf Bauzinsen auswirkt, was von der EZB zu erwarten ist und was der Koalitionsvertrag für den Immobilienmarkt bedeutet, analysiert Florian Pfaffinger vom Expertenrat von Dr. Klein.

Hoch, runter, seitwärts – die Baufinanzierungszinsen zeigten sich in den vergangenen Wochen äußerst volatil. Kein Wunder, schließlich hatte der beschlossene Kurswechsel bei den deutschen Staatsfinanzen zunächst für ordentlich Wirbel an den Märkten gesorgt. Die Folge: Die Rendite der 10-jährigen Bundesanleihe stieg binnen weniger Tage deutlich – und mit ihr die Baufinanzierungszinsen, die sich als langfristige Kapitalmarktzinsen an der Anleiherendite orientieren.

Auf und Ab bei den Bauzinsen

Die Märkte beruhigten sich wieder, die Renditen der Bundesanleihe gaben nach und folglich auch die Bauzinsen. Als dann Donald Trump die Höhe der nun zunächst ausgesetzten Zölle veröffentlichte, gab es an den Börsen deutliche Verluste, und Investoren suchten vermehrt sichere Anlagen, zu denen auch die deutsche Bundesanleihe gehört. Über die höhere Nachfrage stieg der Kurs der Papiere, und die Renditen sanken – folglich auch die Baufinanzierungszinsen.

„Aktuell nähern wir uns wieder dem Zinsniveau, das wir vor der Ankündigung des Schuldenpakets hatten“, erklärt Florian Pfaffinger. „Es sind bewegte Zeiten, in denen die Bauzinsen eine Volatilität aufweisen, die wir lange nicht gesehen haben. Zoomt man jedoch etwas heraus, bleibt festzuhalten, dass wir uns nach wie vor in dem von uns prognostizierten Zinskorridor von drei bis 3,5 Prozent für das erste Halbjahr 2025 bewegen.“ Aktuell – Stand 14. April – beträgt der repräsentative Zins von Dr. Klein für eine 10-jährige Baufinanzierung 3,22 Prozent.

Stabile Inflation und Konjunktursorgen

Inmitten der politischen Turbulenzen der vergangenen Wochen ging eines fast unter: die positive Entwicklung der Inflation. Laut vorläufiger Angaben von Eurostat betrug sie im März in Deutschland 2,3 Prozent und im Euroraum 2,2 Prozent. „Damit liegt die Teuerungsrate nahe der Zwei-Prozent-Marke, die die EZB anstrebt“, so Pfaffinger.

„Die Entwicklung zeigt, dass mögliche inflationäre Tendenzen aufgrund der US-Zollpolitik aktuell nicht im Vordergrund stehen.“ Die Hauptsorge hierbei gilt vielmehr der Konjunktur: Sie könnte deutlich ausgebremst werden. Aufgrund der jüngsten Inflationsentwicklung und der Sorge um die Wirtschaftslage ist die Wahrscheinlichkeit für eine oder mehrere bevorstehende Zinssenkungen seitens der EZB deutlich gestiegen.


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Für die kommende Sitzung der Währungshüter am 17. April erwartet Pfaffinger daher die Verkündung eines kleinen Zinsschrittes. „Ich rechne mit einer Senkung des Leitzinssatzes um 0,25 Prozentpunkte. Die EZB wird dann erst einmal die Entwicklung in den kommenden Wochen abwarten. Sollte es beispielsweise einen Deal zwischen den USA und der EU geben, würde dies die Ausgangslage für weitere Zinsentscheide womöglich verändern.“ 

Mit Blick auf die nächsten Wochen rechnet der Spezialist von Dr. Klein grundsätzlich mit einer Seitwärtsbewegung – abhängig von der Nachrichtenlage jedoch auch mit einer deutlichen Schwankungsbreite. „Kurz- bis mittelfristig erwarte ich eine gewisse Volatilität der Bauzinsen in der oberen Hälfte unseres prognostizierten Zinsfensters zwischen 3,25 und 3,5 Prozent.“ 

Koalitionsvertrag der designierten Bundesregierung: Kritik und Chancen

Wohnungsbau-Turbo, Bürokratieabbau, Stärkung der Wohneigentumsbildung – im Koalitionsvertrag, den CDU/CSU und SPD vergangene Woche vorstellten, finden sich verschiedene Impulse, die Bauträger, Kaufinteressierte sowie Bauherren gleichermaßen begrüßen dürften. Doch sind sie auch weitreichend genug? „Es stecken viele gute Punkte in dem Vertrag, wenngleich abzuwarten bleibt, wieviel davon letztlich umgesetzt wird. Auch in der Vergangenheit mangelte es oftmals nicht an Erkenntnis, sondern vielmehr an der konsequenten Umsetzung entsprechender Maßnahmen“, so Pfaffinger.

„Grundsätzlich jedoch ist zu begrüßen, dass die Förderung von Familien beim Eigentumserwerb, steuerliche Erleichterungen bei der Sanierung von Wohnbestand, aber auch die Entbürokratisierung auf der Agenda der neuen Bundesregierung stehen.“ Was fehlt, ist laut Pfaffinger allerdings eine Entlastung der Immobilienkäufer bei den Erwerbsnebenkosten, die häufig eine große Herausforderung bei der Eigentumsbildung darstellen.

„Hier hätten wir uns insbesondere eine Reform der Grunderwerbssteuer gewünscht. Auch eine flächendeckende Unterstützung beim Bau oder Kauf von Eigentum wäre erstrebenswert gewesen.“ Zwar signalisiert der Vertrag die richtige Richtung, doch an vielen Stellen bleiben die konkreten Ausgestaltungspläne noch vage. Die tatsächliche Umsetzung der versprochenen Maßnahmen wird entscheidend sein, um das Potenzial des Koalitionsvertrags voll auszuschöpfen.

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